Vor dem Amtsgericht Hechingen hat sich ein früherer Reichsbürger verantworten müssen. Foto: Archiv

Falscher Aussagen und Anschuldigungen für Freund. Richter appelliert: "Bleiben Sie der Szene künftig fern".

Hechingen/Albstadt - In der Berufungsverhandlung gegen einen Freund, welcher der Reichsbürgerszene angehört, hat ein früherer Albstädter nach Auffassung des Amtsgerichts Hechingen vorsätzlich falsch ausgesagt. Er ist nun zu siebeneinhalb Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 45-Jährigen vor, in der Gerichtsverhandlung gegen einen Kumpan aus der Reichsbürgerszene als Zeuge die Unwahrheit gesagt zu haben. Zudem soll er falsche Anschuldigungen gegenüber Polizisten gemacht haben.

Dem Angeklagten des früheren Prozesses im Dezember 2016 war vorgeworfen worden, den Vermieter des damaligen Zeugen verfolgt, geschlagen und über einen Jägerzaun geworfen zu haben. Der Zeuge, der nun wegen Falschaussage angeklagt war, hatte vor Gericht bestritten, dass sein Freund den Geschädigten über den Zaun geworfen habe, vielmehr sei er selbst darüber gesprungen.

Das war offensichtlich unwahr, denn der angeklagte Freund hatte die Tat bereits zuvor eingeräumt. Ebenfalls zugegeben hatte er, bei einem Besuch auf dem Polizeirevier in Truchtelfingen die Beamten als Nazis beschimpft zu haben. Dagegen wollte der Zeuge, der sich nun vor Gericht verantworten musste, auch dies nicht gehört haben.

Die Zeugenaussagen, die am Verhandlungstag am Donnerstag, dem zweiten und letzten, gemacht wurden, deckten sich weitestgehend mit denen vom ersten Verhandlungstag. Gehört wurden der Richter, der 2016 die Berufungsverhandlung geleitet hatte, sowie der Anwalt, der seinerzeit den angeklagten Reichsbürger verteidigt hatte, und es ging um Nuancen. Hatte der damalige Zeuge und jetzige Angeklagte nur ausgesagt, er habe nicht gesehen, wie sein Freund sein Opfer über den Zaun warf – oder war er noch weiter gegangen und hatte versichert, dass dieser die Tat nicht begangen habe? Und weiter: Hatte der damalige Zeuge geleugnet, dass sein Freund die Polizisten als Nazis beschimpft habe – oder lediglich, dass er nichts mitbekommen habe? Eigentlich nicht vorstellbar, denn der Raum war nicht groß gewesen und die Aussage des Kumpans laut und deutlich vernehmbar. Dennoch, fand zumindest der Verteidiger, blieben Unklarheiten.

Und noch ein dritter Vorwurf stand im Raum: Im Dezember 2017 hatten der Angeklagte und seine Frau in Albstadt Besuch von der Göppinger Bereitschaftspolizei bekommen, welche die Frau in Beugehaft nehmen wollte. Eine Tage später soll sich der Angeklagte telefonisch in Göppingen gemeldet und beschwert haben: Die Polizisten hätten seiner Frau bei der Festnahme einen Toilettengang verwehrt, Geld aus ihrer Börse entwendet und ihm keine Möglichkeit eingeräumt, einen Anwalt zu kontaktieren. Auch hier wollte das Gericht es genau wissen: Hatte der Angeklagte wirklich diese Anschuldigungen erhoben, oder war er missverstanden worden? Und falls ja, war an den Vorwürfen etwas dran oder, wie die angeschuldigten Beamten versicherten, alles mit rechten Dingen zugegangen? Der Verteidiger fand, das sich auch hier die Fakten nicht eindeutig klären ließen.

Weshalb er, nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" Freispruch beantragte. Anders sah es der Vertreter der Staatsanwaltschaft: Er hielt die vorsätzliche Falschaussage, die Tatvereitelung und die falsche Anschuldigung für erwiesen und beantragte eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten und zwei Wochen. Dass er bereit war, die Haftstrafe zur Bewährung auszusetzen, obwohl der Angeklagte schon einmal eingesessen hatte, begründete er so: Der Angeklagte habe sich, seit er wieder auf freiem Fuß sei, aufgerappelt. Er sei nach langer Zeit wieder in Lohn und Brot und im Besitz eines Führerscheins. Vor allem aber habe er den Kontakt zu seinem früheren Freund aus der Reichsbürgerszene abgebrochen und fühle sich dieser nicht mehr zugehörig. Der Richter folgte dieser Argumentation: siebeneinhalb Monate Haft auf Bewährung sowie eine Geldbuße von 600 Euro, die der Angeklagte an die Polizeistiftung Baden-Württemberg zahlen muss – verbunden mit der dringenden Empfehlung, der Reichsbürgerszene auch weiterhin fern zu bleiben.