Aufwändig waren die Ermittlungen zum Doppelmord in Albstadt. Die Ermittlungsergebnisse füllten am Ende 40 Ordner. Foto: Eyrich

Hechinger Justizbehörden halten Rückschau auf abgelaufenes Jahr. Staatsanwaltschaft völlig überlastet.

Hechingen - Die Hechinger Staatsanwaltschaft ist seit Jahrebeginn überlastet, es dauert lange, bis Anzeigen bearbeitet werden. Das vergangene Jahr war für alle Justizbehörden dagegen personell eher entspannt.

Das ist das Ergebnis der Jahresbilanz der Hechinger Justizbehörden, die gestern vorgestellt wurde. Doppelmord in Albstadt, Prozess um die Erddeponie Hechingen, gleich mehrere Bürgermeister auf der Anklagebank, die Brandstiftungsserie in Rangendinger Schützenhäusern, eine Brandstiftung in einem Tailfinger Möbelhaus – das waren die Fälle im vergangenen Jahr, die Schlagzeilen machten, berichtete Landgerichtspräsidentin Luitgard Wiggenhauser.

Da der mutmaßliche Doppelmörder aus Albstadt noch vor Prozessbeginn Selbstmord beging, waren die Richter hier wenig gefordert. Die Ermittlungen aber waren aufwändig. 70 Polizisten waren zeitweise im Einsatz, auch die Staatsanwaltschaft seit stark gefordert gewesen, so Oberstaatsanwalt Michael Pfohl: "In diesem brutalen Fall wollten wir natürlich schnell und unbedingt den Täter ermitteln". Die Ermittlungsergebnisse füllten am Ende 40 Leitz-Ordner.

Weniger Arbeit als erwartet macht dagegen das neue Flüchtlings-Erstaufnahmelager in Meßstetten. Nach Erfahrungen aus Karlsruhe habe man mit einer Steigerung der Fallzahlen um zehn Prozent gerechnet, so Pfohl. Das habe sich "mit Abstand nicht bewahrheitet", auch wenn mittlerweile steigende Zahlen zu verzeichnen seien. Vor allem Flüchtlinge aus dem Irak und aus Syrien seien fast gar nicht straffällig geworden, betonte Pfohl. Insgesamt dominierten bei Flüchtlingen Delikte wegen des Aufenthaltsrechts und kleine Ladendiebstähle.

Für das aktuelle Jahr schlägt Pfohl Alarm. 2014 noch sei Hechingen "die schnellste aller baden-württembergischen Staatsanwaltschaften" gewesen, nun sei die Situation völlig anders. Es habe mehrere Erkrankungen gegeben, das schlage in einer kleinen Behörde massiv durch, so dass Fälle liegen bleiben müssten. Mancher Einwohner, der Anzeige erstattet, müsse nun Geduld aufbringen. Eine Folge der sehr dünnen Personaldecke der Justiz, beklagt Pfohl.

Was auch zur schwierigen Lage beigetragen hat: Referendare dürfen nicht mehr als Staatsanwälte in Jugendsachen auftreten, obwohl gerade da meist einfache Sachverhalte wie Diebstahl oder ähnliches verhandelt werde. Die Folge: Junge Juristen sammeln weniger Praxiserfahrung – und die richtigen Staatsanwälte sind völlig überlastet. "Diese Regelung ist für uns verheerend", so Pfohl.

Halbwegs entspannt sieht die Lage dagegen bei den Gerichten aus, berichtete Luitgard Wiggenhauser. Im vergangenen Jahr seien erstmals alle Stellen besetzt gewesen, hob sie hervor. Aber auch sie sieht Probleme auf ihre Behörde zukommen, vor allem auf dem Gebiet der Rechtspfleger, die den Richtern zuarbeiten. Hier sind kaum Arbeitskräfte zu bekommen, zudem verschärft die Abschaffung der bisherigen Notariatsstruktur die Situation, da die Rechtspfleger für die Übergangszeit hier Lücken füllen müssten.

Angemahnt wurde, dass die Landesregierung durch eine Abstimmung der Datenverwaltung zwischen Polizei und Justiz enorme Arbeitserleichtetrungen schaffen könnte. Wertvolle Arbeitszeit werde durch vermeidbares kopieren und scannen von Unterlagen vergeudet.

Die Hechinger Justizbehörden, die außer für den Zollernalbkreis für einen Bereich bis Sigmaringen zuständig sind, haben folgende Informationen zu Fallzahlen im vergangenen Jahr vorgelegt:

u  Im Amtsgericht Hechingen haben entgegen dem Landestrend die Verbraucherinsolvenzen um fast 25 Prozent zugenommen. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen sank um 13 Prozent.

u  Beim Landgericht hat sich die Zahl der Berufungen und Beschwerden sich um nahezu 80 Prozent drastisch erhöht. Gründe dafür sind der Justizbehörde nicht bekannt.

u Bei der Staatsanwaltschaft hat sich die Zahl der Fälle von 17 827 in 2013 auf 18 138 erhöht. In 8572 Fällen wurde gegen bekannte Täter ermittelt. Viel Arbeit macht die Internetkriminalität, bei der wegen der internationalen Vorgehensweise in vielen Fällen kein Täter ermittelt werden kann.

u  33,5 Prozent der staatsanwaltlichen Ermittlungen haben ein Strafverfahren zur Folge, der Rest wird eingestellt. 21,91 Prozent enden mit einem Strafbefehl, 11,9 Prozent mit Anklagen oder Anträgen auf Einleitung einer Unterbringung oder eines vereinfachten Jugendverfahrens.