Fahrrad und Bus als Verkehrsmittel zur Fahrt in die Stadt fördern – dafür setzt sich die Bunte-Stadträtin Almut Petersen ein. Den Obertorplatz-Umbau sieht sie als guten Anlass für ein Umdenken in der Hechinger Verkehrspolitik. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Stadträtin Almut Petersen will Busnutzung in der Stadt verbessern / Obertorplatz als Anlass

Hechingen. Kann mehr Busfahren die Rettung sein, wenn durch den Obertorplatz-Umbau im Herbst über 100 Parkplätze in der Oberstadt wegfallen? Bunte-Stadträtin Almut Petersen hat im Gemeinderat diesen Vorschlag gemacht.

Frau Petersen, ist Busverkehr in Hechingen ein dringendes Thema?

Ganz sicher. Der Gemeinderat hat in der Vergangenheit ständig über Autoverkehr und Parkplätze diskutiert. Über den öffentlichen Verkehr gab es vermutlich zum letzten Mal vor rund 20 Jahren eine ernsthafte Debatte. Aus dieser Zeit stammt unser aktuelles Buskonzept.

Sie wollen Busverkehr kostenlos anbieten und auf Grundlage von Kundenbefragungen das Angebot verbessern.

Durch den Obertorplatz-Umbau müssen sich die Leute eh umorientieren, das ist der richtige Moment, den öffentlichen Verkehr als Alternative ins Spiel zu bringen. Mit Chauffeur unterwegs zu sein, ist nämlich eigentlich sehr komfortabel. Wir wollen mit kostenlosem Fahren, guter Information und optimierten Angeboten auf diese Möglichkeit aufmerksam machen. Vielleicht lassen sich sogar bisherige Autofahrer dann davon begeistern.

Die fordern eher mehr Parkplätze.

Ja, die öffentliche Debatte in Hechingen ist total geprägt von den Autofahrern. Aber nicht jeder hat ein Auto, nicht jeder darf oder kann Autofahren. Auch sie müssen einkaufen, zur Arbeit, zum Arzt oder zu ihren Freunden kommen. Darüber reden wir zu wenig. Außerdem machen die vielen Autos den öffentlichen Raum unattraktiv. Autoarme Städte sind lebenswerter, weil mehr Platz zum Leben bleibt, weil man sich mehr direkt begegnet und weniger hinter rollendem oder stehendem Blech. Fußgänger und Radfahrer sich durch Autoverkehr auch echt gefährdet. Ich sehe deswegen schon eine öffentliche Aufgabe darin, attraktive Alternativen zum Autofahren bereitzustellen.

Autofahrer sollen also umerzogen werden?

Angesichts des Klimaschutzes müssen wir in Zukunft schon manches anders machen. Das hat allerdings nichts mit Erziehung zu tun sondern damit, dass wir in die richtige Infrastruktur investieren und die Rahmenbedingungen anders setzen. Wir haben uns angewöhnt, dass wir kostenlose Parkplätze bereitstellen und für das Busticket zahlen. Es könnte doch auch andersrum sein.

Die Großbusse, die derzeit im Einsatz sind, können aber nicht ganz Hechingen abfahren.

Das stimmt. Hier im ländlichen Raum brauchen wir noch andere Lösungen. Sammeltaxis zum Buspreis könnten vielleicht zielgenauer und ökologischer den Bedarf abdecken

Klingt teuer für die Stadt

Das müsste man sehen. Fast leere Busse sind auch teuer und nutzen niemandem. Insgesamt denke ich, müsste es für den öffentlichen Verkehr eine Art Flat geben. In manchen Urlaubsorten gibt es das schon und dort lassen Leute das Auto stehen, die sonst alles mit dem Auto machen. Nur mit einer Flat kann der öffentliche Verkehr mit dem Auto mithalten, da ist es nämlich ähnlich. Beim Tankens stöhnt man zwar, aber bei der einzelnen Fahrt hat man das Gefühl, man führe umsonst.

Nun beginnen die Bauarbeiten am Obertorplatz wahrscheinlich im Herbst. Macht es Sinn, jetzt noch ein neues Buskonzept zu entwickeln.

Selbstverständlich. Für unseren Vorschlag mit den kostenlosen Bussen während der Bauphase ist es noch nicht zu spät. Wir Bunten hatten den Antrag übrigens zeitig während der Haushaltsdebatte gestellt. Aber zunächst ging es doch wieder nur um Parkplätze, Parkhausbau und solche Dinge. Über den ÖPNV hat man nichts mehr gehört, obwohl das auch zu einer Lösung des Problems gehören müsste. Ich bin gespannt. In der ersten Gemeinderatssitzung nach der Sommerpause im Oktober will die Verwaltung eine Drucksache zu diesem Thema präsentieren.

Entspannt sich die Lage, wenn der Obertorplatz fertiggestaltet ist?

Im Gegenteil. Es sollen dann ja mehr Leute in die Stadt kommen, vor allem aber haben die Busse in der neuen Straßenführung am Obertorplatz nicht mehr die Möglichkeit, länger zu warten, wie das bisher der Fall ist. Der ÖPNV muss also auf jeden Fall verändert werden und das können wir nutzen für echte Verbesserungen. Ein guter ÖPNV ist in vielen Städten übrigens etwas, auf das die Einwohner stolz sind, und was ein Gefühl der Freiheit vermittelt. Einfach ohne viel Planung den Nahverkehr nutzen können und ans Ziel kommen – jeder findet das toll.

 Die Fragen stellte Klaus Stopper.