Foto: Schwarzwälder Bote

Von Lena Witte

Von Lena Witte

Schlaflose Nächte, Kopfschmerzen, Depressionen – die gesundheitlichen Schäden, die eine Dauerbeschallung durch Infraschall hervorrufen kann, sind vielfältig. Biologe Wolfgang Müller stellt in seinem Buch "Krankmacher Windkraftanlagen“ die Auswirkungen des Infraschalls auf die Gesundheit dar.

Rangendingen. Als im "Dreiländereck" zwischen Haigerloch, Rangendingen und Grosselfingen 2017 der Bau einer Windindustrieanlage geplant wurde, durften die Bürger bei einer öffentlichen Gemeinderatssitzung Fragen zum Entwurf des Regionalplans zur Windenergie im Vorranggebiet "Hohwacht" stellen. Sie kamen – und bildeten daraufhin die Bürgerinitiative "Gegenwind Hohenzollern".

Auch Wolfgang Müller begann, sich mit den Emissionen von Windkraftanlagen genauer zu befassen: "Viele Bekannte haben mich als Biologe um eine Stellungnahme gefragt". Der Rangendinger recherchierte und stieß unter anderem auf den Messbericht der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW). Komische Sätze seien ihm darin aufgefallen, etwa, dass die Autoren eine unsachliche Diskussion des Themas vorwerfen, aber deren Akteure nicht benennen – gemeint sind vermutlich Gegner von geplanten Windkraftanlagen oder bereits betroffene Anwohner.

So machte es sich Müller zum Ziel, sich in wissenschaftlicher Weise mit dem strittigen Thema auseinanderzusetzen – zwei Jahre lang arbeitete er an seinem Buch. Ein großer Teil der Bevölkerung nehme nur den Hype um die Windkraftanlagen als Lieferanten erneuerbarer Energie wahr und stehe den Anlagen daher weitgehend positiv gegenüber, da sie auch keinen direkten Kontakt dazu haben, so Wolfgang Müller: "Es sind vor allem Menschen in ländlichen Regionen, die mit den negatigen Auswirkungen im eigenen Leben konfrontiert werden."

Im ersten Teil des Buchen werden die Erfahrungen einer vierköpfige Familie beschrieben, die in unmittelbarer Reichweite einer Windkraftanlage wohnt. Die Familie, deren Name anonymisiert wurde, hat ein Protokoll geführt über die Auswirklungen des Lärms auf ihr Leben. Wer einen Ausschnitt dieses Protokoll liest, dem wird mulmig zumute – die Familie lebt scheinbar in körperlichem und psychischem Dauerstress. Erlebnisberichte wie diese werden in einer Broschüre der LUBW hingegen fast ins Lächerliche gezogen – es handele sich um den sogenannten "Nocebo-Effekt" – eine negativen Erfahrung, die vor allem dadurch zustande kommt, dass der Geist diese erwartet. Also sozusagen das Gegenteil von Placebo-Effekt.

Im zweiten Teil des Buches erläutert Müller seine weiteren Recherchen zu dem Thema, er schrieb einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten, kritisierte die Studie der LUBW, in der die negativen Auswirkungen von tieffrequenten Geräusche und Infraschall durch Windenergieanlagen auf Menschen und die Umwelt seiner Meinung nach bewusst heruntergespielt werden – zugunsten der mächtigen Windenergielobby. Auch an das Bundesumweltministerium wendete er sich – die Antworten klingen weitgehend standardisiert.

Im dritten Teil des Buchs wird der Leser auf wissenschaftlicher Ebene über tieffrequenten Schall und Infraschall, die Messmethoden und Auswirkungen informiert. "Man kann den Infraschall nicht mit Straßenlärm vergleichen, der nachts abnimmt", gibt Müller zu bedenken: "Der Lärm der Windkraftanlagen hält die ganze Nacht an und gliedert sich in zwei Bereiche: das Brummen und der Infraschall, der für die Menschen nicht hörbar ist, aber auf den ganzen Organismus einwirkt." Wenn der Flügel einer Windkraftanlage am Mast vorbeigeht, entsteht ein Geräusch, ein Infraschallsignal – und das 24 Stunden am Tag. Die Türen zu schließen, hilft dabei wenig – man bräuchte etwa acht Meter dicke Wände, um sich vor dem Schall zu schützen. Müller befragte Ärzte, Biologen, Physiker – und trägt in seinem Buch gut verständlich Tatsachen darüber zusammen, wie der Infraschall auf den Organismus und die Organe, etwa auf das Gleichgewichtsorgan, wirkt.

Schließlich beschreibt Müller im letzten Abschnitt seines Buches weitere Forschungsvorhaben und stellt die Art, wie in der Politik über das Thema diskutiert wird, zur Diskussion. Wer sich eine Meinung über die Auswirkungen von Windenergieanlagen bilden möchte, ist mit diesem Buch gut bedient.

Wolfgang Müller (77) aus Rangendingen ist promovierter Biologe und Pädagoge. Nach einem Stipendium an der Northwestern University in Evanston/Chicago arbeitete er an den Universitäten in Regensburg und Tübingen. Aktuell arbeitet er in der Erwachsenenbildung und im Umweltschutz. In seinem Buch Krankmacher Windkraftanlagen? Auswirkungen des Infraschalls aus unsere Gesundheit befasst er sich mit den biologischen Auswirkungen des tieffrequenten Schalls und Infraschalls, der von Windenergieanlagen emittiert wird.