Präsenzwahlkampf auf dem Hechinger Marktplatz auch bei bitterkaltem Wetter? Die Grünen-Landtagskandidatin Cindy Holmberg ist hart im nehmen. Sie ist neugierig auf Menschen und ist überzeugt, von ihnen viel lernen zu können. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Landtagswahl: Cindy Holmberg kandidiert für die Grünen / Aktionen gegen Kinderarbeit am Beginn

Mit zwölf Jahren gründete sie eine Jugendgruppe, um in ihrer Heimatstadt Metzingen einen Bach von Müll zu befreien, nun tritt Cindy Holmberg als Kandidatin der Grünen zu den Landtagswahlen an. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder, und viel zu erzählen.

Hechingen. Der Vater US-Soldat in Stuttgart, die Mutter Lehrerin für Gemeinschaftskunde und Geschichte – Cindy Holmberg ist ein Zuhause mit politischen Diskussionen gewohnt. Hechingen kennt sie von klein auf, hier golfte ihr Vater gern im Hechinger Club, hier war sie oft, um Teile der Großfamilie dort zu besuchen, durch die Stadt zu laufen, auf dem Markt einkaufen – Dinge, die sie immer an Hechingen mochte.

Nach der Schule lernte sie Wirtschaftskorrespondentin, dass sie Englisch und Deutsch als buchstäbliche "Mutter- und Vatersprachen" beherrschte, öffnete ihr viele Türen. Sie arbeitete für Unternehmen, Rechtsanwaltskanzleien, die Reutlinger Hochschule als Lehrbeauftragte, in der Öffentlichkeitsarbeit von Pflegeinstitutionen. Heute ist sie Referentin der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke.

Für Politik begann sie sich zu interessieren, als sie beruflich als Übersetzerin mit dem Welthandelsabkommen in Berührung kam. Was für Auswirkungen der Niedergang der Textilindustrie auf der Alb für Menschen bedeutet, hatte sie schon an Beispielen in ihrer Familie erlebt. Nun wurde ihr klar, wie Arbeitsplätze nach Asien abwandern, wo Kinderarbeit Normalität ist. Das beschäftigte sie. "Ungerechtigkeit bewegt mich immer", sagt sie. Sie startete Aktionen vor Metzinger Textilfirmen, um auf Kinderarbeit aufmerksam zu machen, und so sprachen sie die Grünen an. Mit Erfolg.

2002 trat sie in die Öko-Partei ein. Es war die Zeit der rot-grünen Bundesregierung, Leute wie Joschka Fischer inspirierten sie, "das Gefühl, wir können was verändern". 2002 kandidierte sie für den Metzinger Gemeinderat. Eigentlich hatte sie sich nur als Listenkandidatin gesehen. Aber unter anderem ihre Aktionen gegen Kinderarbeit hatten sie bekannt gemacht. Die Leute wählten sie.

Ungewöhnliche Aktion: Mit jungen Vertretern anderer Parteien gründete sie eine Gemeinderats-Band, "rockte das Gremium durch", wie sie sagt. "Das war echt der Brecher", schwärmt sie, das habe ganz neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffnet. Beim Baden-Württemberg-Tag spielte die Band mit dem Reutlinger Oberbürgermeister die Baden-Württemberg-Hymne.

Dass sie nun Landtagskandidatin wurde, verdankt sie sicher ihrer Begabung, unkompliziert auf Leute zuzugehen, in Kontakt zu kommen. Wie kaum ein anderer Kandidat nutzt sie die Möglichkeiten digitaler Treffen, aber unter anderem auch auf dem Hechinger und dem Burladinger Wochenmarkt war sie. "Ich mag das, Stimmungen aufnehmen, mein Spektrum erweitern, mehr zu erfahren", sagt sie über die Gespräche, die sie dort führt.

Und natürlich mag sie es auch, dort die Standpunkte ihrer Partei zu vertreten, die über reine Öko-Themen hinausgehen. Sie setzt sich für dezentrale Gesundheitszentren im ländlichen Raum ein, sieht Klimaschutz-Aspekte und den Kampf um den Erhalt der Artenvielfalt auch bei den Bemühungen um die heimischen Streuobstwiesen.

Mit Bauernvertretern kommt sie gut klar, versichert sie. Sie versteht, dass Landwirte Erträge erwirtschaften müssen, wirbt aber dennoch dafür, Aspekte von Tierwohl und einer nachhaltigen Landwirtschaft zu berücksichtigen. "Vor allem jüngere Landwirte verstehen auch zunehmend, dass dies in ihrem Interesse ist", sagt sie. Manche ließen nun Blühstreifen an ihren Feldern stehen, gingen neue Wege.

Brach liegende Flächen für Firmen und Wohnen neu erschließen

Sie wirbt auch für nachhaltigen Tourismus auf der Alb, die Regionalvermarktung von Obst und Gemüse, für Windkraft und dafür, dass Dächer grundsätzlich mit Solaranlagen bestückt werden sollten. Einfamilienhäuser verbieten? "Haben wir Grünen nie gefordert", betont sie, will viel lieber erreichen, dass im Bestand der Kommunen brach liegende Flächen für Wohnen und Firmen neu erschlossen werden. "Ein guter Mix ist wichtig", hält sie fest.

Bildungspolitik? Die Schullaufbahn ihrer Kinder hat sie als Elternsprecherin durchgehend begleitet. Bildungsministerin Susanne Eisenmann sieht sie im Bereich Bildungspolitik eher als Problem denn als Lösung. Aber sie ist auch pragmatisch. G8 abschaffen würde sie "vom Herzen her gern", aber das sei aktuell zu aufwändig. Aber Lehrpläne anpassen, Digitalisierung für den Unterricht wirklich nutzbar machen, das würde ihr am Herzen liegen.

Verkehrspolitik? "Ich bin keine Straßengegnerin", sagt sie. Marode Straßen müssten saniert werden, gerade im ländlichen Raum. Busse fahren ja auch auf Straßen. Aber sie sei für den Ausbau von Bahnstrecken, vor allem auch für attraktive Bahnhöfe, und für ein gutes ÖPNV-Angebot.

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