Einen Racheakt im Zusammenhang mit dem Mord an Umut K. konnten Polizeibeamte offenbar verhindern. Foto: Archiv/Maier

Prozessauftakt unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. Angeklagte wollten sich an Mördern von Umut K. rächen

Hechingen - Zwei junge Männer stehen seit Montag in Hechingen vor Gericht. Sie stammen aus dem Umfeld des ermordeten Umut K. und sollen geplant haben, die Angeklagten oder deren Familienangehörige aus Rache zu ermorden. Eine Anzahlung für die Waffen hatten sie bereits getätigt.

Aufmerksamen Ermittlern ist es wohl zu verdanken, dass sich rund um den Mord an Umut K. in Hechingen keine weiteren Bluttaten ereignet haben. Vor der großen Jugendkammer des Hechinger Landgerichts wurde am Montag der Prozess gegen einen Verwandten von Umut K. und einen weiteren Freund des Getöteten eröffnet. Beiden wird vorgeworfen, dass sie Waffen beschaffen wollten, um an den Mordangeklagten und deren Familien blutige Rache zu nehmen.

Bestehen Verbindungen zur kurdischen Organisation PKK?

Kurios ist, wie die Polizei den Mordplänen der beiden jungen Männer auf die Spur kam. Einer der beiden, der Angehörige von Umut K., wird beschuldigt, bei einem Brandanschlag auf eine Ditib-Moschee in Weil am Rhein im April vergangenen Jahres beteiligt gewesen zu sein. Das berichtete ein 29-jähriger Kriminalkommissar aus Freiburg im Zeugenstand.

Im Fall des Brandanschlags auf das Gebetshaus hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe im Dezember Anklage gegen fünf Männer erhoben. Einige der Verdächtigen sollen angeblich auch Verbindungen zur kurdischen Untergrundorganisation PKK haben. Wegen dieser brisanten Verwicklungen seien verschiedene "verdeckte Maßnahmen" und Telefonüberwachungen am Laufen gewesen, so der Kriminalkommissar. Deshalb wurde auch das Telefon des 20-Jährigen aus dem Raum Hechingen überwacht.

Man habe dabei gehört, dass der junge Mann mit einem Freund plante, Waffen zu besorgen, um sich an jemandem zu rächen. In einem weiteren Gespräch seien dann die Stichworte "Umut" und "Hechingen" gefallen, berichtete der Zeuge. Dadurch sei man "von einer konkreten Gefährdung ausgegangen", habe die Kollegen vor Ort einbezogen und die Festnahme der beiden Männer veranlasst. Am 1. August vergangenen Jahres gingen beide der Polizei in Reutlingen ins Netz.

Männer hatten schon ihre potenziellen Opfer im Visier

Bei der anschließenden Sichtung der Handys der Angeklagten wurde klar, dass sie schon Recherchen über ihre potenziellen Mordopfer angestellt hatten. So fanden die Beamten beispielsweise Screenshots von Facebookprofilen und Adressen von Familienangehörigen der Mordangeklagten.

Die beiden nun Angeklagten, der 20-jährige Verwandte von Umut K. und sein 23-jähriger Bekannter, sitzen seit ihrer Festnahme in Untersuchungshaft, der eine in der Justizvollzugsanstalt in Freiburg, der andere in Tübingen. Die beiden hatten sich beim Mordprozess in Hechingen erst kennengelernt, hieß es in der Anklageschrift, die Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Beiter zu Beginn verlas.

Beim Waffenhändler in Mühlacker fand die Polizei auch Drogen

Der Freund von Umut war am ersten Prozesstag im Juni 2017 dadurch aufgefallen, dass er in einer Verhandlungspause einen der Angeklagten beschimpft und bedroht hatte. Er ist auch derjenige, der Kontakt zu einem Waffenhändler in Mühlacker hatte.

Bei einer Hausdurchsuchung in Mühlacker fand die Polizei im Haus des Waffenhändlers eine Vielzahl an Waffen, Munition, insgesamt 3,8 Kilo Marihuana sowie 60.000 Euro in bar, hieß es am Montag. Der junge Mann hatte dies alles im Haus seiner Eltern gelagert. Zumindest der Vater soll darüber Bescheid gewusst haben.

Fast niemand will das Geld für die Waffen hergeben

Schwierigkeiten hatte der 20-jährige Verwandte von Umut K. allerdings bei der Beschaffung des Geldes für die Waffen. Für 5000 Euro wollte er allem Anschein nach eine Kalaschnikow und eine Handgranate kaufen. Aus eingespielten Telefongesprächen wurde deutlich, dass er wohl im Freundes- und Familienkreis um Geld dafür gebeten hatte. Große Unterstützung für seine Rachepläne fand er dort aber nicht. Mehr als ein paar hundert Euro Anzahlung hatte er nicht zusammen, versprach aber dem 23-Jährigen beständig, das Geld notfalls auf eigene Faust zu besorgen.

Beide Angeklagten machten am Montag keine Angaben zu den Vorwürfen. Beide sind mehrfach vorbestraft und haben jeweils bereits Haftstrafen abgesessen.

Im Dezember 2013 überfiel beispielsweise der 20-Jährige, damals 16 Jahre alt, mit vorgehaltener Waffe den Hechinger Netto-Markt und erbeutete mehrere hundert Euro aus der Kasse. Der 23-Jährige hat ebenfalls massenweise Vorstrafen, darunter fällt auch die Beteiligung an der Gruppenvergewaltigung einer Jugendlichen im Alter von 15 Jahren, räuberische Erpressung sowie Waffenbesitz.

Der Prozessauftakt fand am Montag unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Fortgesetzt wird die Verhandlung am Montag, 29. Januar, um 13.45 Uhr. Dann sollen weitere Zeugen gehört werden. Drei weitere Termine sind bereits angesetzt.