Diese Masken hat Jürgen Schollian von Hand geschnitzt. Die Sammlung in seinem Arbeitszimmer dürfte einzigartig sein. Fotos: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Holzmasken: Jürgen Schollian aus Stein hat mehr als 60 Masken anderer Zünfte nachgeschnitzt

Sie sind das Gesicht der Fasnet: Die Holzmasken der Narrenzünfte. Jürgen Schollian aus Stein ist von ihnen fasziniert. Er hat nicht nur alle Holzmasken der Steinemer Sadbolla geschaffen, sondern mehr als 50 Masken anderer Zünfte originalgetreu nachgeschnitzt.

Hechingen-Stein. Feinsäuberlich hängen sie nebeneinander im Arbeitszimmer von Jürgen Schollian. Furchterregende, freundlich lächelnde, nachdenklich wirkende, wild blickende, elegante, urige. Alle mit beeindruckender Sorgfalt geschnitzt und bemalt. Maskengesichter, hinter denen draußen bei Umzügen die Narren verschwinden, hinter denen sie Teil ihrer Gruppe werden, Teil von Zünften, Geschichten und Traditionen ganzer Ortschaften. An dieser Maskenwand stehen sie für sich. Hier scheint die Fasnet fast andächtig zur Ruhe zu kommen.

Jürgen Schollian drückt das zwar nicht so aus, aber der Zauber, mit dem ihn seine Masken in den Bann schlagen, ist stark. "Am Anfang konnte ich mich gar nicht mehr losreißen", erzählt er. Abends um acht rief ihn seine Frau. Da wollte er nur noch kurz was fertigmachen, "und dann war es plötzlich elfe".

Dabei ist Maskenschnitzen anstrengend. Alles arbeitet er in seiner Kellerwerkstatt mit Klöppel und Stemmeisen aus massiven Lindenholzblöcken. Die Lindenbäume hat er selbst zu Bohlen zusägen lassen, jahrelang wurden die dicken Bretter im Garten getrocknet, dann bei einem Bekannten zu Rohlingen zugesägt. Und an jeder Maske schnitzt er zahllose Stunden. Dann werden sie noch abgeschliffen, fein angemalt. Sein Ehrgeiz ist, sie so hinzubekommen wie die Originale. Drei bis vier Masken schafft er pro Jahr.

Die Menge an Messerchen und sonderbar geschwungenen Stemmeisen auf seiner Werkbank ist unübersehbar. "Die haben ein kleines Vermögen gekostet, aber ich benutzte jedes, und die gute Qualität spürt man", sagt er und lächelt stolz.

Als Vorlagen für die Masken dienen überwiegend Fotos

Er ist eben Amateur. Profi-Maskenschnitzer fräsen mit Maschinen die Rohlinge aus, schnitzen nur noch die Feinarbeiten. Jürgen Schollian macht alles von Hand. Erst mit großen Stemmeisen, dann mit immer kleineren. Als Vorlagen für die Masken anderer Zünfte, die er für seine Sammlung nachschnitzt, hat er nur Fotos. Und natürlich hat er die meisten Masken auch im Original gesehen, denn auf der Fasnet ist er mit seiner Steinemer Zunft dauernd auf Achse. "Mich hat die Fasnet voll gepackt", sagt er strahlend, "das ist für mich wirklich eine fünfte Jahreszeit."

Deshalb ist er auch der Maskenschnitzer von Stein geworden. Und aus Familientradition. Franz Schollian, sein Vater, habe als Kriegsgefangener in den USA Schachfiguren geschnitzt, die er bei seinen Bewachern gegen nützliche Dinge eintauschen konnte. In Stein zurück, hat er die Steinemer Masken geschaffen. Allerdings nicht aus Holz, sondern aus Pappmaché. "Er wollte eigentlich, dass ich da mitmache. Er meinte ich hätte Talent zum Maskenmachen", erzählt Jürgen Schollian. Aber als junger Mann habe ihn das nicht so interessiert.

"Erst drei Jahre nach seinem Tod habe ich meine erste Holzmaske geschnitzt", sagt er nachdenklich, "eigentlich schade, das hätte meinem Vater sicher gefallen". Das Maskenschnitzen hatte ihn fortan gepackt. "Am Anfang konnte ich damit kaum mehr aufhören", sagt er. Mehr als 50 Holzmasken hat er für die Steinemer Sadbolla seither geschnitzt.

Und dazu kommen noch mal die mehr als 60 Holzmasken anderer Zünfte, die er nachgeschnitzt hat. Von jeder Sorte nur eine, die dann hinterher in seiner Maskensammlung aufgehängt wurde. Da finden sich auch gruselige Krampas-Masken aus dem Alpenraum, auch eine Maske mit ausladendem Bart. "Eigentlich meine Lieblingsmaske", erzählt Jürgen Schollian. Die Barthaare so fein zu schnitzen, "das war echt nicht so einfach." Sieht aber überzeugend aus.

Und er hat noch etwas Platz im Arbeitszimmer. Derzeit klemmt eine Rottweiler Briekere-Maske in seinem Schraubstock, für fünf, sechs weitere Masken hat er noch Rohlinge. Und dann mal sehen. Ans Aufhören denkt er nicht. "Mir geht es einfach gut, wenn ich hier unten in meiner Werkstatt stehe und schnitzen kann."