Der Bundestagsmandatsvorgänger Christian Jung (von rechts), der aktuelle FDP-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Hechingen-Tübingen, Julian Grünke, und der derzeit amtierende FDP-Wahlkreisabgeordnete Christopher Gohl haben sich von Daniel Idelmann, Chef der Hechinger FDP, die Zollernstadt zeigen lassen. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Wahlkreisbesuch: FDP-Bundestagsabgeordneter Christopher Gohl mit Gefolge vor Ort in Hechingen

Vorgänger, Amtsinhaber, Nachfolger – dazu die Berliner Büro-Belegschaft, die allesamt noch nie in Hechingen war und erst mal Schwäbisch lernen muss: Die Zusammensetzung der FDP-Delegation, die vergangene Woche die Zollernstadt besuchte, war schon ungewöhnlich.

Hechingen. Dreh- und Angelpunkt des Ganzen war Christopher Gohl, als Nachrücker seit Mai FDP-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Hechingen-Tübingen. Mit dabei war auch Christian Jung, für den er nachgerückt ist, weil Jung in den baden-württembergischen Landtag gewählt wurde.

Und ebenfalls mit im Boot war Julian Grünke, 25 Jahre alt, den man in Hechingen noch kennen lernen wird, weil er als FDP-Bundestagskandidat im Wahlkreis kandidiert. Sollte der FDP-Höhenflug von derzeit etwa 14 Prozent anhalten, würde er durch seinen Listenplatz tatsächlich ein Mandat erringen.

Ach ja, nicht zu vergessen, auch Leonore Merck war dabei. Sie war Büroleiterin von Christian Jung, der seinen Wahlkreis im Badischen bei Karlsruhe hatte. Den dortigen Dialekt hat die Berlinerin mittlerweile drauf. Nun wurde sie samt Büroteam von Christopher Gohl übernommen. "Ich war noch nie in Hechingen", sagte sie strahlend, und dass sie nun von badisch auf schwäbisch umschulen müsse. Den Hechinger Obertorplatz bestaunte sie. Die halb nackten Kinder, die da durch die Wasserspiele hüpften, wirkten nicht schwäbisch spießig. Deutschlands Süden – ein erstaunliches Rätsel.

Viel FDP-Personal also, das auf Rundtour durch Tübingen und Hechingen befand, sich auch im Hechinger Rathaus vorstellte, wo auch das CO2-neutrale Wohngebiet Killberg IV präsentiert wurde. Das große Energiespeicherbecken wollten alle in natura sehen, was dazu führte, dass sie mit dreckigen Schuhen und beeindruckten Minen auf dem Obertorplatz ankamen, um auch noch die heimische Presse kennen zu lernen.

Der amtierende FDP-Abgeordnete Christopher Gohl zeigte sich dort im Gespräch als ein zutiefst glücklicher Jungparlamentarier. Der Politikwissenschaftler ist eng mit der FDP verbandelt und hat am Grundsatzprogramm der Partei mitgearbeitet. Dass er nun den Bundestag mal ganz von Innen sehen darf, findet er toll. Bürgerbeteiligung will er voranbringen. Die FDP-Kollegen kennt er schon. Angela Merkel hat er bisher nur von Weitem gesehen, und seine erste Rede im Bundestag wurde von Spiegel und Deutschlandfunk zitiert. Nicht schlecht für den Anfang.

Von Berlin nach Stuttgart

Viel Zeit, als Abgeordneter zu wirken, hat er nicht, denn dem nächsten Bundestag wird er nicht angehören. Da ist ihm die Familie in Tübingen doch zu wichtig. "Ich habe mir die Kinder in den Terminkalender eintragen müssen, damit ich die Zeit habe, sie mal vor dem Schlafengehen anzurufen", sagt er.

Probleme, die Julian Grünke, 25-jähriger Tübinger Politik- und BWL-Student, nicht kennt. Er wurde vergangenes Jahr überraschend zum FDP-Kandidaten für den Wahlkreis Hechingen-Tübingen gewählt, steht weit oben auf der Liste, sieht Klimapolitik, Finanz und Schulden sowie das Rentensystem als zentrale Probleme und ist programmatisch gestählt aus Diskussionsrunden der Jungen Liberalen zutiefst überzeugt, dass sich alles so steuern lässt, dass wenig Verbote und Vorgaben nötig sind, dafür aber geschickt gesetzte Anreize. Wenn die aktuelle Zustimmung für die FDP bis zum Wahltag hält, wird es für ihn für ein Mandat reichen.

Christian Jung schaut leicht melancholisch auf den angehenden Jungparlamentarier. Er ist 43, und die Entscheidung, sich politisch von Berlin nach Stuttgart umzuschulen, begründet er mit familiären Gründen. Etwas Wehmut ist ihm anzumerken. In Berlin durfte er noch Verkehrsminister Andreas Scheuer im Maut-Untersuchungsausschuss "grillen", was ihm bundesweit Meriten eintrug. In Stuttgart ist er auch für Verkehrspolitik zuständig, aber auf Landesebene werden kleinere Brötchen gebacken. Und Verkehrsminister Winfried Hermann ist eine weniger leichtes Ziel als Andreas Scheuer.