Sehr viel Licht am Ende des Tunnels: 40 Millionen Euro extra, mit denen niemand gerechnet hatte, sind als Gewerbesteuer in die Stadtkasse geflossen. Diese fast unglaubliche Nachricht wurde gestern im Gemeinderat bekannt gegeben. Hechingen ist für die nächste Zeit alle Geldsorgen los. Foto: Stopper

Unerwartete Gewerbesteuereinnahmen stellen Hechingen auf neue finanzielle Grundlage. Teilrückzahlungen möglich.

Hechingen - Da bleibt nur ungläubiges Staunen: 40 Millionen Euro – um diese fast unfassbar hohe Summe übersteigen die Hechinger Gewerbesteuereinnahmen den im Haushaltsplan für 2015 erwarteten Betrag. Mit 9,8 Millionen war geplant worden.

Das Geld stammt aus einer "geänderten Veranlagung beziehungsweise Zerlegung des Gewerbeertrages bei einem örtlichen Unternehmen", erklärt die Stadtverwaltung in der Beratungsunterlage, die dem Gemeinderat gestern vorgelegt wurde. Dass dieses Unternehmen eine sehr große Medizintechnikfirma ist, darf angenommen werden, auch wenn dies offiziell niemand bestätigt.

Ein kleines Fragezeichen wird auch noch hinter die Höhe des Geldsegens gesetzt. Ein "bilaterales Steuererklärungsverfahren" sei noch im Gange, Teilrückzahlungen seien dadurch möglich.

Und die 40 Millionen kann Hechingen mittelfristig auch nicht in voller Höhe behalten. Durch das Finanzausgleichssystem muss die Stadt in zwei Jahren deutlich mehr Abgaben zahlen und erhält weniger Zuschüsse. Zudem warnt der Erste Beigeordnete Philipp Hahn: "Es kann durchaus auch einmal sein, dass wir an diese Firma in Zukunft Millionen Euro Steuerrückzahlungen leisten müssen". Er versprach deshalb: "Wir drehen in der Stadtkasse auch künftig den Euro zweimal um". Deshalb Vorschlag der Verwaltung: Das Geld nicht mit vollen Händen ausgeben. Stattdessen Schulden zurückzahlen, Rücklagen bilden. Trotzdem können die Hechinger Großprojekte in den nächsten Jahren ohne Schulden bezahlt werden. Ein echter Hammer.

So sehen das auch die Gemeinderäte, die wohl schon seit Januar von dem Geldsegen wussten ohne das auszuplaudern. Aber die Öffentlichkeit, unsere Zeitung mit eingeschlossen, die sich in der Vergangenheit mehrfach gewundert hat, dass etwa bei Mensa oder Hallen-Freibad die etwas teurere Lösung ohne große Finanzdiskussion angesteuert wurde, hat nun wohl die Erklärung.

"Heute ist ein schöner Tag", kommentierte Freie-Wähler-Sprecher Werner Beck, eine "neue Zeitrechnung in Hechingen" sah CDU-Sprecher Andreas Ermantraut heraufziehen, die bisherige Ausgabenpolitik "verantwortungsvoll wie bisher" fortzuführen, das mahnte SPD-Sprecher Jürgen Fischer an und den Vorschlag, das Geld auch in energiesparende Maßnahmen zu investieren, die langfristig Kosten senken, machte Bunten-Sprecherin Almut Petersen. Zusammengefasst: Alle freuen sich riesig und haben sich vorgenommen, jetzt nicht plötzlich die Spendierhosen anzuziehen und Prestigeobjekte anzusteuern, deren Unterhalt man sich später nicht mehr wird leisten können.

Mit ihrer Einwilligung in den Verwaltungsvorschlag drückten sie das deutlich aus. Beschlossen wurde einstimmig, dass wegen der unverhofft eintreffenden Steuer-Millionen zum einen ein von der Stadt geplanter Kredit in Höhe von 2,5 Millionen Euro gar nicht erst aufgenommen wird. Ein Darlehen in Höhe von etwas über 1,5 Millionen Euro wird vorzeitig zurückgezahlt. Und die Rücklagen, die dieses Jahr eigentlich um 2,5 Millionen Euro geschröpft werden sollten, werden nun um 24 Millionen Euro aufgepolstert.