KlanglaborVeranstalter Raphael Schenkel berichtet über die Neuauflage des Festivals im Oktober:
Hechingen. Eigentlich würde derzeit der zweite Teil der im November 2019 gestarteten Klang-Labor-Reihe als Hechinger Festival unter dem Titel "Stravinsky reloaded" stattfinden, der junge Menschen mit Klassik in Berührung bringen soll. Auch hochklassige Konzertaufführungen waren geplant. Das ist Corona zum Opfer gefallen. Aber die achte Edition unter dem Titel "Franz hört Ludwig" soll nun vom 5. bis 11. Oktober stattfinden. Wir fragten bei Veranstalter Raphael Schenkel nach.
Hallo Raphael, Corona hat das Festival Klang-Labor in Hechingen getroffen. Wie schmerzlich war die Absage?
Das hat nicht nur viel Vorbereitungsarbeit fast sinnlos gemacht, auch den Künstlern, mit denen ich hier zusammenarbeiten wollte, verloren plötzlich ein ganzes Projekt und die damit verbundenen Einnahmen. Wir haben zu Spenden aufgerufen, damit wir wenigstens einen kleinen Teil auszahlen können. Das war mir wirklich wichtig.
Das kam gut an, hört man.
Ich bin bis jetzt tief beeindruckt und dankbar, wie stark wir unterstützt wurden. Die Konzerte im Juli sind zwar ersatzlos gestrichen, aber im Oktober kann jetzt die nächste Ausgabe beginnen.
Der vor einem Jahr gegründete gemeinnützige Klang-Labor-Verein hat hier sicher geholfen?
Diese Institutionalisierung war sehr wichtig. Auch für unsere Sponsoren wie Bürgerstiftung, Sparkasse, Spedition Barth, Firma Intec, LBBW, aber auch für uns als Veranstalter ist es so einfacher, was auf die Beine zu stellen.
Jetzt startet das Klang-Labor im Oktober also nochmal völlig neu durch. Coronakonform und mit neuen Musikern.
Die Vorbeitung auf die Klang-Labor-Woche in Hechingen dauert für mich fast ein Jahr, das jetzt so kurzfristig umzudisponieren, war nicht ohne. Aber wir haben einen tollen Veranstaltungsraum gefunden: Der Lichthof des Neubaus am Gymnasium. Dort ist viel Raum, so dass mit Abstandsregeln und allem genügend Zuschauer rein können, damit sich Auftritte von renommierten Klassik-Ensembles überhaupt lohnen. Im Laufe der Jahre konnte ich mir ein relativ großes Musiker-Netzwerk aufbauen, und so war auch das neue Programm zu stemmen.
Wer kommt denn?
Auftreten werden an drei Konzertabenden das Amaryllis Quartett, Musiker des Concertgebouw Orchestra, des Mahler Chamber Orchestra und des Lucerne Festival Orchestra. Alles steht unter dem Motto "Franz hört Ludwig", im Mittelpunkt stehen dabei Werke des Beethoven-Bewunderers Franz Schubert und natürlich von Beethoven selbst.
Neben den Konzerten werden die Musiker auch mit den Schülern proben.
Die Konzertreihe mit diesem musikpädagogischen Projekt zu verknüpfen, das ist die Kernidee des Klang-Labors. Ich hoffe, dass das klappt. Wir wollen die Schüler für Klassische Musik begeistern, sie ermutigen, ein Instrument zu lernen, sie in Kontakt mit professionellen Musikern bringen und mit ihnen in diese wunderbare Welt eintauchen. Ich bin sicher, dass dieser Kontakt die Schüler inspiriert, vielleicht gar nicht nur im musikalischen Bereich.
Die Musiker, die dafür nach Hechingen kommen, sind ja keine ausgebildeten Pädagogen.
Stimmt, aber alle haben viel Erfahrungen im Bereich Musikvermittlung. Die Musikvermittlung gehört ja in der Zwischenzeit zu unserem Musikeralltag dazu. Es ist aber eine besondere Aufgabe mit jungen Leuten zusammen zu arbeiten, die nicht von Anfang an von unserer Musik begeistert sind.
Gibt es besondere Teilnehmer für diese Aufgabe?
