"Es hat keine Schonzeit gegeben": Dorothea Bachmann im Gespräch. Foto: Rath

Rathauschefin über ihre ersten Monate im Amt, den Hochwasserschutz und ihre Visionen.

Hechingen - Bürgermeisterin zu sein, ist ihr Traumberuf. Das betont sie immer wieder. Jetzt ist Dorothea Bachmann 100 Tage in Hechingen im Amt, von ihrem anfänglichen Elan, ihrem Optimismus hat sie noch nichts verloren. Im Gespräch mit dieser Zeitung blickt die 46-jährige Rathauschefin auf ihre ersten Monate in neuer Umgebung zurück und zeigt auf, was sie mit der Stadt vor hat.

Frau Bachmann, seit 100 Tagen sind Sie Bürgermeisterin in Hechingen. Sind Sie angekommen im Amt?

Ja, die Zeit ist schnell vergangen. Mir kommt es so vor, als wäre ich schon länger da. Ich fühle mich in Hechingen sehr, sehr wohl. Ich glaube, das spüren die Menschen auch.

Wie fällt Ihre Einstiegsbilanz aus?

Ich bin intensiv in die Sacharbeit eingestiegen. Es klappt sehr gut. Die Arbeit ist abwechslungsreich und spannend. Noch immer habe ich viele Antrittsbesuche. Was die Aufgaben in der Stadt angeht, kann ich sagen: Das kriegen wir schon hin. Es geht jedoch nicht alles auf einmal.

Sie standen lange an der Spitze der 2500-Einwohner-Gemeinde Freudental, Hechingen ist wesentlich größer. Was ist der Unterschied?

An die Unterschiede muss ich mich noch gewöhnen. Hier in Hechingen sitze ich weniger am Schreibtisch als in Freudental, ich habe viel mehr Termine als bisher. Die Aufgabe in Hechingen ist spannender, es sind mehr Themen, mit denen ich mich auseinandersetzen darf. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass viele Aufgaben ähnlich und mir deshalb schon bekannt sind.

Hechingen passe zu Ihnen, haben Sie wiederholt gesagt. Woran machen Sie das fest?

Mit gefallen die Stadt, ihre Lage und die Landschaft unheimlich gut. Die Leute sind hier offen. Es passt einfach, die Chemie stimmt. Ich habe bereits vier Wahlkämpfe hinter mir, der in Hechingen war der schönste. Noch immer ist es so, dass die Bevölkerung auf mich zukommt, diesen kurzen Draht zum Bürger möchte ich behalten.

Sie haben bisher in Hechingen ein hohes Tempo vorgelegt. Lässt sich das auf Dauer halten?

Die Belastung war in den ersten drei Monaten dieses Jahres enorm, es ist eine Lawine an Antrittsbesuchen auf mich zugekommen. Die Zahl der Termine wird sich aber sicher normalisieren. Es muss aber auch weiterhin für die Bevölkerung möglich sein, trotz des vollen Kalenders bei mir einen Termin zu erhalten. Über die Ostertage habe ich mir eine Woche Urlaub genommen, um nach dem Umzug der ganzen Familie die ersten Kisten auszupacken. Das Familienleben ist aufgrund meines Berufes nicht immer leicht, aber wir schaffen es. Mein Mann nimmt mir im Alltag viel ab.

Mit dem Großbrand in der Schloßstraße ging ihre Amtszeit gleich heiß los.

Ich kann mir die Dinge nicht immer raussuchen. Es gab keine Schonzeit, das gehört zum Beruf dazu. Solche Sondersituationen wird es immer wieder geben. Auf der anderen Seite ist es aber auch so: Alles Negative hat auch etwas Positives. Der schwere Brand hat die Menschen zusammengeschweißt, es hat sich ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt.

Mit der Bewerbung ums Großgefängnis sowie dem offensiven Herangehen an das Thema Pumpspeicherkraftwerke haben Sie auch schon brisante Themen angepackt.

