Ronja Schumacher hat als Mitarbeiterin des Hechinger Stadtbauamts mit Schülern Ideen entwickelt, die jetzt in die Neugestaltung des Obertorplatzes mit einfließen. Ihre Erfahrung: Junge Leute lassen sich auch für Stadtplanung interessieren, und sie denken auch für Senioren mit. Foto: Stopper

An Gestaltungsplänen haben auch 300 Schüler mitgewirkt. Ronja Schumacher ging in Klassen. Interview.

Hechingen - Längst haben die Bagger auf dem Obertorplatz das Kommando übernommen. Zwei Jahre soll der Komplettumbau dauern. Was kaum jemand weiß: In die Pläne für die neue Platzgestaltung sind auch Ideen von über 300 Hechinger Schülern mit eingeflossen. Ronja Schumacher vom Stadtbauamt hatte mit ihnen geredet und ihre Vorschläge zusammengefasst.

Frau Schumacher, wie ergründet man die Wünsche junger Hechinger?

Ich bin in die Hechinger Schulen gegangen und habe in den Klassen mit den Schülern gesprochen, habe sie in Arbeitsgruppen ihre Wünsche diskutieren lassen. Die Idee für diese Aktion stammt nicht von mir, sondern von unserer Ersten Beigeordneten Dorothee Müllges. Ich habe nach meinem Studienabschluss in Architektur im März im Hechinger Bauamt angefangen zu arbeiten, da gab es gleich den ersten Kontakt zu den Schulleitern.

Mit Schülern über Stadtplanung reden – klingt eher schwierig.

War es gar nicht. Ich bin 22 Jahre alt, das schafft schon mal Nähe, und in Albstadt bin ich ehrenamtlich Turntrainierin im Jugendbereich. Das war für mich also keine fremde Situation. Außerdem passten meine Schulbesuche in die Unterrichtspläne, etwa in Gesellschaftskunde oder Erdkunde.

Waren alle gleich stark motiviert?

Es hing ein wenig von der Schule ab. Von den Schülern des Beruflichen Schulzentrums in der Schloßackerstraße leben viele nicht in Hechingen. Manche kennen den Obertorplatz gar nicht. Was da passiert, betrifft sie weniger. Aber bei den Gymnasiasten, die ja ganz in der Nähe zum Obertorplatz unterrichtet werden, die sich da häufig aufhalten, war das anders. Etwas zu gestalten, was einen direkt angeht, das finden viele interessant.

Welche Ideen haben sich denn in der konkreten Obertorplatz-Planung niedergeschlagen?

So einfach lässt sich das nicht sagen, denn Planer Johann Senner und die Obertorplatzkommission hatten natürlich auch Ideen für die Jugend, da überschnitt sich manches. Aber man hat aufmerksam zugehört, was die Schülergespräche ergeben haben, und bei der Auswahl unter den verschiedenen Ideen half es dann schon zu wissen, ob etwas auch von vielen Schülern gewünscht wird. Beispielsweise das sportliche, mit weichem Tartan ausgelegte Feld auf der Seite zum Kirchplatz hin mit den drei Trampolinen war so etwas, was sich viele Schüler wünschten. Das wird jetzt auch so gebaut.

Alles ließ sich sicher nicht umsetzen.

Nein, dafür wäre der Platz schlichtweg zu klein. So wurden beispielsweise ein Volleyballfeld oder ein Kletterfelsen vorgeschlagen. Dann wäre kaum mehr Platz für etwas anderes. Aber statt Kletterfelsen schlug Johann Senner dann das Bewegungsmobile vor, eine Art bekletterbare Skulptur, die jetzt realisiert wird. Die Schüler hätten auch gerne Sitzstufen gehabt, um sich zu treffen. Nun bauen wir Holzdecks, auf denen sich Gruppen locker zusammensetzen können.

Holzdecks?

Ja, das sind größere Holzsitzflächen. Junge Leute möchten nicht so gerne nebeneinander auf einer Bank sitzen, sie wollen sich eher locker gruppieren. Holzdecks haben viele Schüler vorgeschlagen, die kennen das wohl aus anderen Städten.

Gibt es weitere Beispiele?

Der Wasserlauf war am Anfang als gerader, abgegrenzter Bach geplant. Die Schüler wünschten sich, dass er eher weich in den Platz integriert wird, dass sie auch mal die Füße reinhängen können, dass es nicht so akkurat wirkt. Der Plan wurde auch in diese Richtung abgeändert. Das war aber nicht alleine der Wunsch der Schüler, muss man sagen, dieser Änderungswunsch kam auch von anderen.

Einrichtungen wie der Jugendgemeinderat gibt es nicht mehr. Ist die Schülerbeteiligung die Alternative dazu?

Das müssen sicher andere entscheiden, aber meine Erfahrung aus dem konkreten Obertorplatz-Projekt ist schon, dass man zu den Schülern hingehen muss, um genügend Resonanz zu kriegen. Die Schüler zu Veranstaltungen einladen, ist eher schwierig. Da gibt es eine Scheu hinzugehen. Das machen nur ganz wenige.

Wollen die Schüler überhaupt mitbestimmen?

Ich habe das so erlebt, dass viele es toll und interessant fanden. Aber es ist ja auch ein sehr konkretes Thema. Den Platz werden sie später mal direkt nutzen. Es hat sich ja auch gezeigt, dass die Schüler dann eigene Vorstellungen entwickelt haben. Und dass das zumindest teilweise auch umgesetzt wird, gefällt sicher auch vielen. Aber Schülerbeteiligung ist kein Ersatzgemeinderat.

Geht es dann weiter mit der Schülerbeteiligung?

Auf jeden Fall. Als nächstes ist geplant, die Jugendlichen beim Integrierten Stadtentwicklungskonzept einzubeziehen. Schüler für Stadtentwicklung zu interessieren, ist sicher kein Fehler.

Braucht Stadtplanung mehr Schülermitwirkung? Würde das die Planung wesentlich verändern?

Interessant für mich war, dass Schüler bei ihren Vorschlägen immer auch an die Belange der älteren Einwohner gedacht haben. Höhere Sitzbänke, barrierefreie Wege, nachhaltige Bauweise – viele haben sich auch um solche Fragen Gedanken gemacht und sich gefragt, wie das alles vereinbar ist. Es ging ihnen nicht nur um das Aufstellen von Spaßgeräten.  Die Fragen stellte Klaus Stopper.