Interessiert verfolgten am Mittwoch die Gäste die Informationsveranstaltung über das Flüchtlings-Notaufnahmeheim. In den anschließenden Gesprächen überwogen positive Einschätzungen. Foto: Maier

Offene Arme und wenig Stirnrunzeln: Was Hechinger Bürger über die Notunterkunft im alten Krankenhaus sagen.

Hechingen - "Ach was, ich hab keine Angst vor den Asylbewerbern", winkt ein 72-Jähriger nach der Infoveranstaltung in der Hechinger Stadthalle ab. Er wohnt auf dem First. Meinungen wie seine gab es am Mittwochabend einige.

"Die sind doch alle froh, wenn ihnen niemand mehr was tut", bekräftigt die 73-jährige Schwester des Seniors diese Haltung und schimpft über die Vorurteile mancher Nachbarn: "Wir waren auch Flüchtlingskinder und manchmal habe ich den Eindruck, die Menschen haben in 70 Jahren nichts dazu gelernt."

Nach mehr als zwei Stunden der Erklärungen, Fragen und Diskussionen, so scheint es, überwiegen die positiven Stimmen. Die meisten Hechinger breiten ihre Arme aus und es gibt nur wenige, die die Stirn runzeln. Eine 35-jährige Mutter von drei Kindern sagt: "Ich bin unvoreingenommen und warte erst mal ab. Die Nachricht kam ja sehr überraschend, aber deshalb heißt es ja wohl Notunterkunft. Als Mutter stelle ich mir vor, wie es ist, mit den Kindern auf der Flucht zu sein. Eigentlich möchte ich da gerne helfen."

Eine Gruppe Senioren, die meisten Ende 60, Anfang 70 diskutiert lebhaft die Unterbringung von 120 Asylbewerbern im alten Hechinger Krankenhaus. "Wir waren ja auch mal Flüchtlinge, aber das war anders", kommentiert eine von ihnen mit Blick auf die Sprache und die Kultur, aus der die Menschen nun in die Zollerstadt kommen. Ein 72-Jähriger aus der Gruppe bleibt dabei: "Vor allem müssen unsere Politiker versuchen, die Situation in den Ländern, aus denen die Menschen hierherkommen, zu ändern. Dort vor Ort muss etwas geschehen."

"Ich bin voreingenommen", winkt eine dunkelhaarige 49-Jährige ab, als sie von uns angesprochen wird. "Ich wohne in Hechingen und arbeite bei der Caritas in der LEA in Meßstetten, und ich muss sagen: Es klappt dort gut. Natürlich gibt es auch Konflikte. Aber man sieht denen ins Auge und geht die auch an", sagt sie. Die vielen Begegnungen mit den Menschen, die vor Not, Hunger und Krieg fliehen, die Möglichkeit, ihnen zu helfen und ein Stück des Weges zu begleiten, hätten sie selber reicher gemacht, beurteilt sie ihren Einsatz in Meßstetten.

Ein Industriemechaniker aus Hechingen, 23 Jahre alt, findet es "gut, dass an diesem Abend die Leute auch kritische Fragen stellen konnten. Es ist richtig, dass Menschen die Bedenken, die sie haben, auch äußern können, und es ist wichtig, dass man darüber spricht und Antworten bekommt."

Eine 29-jährige Hechinger Lehrerin ist nach der Veranstaltung "positiv überrascht, dass so viele wohlwollende Meinungen da sind. Vor allem, weil sie sich mit meiner Haltung decken". Ihr Mann, 31 Jahre alt und Geschäftsführer, sagt: "Ich habe gerade noch in die Liste reingeguckt in der sich die Leute eingetragen haben, die helfen wollen. Das sind vier volle Seiten. Sehr beeindruckend". Eine Frage sei für ihn an diesem Abend aber offen geblieben. Da die Flüchtlingszahlen in den kommenden Jahren voraussichtlich noch steigen, "warum denken wir in Hechingen nicht darüber nach, länger als nur ein paar Monate Asylbewerber aufzunehmen? Ich bin sicher, es findet sich eine Immobilie, in der man Flüchtlinge dauerhaft unterbringen kann."