Mit diesen Themen müssen wir uns intensiv beschäftigen. Was die Pumpspeicherkraftwerke angeht, wird der Regionalverband die Bevölkerung am 8. Mai umfassend informieren. Es gibt Ängste, deshalb müssen wir Wissen vermitteln. Klar ist, dass wir gegen den Willen der Bevölkerung nichts machen werden. Was die Bewerbung für das Gefängnis betrifft, habe ich viele positive Rückmeldungen erhalten. In einem Leserbrief wurde mir unterstellt, ich hätte ein persönliches Interesse daran, weil Hechingen durch die Häftlinge zur Großen Kreisstadt würde und ich dann ein OB-Gehalt bekommen würde. Das ist falsch. Durch die Aufgabe mit der Verwaltungsgemeinschaft mit Jungingen und Rangendingen ist die Hechinger Bürgermeisterstelle bereits als OB-Posten dotiert. Außerdem geht es mir nur um die Interessen der Stadt. Ich mache mir Sorgen um den Justizstandort Hechingen. Fest steht, dass das Gefängnis hier dicht gemacht wird, wenn die große Haftanstalt irgendwo anders gebaut wird. Es ist wichtig, dass Hechingen in dieser Frage Flagge zeigt. Allerdings wurde mir gleich gesagt, dass die Chance, dass Hechingen das Großgefängnis bekommt, nicht so groß ist.

Im Wahlkampf waren die Schwimmbadsanierung, der Hochwasserschutz und die Innenstadtbelebung Ihre zentralen Themen. In welcher Reihenfolge wollen Sie vorgehen?

Der Schutz vor Hochwasser hat höchste Priorität. Weil das Gesamthochwasserkonzept 2010 im Zweckverband nicht zustande gekommen ist, müssen wir jetzt schnell eine Lösung finden, die für Hechingen allein die bestmögliche Sicherheit bietet und finanzierbar ist. Daran arbeite ich mit Hochdruck. Auch für das Schwimmbad lassen wir Planvarianten ausarbeiten, wie das Projekt in Eigenregie der Stadt betrieben werden kann. Die Vorgehensweise dabei ist: aufzeigen, abwägen, entscheiden. Ein schwieriges Thema ist die Innenstadtentwicklung. Ich bin froh, dass mein Amtsvorgänger Jürgen Weber das Projekt Kleinstadtleben aufgegriffen hat. Ich hoffe, dass dazu jetzt weitere Impulse kommen.

Sind Sie eigentlich für eine Fußgängerzone?

Ich bin nicht dafür, in der Oberstadt ganz streng eine Fußgängerzone auszuweisen. Dafür ist Hechingen vielleicht ein bisschen zu klein. Verbesserungen wären allerdings wünschenswert. Es gibt zu wenig Menschen und zu viele Autos. Diese Frage kann man allerdings nicht losgelöst betrachten, wir müssen ein Gesamtkonzept entwickeln. Die Innenstadt muss belebt werden. Es müssen Bereiche geschaffen werden, in denen sich auch Kinder und Erwachsene gerne aufhalten. Ich denke zum Beispiel an Spielgeräte vor dem Rathaus. Ich könnte mir mehr Attraktivität durch ein verbindendes Element – sei es Wasser, Licht oder Grün – vorstellen.

Stimmt die Chemie zwischen Ihnen und denn Rathausmitarbeitern einerseits, dem Gemeinderat andererseits?

Die Zusammenarbeit mit den Gemeinderäten klappt sehr gut. In vielen Themen bin ich noch nicht drin, doch ich wachse nach und nach rein. Auch in der Verwaltung herrscht eine gute Atmosphäre. Wichtig ist, dass man höflich miteinander umgeht und einen angemessenen Ton an den Tag legt.

Ihr Amtsvorgänger Jürgen Weber hatte das Ziel, Hechingen zur Gesundheitsstadt zu machen. Haben Sie auch eine große Vision?

Gesundheitsstadt Hechingen – dieses Ziel will ich weiter verfolgen. Außerdem kann ich mit Hechingen auch als Energiestadt gut vorstellen. Wichtig ist, dass die Bevölkerung stolz auf ihre Stadt ist, dass man zusammenhält und sie weiter verschönert.

Apropos Heimatgefühl: Singen Sie das Hohenzollernlied mittlerweile auswendig?

Die Melodie kann ich, mit dem Text hapert es aber noch ein bisschen. Ich habe bisher noch nicht die Muße gehabt, es genau zu lernen.