Für die Jugendlichen läuft der JUZ-Betrieb trotz Asylcafé wie immer. Foto: Straub/Schmidt

Asylcafé des Jugendzentrums bietet Raum der Integration und des Austausches.

Hechingen - Hussein und seine Freunde sitzen an der Theke, vor jedem steht eine Tasse dampfender Kaffee. Sie sprechen nicht viel – schauen auf ihre Smartphones, die die einzige Verbindung nach Hause darstellen. Im Flüchtlingsheim ist das W-Lan nicht wirklich stabil. Szenen aus der Vergangenheit. Die Flüchtlings-Erstaufnahmestelle in der früheren Klinik ist seit einer Woche geschlossen. Aber die Erinnerung ist bei vielen noch lebendig.

Viele der jungen Männer kamen in das Asylcafé des Jugendzentrums. Viele nutzten auch den Computerraum, manche suchten einfach das Gespräch mit den ehrenamtlichen Betreuern, die montags bis freitags, von 10 bis 13 Uhr, im Juz waren.

Trotz Flüchtlingen lief und läuft das normale Leben im Jugendzentrum weiter. Von Anfang an wurde darauf geachtet, dass für die Jugendlichen, die dort schon vorher waren, alles beim Alten bleibt. "Überschneidungen gab es keine, die Räume wurden von den Asylbewerbern in der Zeit genutzt, in der das Juz eigentlich leer war", erklärt Wolfgang Schmidt, einer der beiden hauptamtlichen Mitarbeiter des Jugendzentrums. Er selbst war zwei Mal die Woche auch morgens im Asylcafé.

Der Normalbetrieb im Juz geht weiter. Nach wie vor kommen hier Gruppen vorbei – manche fast täglich. Für sie stellt das Jugendzentrum eine zweite Heimat dar, erklärt Schmidt, der seit 1982 dabei ist. Seitdem habe sich natürlich einiges verändert. "Beispielsweise der Nachmittagsbetrieb hat schon Auswirkungen und das Klientel wird immer jünger. Eigentlich gilt, erst ab 11 Jahren oder der fünften Klasse." Dienstags gehen die Betreuer und zwölf Jugendliche, schon wie seit 35 Jahren, gemeinsam Fußball spielen in der Halle des Gymnasiums. Im Sommer auch draußen und in einer größeren Gruppe. Das habe sich trotz Internet und Smartphone nicht verändert.

Auch das Internet sei nicht tot, wie ihm das einige Experten vor Jahren ankündigten. "Die Rechner werden weiter sehr gern genutzt und oft ist der Computerraum besetzt."

Toll findet Wolfgang Schmidt, dass auch weiterhin im Juz die Grenze zwischen Flüchtlingen und jugendlichen Besuchern verschwimmt. Denn Flüchtlinge gibt es weiterhin in Hechingen. "Unser Enis hier kommt aus dem Aviona-Heim. Er ist einer der Stammgäste."

Grenzen zwischen Besuchern verschwinden

Seit Anfang September das Jugendzentrum das erste Mal für Flüchtlinge geöffnet wurde, hat sich Einiges geändert, was wohl noch lange nachwirken wird. Die Ehrenamtlichen haben viele Gespräche mit den jungen Leuten geführt, haben von ihrer Odyssee nach Europa erfahren. Sie hatten ein offenes Ohr. Zudem halfen viele den Asylbewerbern auch beim Deutsch lernen. "Uns hat oft das Herz geblutet, wenn nach einigen Wochen der Bus kam und die vertrauten Gesichter wieder weg waren", erzählt Wolfgang Schmidt und zeigt ein buntes Album.

Viele der Flüchtlinge, die oft ins Juz kamen, haben sich darin verewigt. Dankesworte an das Team sind zu finden, denn die Syrer und Eriträer sind in den wenigen Wochen zu Freunden geworden. Für die Ehrenamtlichen eine erlebnisreiche Zeit. "Wenn man sich hier die Geschichten der Flüchtlinge anhört... – die Stammtisch-Parolen würden einige dabei schnell vergessen." Es war auch eine harte Zeit, denn Helfer gab es viele, aber nicht genug. "Manche machten mehrmals die Woche Dienst, das ist auf lange Zeit auch ermüdend", erzählt eine der Helferinnen.

Im Team sind an die 15 Ehrenamtliche. Vor Kurzem sind auch vier Asylbewerber dazu gestoßen, die im Aviona-Heim leben. Sie können bereits gut Deutsch und sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. "Das ist ein wichtiger Schritt für die Integration, denn so können sie sich selbst einbringen", so Wolfgang Schmidt. Die meisten Helfer sind mehr als nur einmal die Woche im Asylcafé, das auch abends ab 20.15 bis 22 Uhr geöffnet ist.

Jetzt, nachdem das Erstaufnahmelager in der Klinik geschlossen hat, stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Dass es weitergehen soll, da sind sich die Ehrenamtlichen einig. Gefragt sind sie weiterhin, ist Schmidt überzeugt. Besonders im Winter werden viele Aviona-Bewohner den Weg ins Juz finden.

Direkt nach dem Treppenaufgang, im früheren Tischtennis-Raum, hat sich in wenigen Wochen auch Einiges verändert. Immer morgens, von 9 bis 12 Uhr, findet dort eine Kinderbetreuung statt.

Kinderbetreuung sorgt für Erleichterung

Simone Scheiling ist Erzieherin und kümmert sich zusammen mit Zeljka Weinbuch um vier bis fünf Kinder aus dem Aviona-Heim. In dem Zimmer sieht es aus wie in einem Gruppenraum einer Kindertagesstätte. Kleine Tische und Stühle, an denen die Kleinen morgens frühstücken, eine Spielecke mit Bauklötzen – alles wurde von Kindergärten aus der Umgebung gespendet.

Die Kinder sind drei bis fünf Jahre alt und kommen aus Serbien, Albanien oder Syrien. Sie sprechen kein Deutsch, die Verständigung läuft aber trotzdem gut. Zeljka Weinbuch kann sich auf Serbisch mit den Roma-Kinder verständigen. So auch mit dem kleinen Daniel. Er ist erst drei und sitzt zurückhaltend vor seinem Frühstück.

Sein skeptischer Blick kann von den beiden Frauen in ein Lächeln verwandelt werden. Dazu müssen sie nur etwas singen. Dann huscht ein Grinsen über sein Gesicht. Beim Spielen mit den Bauklötzen blüht er dann sichtlich auf.

"Für die Eltern ist es eine echte Erleichterung, wenn sie die Kinder mal ein paar Stunden zu uns schicken können", erklärt Zeljka Weinbuch. Denn die enge Unterbringung im Aviona-Heim bedeutet erheblichen Stress für Eltern sowie Kinder.

Zwischen ihrer Kernzeitbetreuung in der Grundschule Stetten, verbringt Zeljka Weinbuch ihre Zeit im Juz. Schwer sei es für sie und ihre Kollegin Simone Scheiling vor allem, wenn die Kinder in eine andere Unterkunft gebracht werden. So genau wüssten sie nie wie viel Zeit die Kinder in Hechingen verbringen.

Der Beitrag zur sprachlichen Entwicklung ist aber vor allem bei den Kindern schnell zu sehen. Durch Lieder können sie dann die ersten Worte Deutsch. Zum Abschied will Daniel dann aber doch nicht Tschüss sagen, er schaut nur kritisch und spielt weiter mit den Bauklötzen.