Zeit für künstlerische Begegnungen: Zum Auftakt der Sommer-Reihe "Solitaire im Weißen Häusle" waren Arbeiten von Sabine Wilhelm-Stötzer (Zweite von rechts) zu sehen. Foto: Maute Foto: Schwarzwälder Bote

Kunstverein: Den Auftakt der Ausstellungs-Reihe machte Sabine Wilhelm-Stötzer

Hechingen. Von Natur und Wandel: Den Auftakt zur Sommer-Reihe des Hechinger Kunstvereins machte vergangene Woche Sabine Wilhelm-Stötzer. In der Begegnung mit ihren Werken offenbart sich Natur als Wirkungsfeld kultureller Existenz und Identität.

 

Es ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Kunst, sie einzufangen: Jene luftige Leichtigkeit, die man gemeinhin mit Sommer assoziiert. Im Weißen Häusle zeigte sie sich in zartem Gewand. Weich, fast schwerelos ergossen sich Papierfahnen von der hohen Decke des Gebäudes, schienen förmlich im Raum zu schweben. Mit jedem Luftzug entstand eine neue Ordnung. So wie auch die Natur einem stetem Wandel unterliegt.

In der Arbeit aus den 1990er Jahren, die 1998 auch im Schloss Salem zu sehen war, bildet feines, fast transparentes Skizzenpapier die Hülle für in Blattgold gefasste Schoten des Goldregens. Konserviertes Naturmaterial, fragil und bewahrenswert.

Ganz links im Raum, in dem selbst an diesem Sommertag eine angenehme Temperatur herrschte: Eine Studie, die in Wilhelm-Stötzers Zeit an der Düsseldorfer Kunstakademie entstanden ist. Es ist ein in Tusche gearbeitetes Naturstück, das mit der dezenten Eleganz des in die weitläufige Parkanlage eingebetteten Gebäudes korrespondiert.

Die künstlerische Freiheit, die die Akademie ihren Studenten ermöglichte, bot Raum zum Experimentieren. Zur Entwicklung eines eigenen Stils. Dass diese jedoch nie abgeschlossen, sondern im Gegenteil ein fortlaufender, dynamischer Prozess ist, führten die Werke im Weißen Häusle eindrucksvoll vor Augen.

Ganz bewusst hat Wilhelm-Stötzer für die kleine Ausstellung Arbeiten aus unterschiedlichen Zeitabschnitten gewählt, die eben jene Entwicklung verdeutlichen. Ein aktuelles Werk aus Blattstielen zeigt, ebenso wie die speziell für die Sommer-Reihe entstandenen dreidimensionalen Objekte, mit denen die Künstlerin die Eingangsnischen belegt hat, wie immer wieder neue Ideen entstehen, sich das eine zum anderen fügt.

Was es dazu bedarf, ist ein Blick auf Dinge, an denen viele achtlos vorbeigehen. So sei sie, als sie die Blattstängel eines Geweihbaumes erblickte, "von der Sammelleidenschaft erfasst worden", bemüht die Künstlerin ein Beispiel. Was daraus entstehen würde, konnte sie zum damaligen Zeitpunkt noch nicht sagen. Die Antwort gab es am Wochenende im Weißen Häusle.

Was – jenseits des Schaffens und Gestaltens – nicht weniger eine Kunst ist, ist die Auswahl der Exponate. Denn bei der Sommer-Reihe wird auf "Reduktion" gesetzt. "Genau das ist für mich das Spannende – nach welchen Kriterien reduziert wird", ließ denn auch ein Besucher wissen.

"Man wählt bewusster aus", erklärte Wilhelm-Stötzer, die davon ausgehend einen Bogen zur aktuellen Situation spannte. "Corona hat alles reduziert. Es macht auch sichtbar, wo in der Gesellschaft die Schwächen liegen." Doch gerade das sei die Tugend des Künstlers: Schwäche in Stärke zu verwandeln. Letzteres ist dem Kunstverein mit seiner Aktion gelungen. Das Anliegen, nach langer Pause Präsenz zu zeigen, stieß auf viel positive Resonanz. "Es ist sehr spannend, wie jeder Künstler den Raum nutzen und seine persönliche Vorstellung verwirklichen wird", blickt Wilhelm-Stötzer mit Vorfreude auf die Wochenenden.