Für den Herbst konnten wir Larissa Israel gewinnen-Sie hat unter anderem zehn Jahre bei den Berliner Philharmonikern die Education-Projekte betreut. Sie wird uns Musiker bei der Arbeit mit den Schülern unterstützen und natürlich werden wir ja auch von den wunderbaren Musik-Lehrern begleitet. Wir fühlen schon, dass wir einige Schüler da stark berühren, dass wir Interesse an klassischer Musik wecken können, dass wir vielleicht was aussäen, was Wurzeln schlägt. Und das ist für uns als Musiker ein sehr schönes Erlebnis. Nachmittags proben wir dann für unsere Auftritte. Und dann die Konzerte. Das ist schon eine anstrengende Woche für alle.
Für die Schüler ist es mit der Woche ja nicht vorbei?
Das ist jetzt neu. Eigentlich wollten wir zum Ende des Schuljahrs mit den Schülern die letzte Festival-Edition "Stravinsky reloaded" abschließen, was sie mit ihren Lehrern schon lange vorbereitet hatten. Jetzt legen wir zum Schuljahresbeginn los und legen eine Grundlage für die Arbeit in den kommenden Monaten. Beethoven und Schubert, da gibt es unglaublich viele Anknüpfungspunkte.
Klassik-Musikern in Corona-Zeiten nahe zu kommen, war ja möglich. Viele haben per Livestream aus ihrem Wohnzimmern etwas ins Netz gespielt.
Damit habe ich mir zum Teil schwer getan, muß ich zugeben. Es vermittelte etwas den Eindruck, dass wir Musiker alles nur aus Spaß machen, dass es uns ganz leicht fällt, dass wir auch gern kostenlos auftreten. Man vergisst dann oft den enormen Aufwand, die Arbeit, den Druck und auch die Kosten, die nötig sind, um so hochklassige Musik überhaupt entstehen zu lassen. Da fehlt dann schnell Wertschätzung.
Und Konzertübertragungen großer Orchester?
Das ist natürlich längst Standard, und natürlich ist es toll, Klassik auf der Stereoanlage zu hören. Aber ich bin sicher, dass diese Musik live erlebt werden muss. Sich konzentriert zwei Stunden einem Klangerlebnis zu widmen, nicht einfach zwischendurch was anderes machen zu können, diese Intensität entsteht nur, wenn man mit anderen in einem Konzertsaal sitzt. Deshalb ist es für uns ja auch wichtig, dass die Konzerte Teil des Klang-Labors sind. Wenn tolle Leute auftreten, dann bewegt das etwas. Davon sind wir alle überzeugt.
Wie ist es dir eigentlich selber in der Corona-Zeit ergangen?
Ich darf mich nicht beklagen. Als Ensemble-Mitglieder der Bremer Philharmoniker bin ich abgesichert, allerdings habe ich mir ein Sabbatical-Jahr genommen, das jetzt im August zu Ende geht. Und für dieses freie Jahr hatte ich mir eigentlich viel vorgenommen. Vieles davon hat jetzt nicht geklappt. Aber ich konnte online meine Studenten an der Uni Manchester weiter unterrichten, und jetzt scheint es, als ob ab August noch einige Konzerte zustande kommen. Andere Musikerkollegen haben da jetzt viel ernstere Probleme.
Die eben keine festen Engagements haben.
Da gibt es ein paar, die vorher sehr gefragt waren und plötzlich kein Einkommen mehr haben. Und niemand weiß, wie und wann der Konzertbetrieb wieder los geht. Und es gibt Musiker, die vorher schon knapp bei Kasse waren. Wen es härter trifft? Schwer zu sagen. Unter denen, die jetzt nach Hechingen kommen, sind alle bis auf einen freischaffend.
Geht das Klang-Labor weiter?
Davon gehe ich aus. Das hat 2012 in einer kleinen Initiative angefangen, auch getragen von der Begeisterung des Lehrer-Ehepaars Nägele, und hat sich immer mehr etabliert. Es sind schon Kooperationen mit anderen Schulen geplant. Der Ruf dieses Projekts könnte von der Stadt ausstrahlen. Mir würde das gefallen. Ich habe so viel vom Kulturleben in Hechingen profitiert, das würde ich gern ein wenig zurückgeben durch dieses Projekt.
Die Fragen stellte Klaus Stopper.