An die frühere Funktion des "Klösterle", das einst als Gutleut- oder Siechenhaus diente, erinnert heute ein Fassadenbild. Die Gutleuthausstraße in Hechingen: Ihr Name geht auf das Gutleuthaus zurück – ein Gebäude, in dem Kranke einst vom Rest der Bevölkerung isoliert wurden.Fotos: Maute Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Das seit dem 15. Jahrhundert erwähnte Gutleuthaus gehörte früher zu den Leprosorien

In Zeiten von Corona kommt sie unwillkürlich auf: Die Frage, wie man in früheren Zeiten mit sich schnell ausbreitenden ansteckenden Infektionskrankheiten umging. Auf diese Spur führt in Hechingen ein alter Straßenname.

Hechingen. Das Mittelalter – es hatte in der Tat seine dunklen Seiten. Für die chronische Infektionskrankheit Lepra, die sich damals fast in ganz Europa ausbreitete, gab es kein Heilmittel. Aus Furcht vor einer Ansteckung wurden die Erkrankten deshalb von der Gemeinschaft abgesondert und als "Aussätzige" einer strikten Quarantäne unterworfen.

In vielen Ländern und Städten entwickelten sich in dieser Zeit spezielle Einrichtungen, sogenannte Leprosorien, in denen die von der Krankheit Befallenen leben konnten. Um den Schutz der Gesunden zu gewährleisten, gab es viele Vorschriften. So mussten die Leprakranken etwa schon von Weitem mit sogenannten Holzklappern oder Glöckchen auf sich aufmerksam machen. Ferner war es ihnen verboten, sich die Hände in Quellen oder Rinnen zu waschen und Kirchen, Märkte oder Volksversammlungen zu besuchen. Ans Herz gelegt wurde ihnen weiterhin, Waren nicht anzufassen, sondern sie ausschließlich mit einer Gerte oder einem Stäbchen zu berühren.

In Deutschland gab es einst mehr als 1000 dieser außerhalb von Städten errichteten Leprosorien, darunter das seit dem 15. Jahrhundert erwähnte Gutleuthaus in Hechingen. Das Haus lag "in dem äussersten, nördlichen Theile der unteren Vorstadt, in einer kleinen Entfernung von dem Franciscaner-Kloster St. Luzen", ist im "Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin" von 1860 nachzulesen. Wie die "Hohenzollerische Heimat" berichtet, wurde es inmitten von Feldern errichtet, was die Merian`sche Stadtansicht ersichtlich macht. Eine ausgeprägte Wohltätigkeit mit zuweilen reichen Stiftungen, so heißt es darin weiter, sorgte in Hechingen für die armen, die "guten" Leute, denen man sich, wenn auch äußerlich getrennt, gefühlsmäßig verbunden fühlte. Um ihnen ihr schweres Los zu erleichtern, wurde viel für sie getan. Unter anderem spendeten ihnen Geistliche aus gebotener Entfernung den Segen.

Gutleuthaus wird um ein Stockwerk erhöht und zum Hospital umgebaut

Auch über die weitere Nutzung des Gutleuthauses gibt die "Hohenzollerische Heimat" Auskunft. Als es später gelungen war, der Seuche durch strengste Absperrmaßnahmen Herr zu werden, diente es als Heim für arme, alte und gebrechliche Leute. Im Jahre 1798, so geht aus der Chronik der Stadt Hechingen hervor, ließ die Fürstin-Witwe Maria Theresia das Gebäude um ein Stockwerk erhöhen und zu einem Krankenspital umbauen.

Mehr als sechs Jahrzehnte diente es daraufhin als Pflegeheim für Kranke, bis im Jahre 1863 dank einer großen testamentarischen Zuwendung der Fürstin Eugenie die Spitalstiftung das bisherige Badgebäude in der Herrenackerstraße ankaufte und dort das ehemalige Hechinger Krankenhaus errichten konnte. Auf dem Platz des einstigen Gutleuthauses entstand später die Wirtschaft "Zum Klösterle."

Auf die frühere Funktion des "Klösterle" macht heute ein Sgraffito (Fassadenbild) aufmerksam, das unter anderem folgende Inschrift trägt: "Weit ab von der Stadt stand der siechen Leut Hüslin schon anno 1435. Gutleuthaus war Asyl für Alte und Kranke."

Leprosorien gab es außer in Hechingen in der näheren Umgebung etwa in Haigerloch, Trochtelfingen, Ebingen, Melchingen und Sigmaringen. In Haigerloch ist ein "Sondersiechenhaus" ab 1472 erwähnt. Laut "Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin" lag dieses "in dem Thale nach Bad Imnau, etwa 60 Schritte von einer 1838 abgebrochenen Kapelle entfernt."