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Vortrag über Austausch von Christen, Juden und Moslems. Ressentiments überwinden.

Was haben Christentum, Judentum und Islam gemeinsam? Wie wichtig sind Parallelen zwischen den drei Religionen für den Weltfrieden? Mit so großen Fragen hat sich der emeritierte Tübinger Theologieprofessor Karl-Josef Kuschel in seinem Vortrag befasst.

Hechingen. Die gutbesuchte Veranstaltung fand in der Alten Synagoge in Hechingen statt. Kuschel sprach unter anderem über sein neues Buch "Dass wir alle Kinder Abrahams sind".

Die Synagoge als "Ort des jüdischen Gedenkens und des jüdisch-christlichen Dialogs" sei sehr passend für einen derartigen Vortrag, erklärte Karl Herrmann Blickle, Vorsitzender des Stuttgarter Lehrhauses – Stiftung für interreligiösen Dialog. Das Lehrhaus und die Initiative Hechinger Synagoge hatten den Vortrag organisiert. Blickle erklärte weiter, dass der Vortrag aber auch dazu dienen solle, den jüdisch-christlichen Dialog zu einem jüdisch-christlich-muslimischen Trialog auszubauen.

Blickle begrüßte auch ausdrücklich, dass viele junge, muslimische Zuschauer dem Vortrag beiwohnten. Mit dem Statement, dass Muslime in den interreligiösen Dialog einzuschließen, ein effektiver Weg sei "importiertem Antisemitismus entgegenzuwirken", beendete Blickle seine Einführung.

Kuschel begann damit zu erzählen, wie gering die Bedeutung des Islams war, als er in den 70er Jahren studierte. "Damals war der Islam eher unwichtig, das änderte sich erst mit der Ölkrise" meinte er. Von da an sei der Umgang mit dem Islam eine theologische, politische und wirtschaftliche Herausforderung geworden. "Und das ist er bis heute", erklärte der Theologe.

Gemeinsamkeiten zwischen Religionen sind sehr groß

Laut Kuschel seien die Gemeinsamkeiten zwischen den abrahamitischen Religionen verbindender und wichtiger, als die Unterschiede. Dann kam Kuschel auf sein Buch "Dass wir alle Kinder Abrahams sind" zu sprechen. Die Rahmenfiktion des Werkes ist eine Begegnung des Bundeskanzlers Helmut Schmidt mit dem ägyptischen Staatschef Anwar as-Sadat Ende des Jahres 1977. Dort kam es zu einem ausführlichen Gespräch über den gemeinsamen Ursprung der abrahamitischen Religionen.

Sadat hatte in diesem Gespräch seine Hoffnung auf Frieden auch durch die starken Ähnlichkeiten von Judentum und Islam zum Ausdruck gebracht. Dieses Gespräch ist für Kuschel eine Sternstunde des interreligiösen Dialoges und die Aussagen Sadats damit auch besonders relevant für den Weltfrieden. Schmidt selbst hat diese Begegnung als sehr eindrücklich beschrieben. Sadat sei für Schmidt der Staatsmann gewesen, der ihn am meisten beeindruckt habe.

Kuschel brachte zum Ausdruck, dass auf der ganzen Welt noch Menschen durch Religion geprägt werden und die meisten Imame, Priester und Rabbiner bis heute die Gemeinsamkeiten zwischen den drei abrahamitischen Religionen verdrängen. Die Überwindung gegenseitiger Ressentiments könne den Weltfrieden entschieden vorantreiben.

Jeder soll religiöse Bewusstseinsarbeit leisten

Auf Nachfrage hin erklärte Kuschel auch, wie man einen effektiven interreligiösen Dialog herbeiführen könne. Dialog könne auf vielen Wegen stattfinden. Sowohl Staatschefs, als auch jeder Einzelne müsse "Bewusstseinsarbeit" leisten. Jeder könne sich offener mit dem Islam und seiner Ähnlichkeit zum Christentum vertraut machen.

Der Vortrag wurde musikalisch durch die thematisch passenden Stücke "Heal the World" und "Let it be" eingerahmt, gespielt von den Schülern Magnus Rieder (E-Gitarre) und Lukas Günther (Saxophon).