Klaus Conzelmann, der frühere Erste Beigeordnete der Stadt Hechingen, sagte gestern im Erddeponie-Prozess vor dem Landgericht aus. Foto: Stopper

Klaus Conzelmann äußert sich. Bild einer Stadt, bei der "keiner so richtig hinsehen wollte". Urteil am Mittwoch.

Hechingen - Er kam als Zeuge, wurde dann aber mit Fragen konfrontiert, die auch Vorwürfe beinhalteten: Klaus Conzelmann, der frühere Erste Beigeordnete der Stadt Hechingen, sagte gestern im Erddeponie-Prozess vor dem Landgericht aus.

Der Vorsitzende Richter Herbert Anderer hatte ihm, vor allem da er ohne Anwalt vor Gericht erschien, "zur Vorsicht" geraten und eindringlich darauf hingewiesen, dass er schweigen könne, da gegen ihn in der gleichen Sache immer noch ermittelt wird oder weitere Ermittlungen jederzeit vom Staatsanwalt wieder aufgenommen werden könnten. Aber Hechingens früherer Erster Beigeordneter Klaus Conzelmann – von der Richtigkeit seines Tuns überzeugt – wollte reden.

Und so wurden Conzelmann, der seit rund einem halben Jahr im Ruhestand ist und zuvor jahrzehntelang im Hechinger Rathaus die Geschicke der Stadt mitbestimmt hat, gestern vor den Schranken der Großen Strafkammer des Hechinger Landgerichtes unangenehme Fragen gestellt. Es geht unter anderem um die illegalen Bauschuttablagerungen auf Hechingens Erddeponie Hinterer Rieb. Dafür müssen sich ein 48-Jähriger Hechinger Bauunternehmer und sein 71 Jahre alter Stiefvater, der als Deponiewart arbeitete und bei der Anlieferung den Bauschutt als Erdaushub deklarierte, jetzt verantworten.

Der Vorsitzende der Strafkammer begann mit den Fragen zur Ausschreibung für den Betrieb der Deponie, die so Anderer, "maßgeschneidert schien" für den Abbruchunternehmer der dann auch sechs Mitbewerber aus dem Feld schlug.

Bild einer Stadt, bei der "keiner so richtig hinsehen wollte"

Es ging weiter mit Fragen zu den engen schriftlichen Kontakten des Ersten Beigeordneten Conzelmann zum Ersten Landesbeamten im Landratsamt. Und es gipfelte schließlich in der Befragung Conzelmanns dazu, dass er das Landratsamt gebeten hatte, den Unternehmer seine nicht genehmigte Recyclinganlage in Hechingen Stein doch betreiben zu lassen, da die Stadt gerade die rechtlichen Voraussetzungen mit der Änderung des Bebauungsplanes dafür schaffe.

Conzelmanns Aussagen erhärteten, darin waren sich der Leitende Oberstaatsanwalt Michael Pfohl und der Verteidiger, Umweltexperte Stephan Jäger in ihren Plädoyers später einig, das Bild einer Stadt, bei der "keiner so richtig hinsehen wollte" weil sich auch "für die Stadt Hechingen erhebliche wirtschaftliche Vorteile ergeben hätten".

Dieser Aspekt dürfte sich mildernd auf das Strafmaß auswirken, das der Bauunternehmer zu erwarten hat. Das Urteil wird zwar erst am kommenden Mittwoch verkündet, aber da es bereits eine Verständigung gegeben hat und beide Angeklagte sich schuldig bekannten (wir berichteten), haben Verteidigung und Staatsanwaltschaft gleiche Ansichten über eine angemessene Strafe geäußert.

Zur Last gelegt wird dem 48-Jährigen nur noch die illegale Ablagerung auf Hinterer Rieb, der nicht genehmigte Betrieb seiner Anlage in Stein und die Beteiligung an der nicht vorschriftsmäßigen Entsorgung von Chemie-Abfällen auf dem ehemaligen Schiller-Gelände in Albstadt. Andere Strafbefehle, unter anderem wegen illegalem Waffenbesitz und Steuerhinterziehung, hatte er zuvor beglichen. Deshalb beantragten Anklage und Verteidigung übereinstimmend ein Jahr und drei Monate auf Bewährung und eine Geldstrafe von 90 Tagesätzen a 150 Euro. Die Bewährungszeit soll drei Jahre betragen. Im juristischen Sinne wäre der Abbruchunternehmer damit nicht vorbestraft.

Auch sein Stiefvater bekannte sich schuldig und ist bereit den früheren Strafbefehl, 90 Tagessätze a 50 Euro, zu begleichen. Sein Anwalt bat allerdings um die Möglichkeit der Ratenzahlung.