Eine Ausstellung mit Bildern, die das Thema "Flucht" über 70 Jahre hinweg dokumentieren, eröffnete die Hechinger Amnesty-Gruppe am Freitag im Rathaus. Foto: Maute Foto: Schwarzwälder-Bote

Vernissage: Amnesty-Gruppe Hechingen eröffnet Ausstellung in der Hechinger Rathausgalereie

Es sind nur vier Worte, doch sie stehen stellvertretend für Millionen Schicksale: "Menschen auf der Flucht" – so lautet der Titel der Ausstellung, die die Amnesty-Gruppe Hechingen am Freitag in der Rathausgalerie eröffnete.

Hechingen. Wie muss es sein, das eigene Zuhause verlassen zu müssen – auf der Flucht vor Krieg und Tod? Und wie gelingt es, den Alltag unter schwierigsten Bedingungen aufrecht zu erhalten? Den Blick schärfen für Menschen, die von Flucht und Vertreibung betroffen sind – das möchte, wie Bürgermeister-Stellvertreter Jürgen Fischer erklärte, auch die Ausstellung im Rathaus, die in Kooperation von Amnesty International und der Fotoagentur Magnum entstanden ist. Es sind berührende Fotografien, die das Thema "Flucht" über eine Zeitspanne von 70 Jahren dokumentieren. "Leider ist Ihre Arbeit nie überflüssig geworden, sondern im Gegenteil wichtiger denn je", wandte sich Fischer an die Hechinger Amnesty-Gruppe.

"Große Fluchtbewegungen sind nichts Neues", betonte die Hechinger Amnesty-Vorsitzende Françoise Schenkel mit Blick in die Geschichte. Kurz vor Weihnachten erinnerte sie dabei an Maria und Josef.

Aber auch jenseits dieses biblischen Beispiels ist das Thema eng mit der Geschichte verknüpft – so etwa im Fall der Vertreibung der Juden aus Spanien im 15. Jahrhundert und der Verfolgungen der Hugenotten in Frankreich, die ab 1685 in einer Fluchtwelle gipfelte. Neben religiösen und politischen Gründen nannte die Vorsitzende außerdem Hungersnöte wie etwa jene in Irland, die die Menschen im 19. Jahrhundert zur Auswanderung zwang. Der Bogen lässt sich bis in die heutige Zeit spannen, in der erschreckende Zahlen stehen. Ende 2016 waren es über 65 Millionen Menschen, die gezwungen waren, ihr Zuhause zu verlassen. 22 Millionen flohen aus ihren Heimatländern.

Warum sind derzeit so viele Menschen auf der Flucht, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr? Die Ursachen sind oftmals bewaffnete Konflikte in Ländern wie Syrien, dem Irak, Nigeria oder im Südsudan. Doch die Flüchtlingskrise sei auch eine "Krise der Verantwortung und der Solidarität." "Die sechs wirtschaftlich stärksten Länder nehmen zusammen nicht einmal 15 Prozent der Flüchtlinge weltweit auf", verdeutlichte Françoise Schenkel. Längerfristige Lösungen könnten nur gefunden werden, wenn die Ursachen der Vertreibungen bekämpft werden.

Ein Stück Normalität in ein von Flucht und Vertreibung geprägtes Leben zu integrieren – fast unvorstellbar. Und doch zeigen die 30 Bildtafeln auf "herzerwärmende, aber gleichzeitig herzzerreißende Weise" den Versuch, den Alltag hinter Mauern und Zäunen zu leben.

Noch immer in der Türkei inhaftiert ist Amnesty-Vorstand Taner Kiliç, für dessen Freilassung sich, wie Kerstin Gotthardt erklärte, der Briefmarathon einsetzt. Für die gefühlvolle musikalische Umrahmung der Vernissage sorgten Carlotta Koch (Geige) und Jasmin Friederich (Klarinette) vom Gymnasium Haigerloch.  Die Ausstellung in der Rathausgalerie ist bis Freitag, 12. Januar, während der Rathaus-Öffnungszeiten (montags bis freitags 8.30 bis 12.30 Uhr und donnerstags 14 bis 18 Uhr) zu sehen.