"Amoklauf" – dieses Wort bringt jetzt einen 21 Jahre alten Müllwerker hinter Gitter.

Hechingen - "Amoklauf" – dieses Wort bringt jetzt einen 21 Jahre alten Müllwerker hinter Gitter. Zunächst für einen Monat, möglicherweise sogar für zwei Jahre.

Der Grund für diesen Spielraum im Strafmaß: Der junge Mann steht unter Bewährung, die nun möglicherweise aufgehoben wird. Darüber muss ein Richter aber noch entscheiden. Ein unbeschriebenes Blatt ist der Angeklagte nicht, wie das Paket von Akten bewies, das Amtsrichterin Andrea Keller vor sich aufgehäuft hatte. Immer wieder war der junge Mann straffällig geworden. Im vorangegangenen Verfahren hatten sich die Richter nur mit Mühe dazu durchringen können, die Strafe zur Bewährung auszusetzen.

Immerhin war der Mann damals für schuldig befunden worden, mit einer Schreckschusspistole einem Pizzaboten Geld abgepresst zu haben. Nach diesem Urteil entwickelten sich die Dinge zunächst günstig. Der 21-Jährige fand einen Job als Müllwerker und mietete eine Wohnung. Eine neue Anklage stellt aber alles wieder in Frage.

Er sei unschuldig

Aus Sicht des Angeklagten waren die Anschuldigungen haltlos, die der Staatsanwalt damals erhob. Er sei unschuldig, erklärte er seinem Bewährungshelfer, redete sich dann völlig in Rage und kündigte an, er werde die Zeugen, die ihn belasten, vorab selber zur Rede stellen, notfalls mit Hilfe von Freunden aus seiner alten Heimat. Sollte man ihn aber verurteilen, werde er Amok laufen. Er werde in die Hechinger Polizeiwache stürmen, dort "reinen Tisch machen" und noch "ein paar von denen mitnehmen".

Der Bewährungshelfer meldete dies dem zuständigen Richter. Dazu sei er verpflichtet gewesen, erklärte er in der Verhandlung. Der Angeklagte sah dies anders. Zum einen, so behauptete er, habe er das Wort "Amoklauf" nie benutzt, zum anderen seien die Worte nur so dahingesagt gewesen. Dass sie gemeldet würden, damit habe er nicht gerechnet.

Die Vorsitzende Richterin hatte keine Zweifel an der Aussage des Bewährungshelfers. Der Angeklagte kenne die Spielregeln der Bewährungshilfe, meinte sie. Er habe davon ausgehen müssen, dass die Drohung "ankommt".

Der Staatsanwalt forderte zwei Monate Haft, der Verteidiger Freispruch. Letztendlich wurde wegen Vortäuschens einer Straftat ein Monat Gefängnis verhängt. Für eine weitere Bewährung sah das Gericht angesichts der Vergangenheit des Angeklagten keinen Spielraum mehr. Ob wegen dieses Urteils auch die bestehende Bewährungsstrafe widerrufen wird, das entscheidet das Gericht, das diese Straftat verhandelt hat.