Stuttgart - Stephen Hawking wird seine eigene Prophezeiung nicht mehr erleben. Mit 74 Jahren ist der weltberühmte Astrophysiker längst im Rentenalter. Aber der Brite, der an amyotropher Lateralsklerose (ALS , einer degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems) leidet, hat ein Herz für seine Mitmenschen. Und er hat eine Menge Ahnung von dem, was er sagt. Hawking hat bedeutende Arbeiten zur Kosmologie, Allgemeinen Relativitätstheorie und der Physik der Schwarzen Löcher geschrieben. Von 1979 bis 2009 hatte er den renommierten Lucasischen Lehrstuhls für Mathematik an der Universität Cambridge inne. Jenen Lehrstuhl, auf dem schon Isaac Newton, der Vater des Gravitationsgesetzes, von 1669 bis 1701 saß.

Wird sich die Menschheit selbst zugrunderichten?

Was ist die größte Gefahr für die Menschheit? Stephen Hawking glaubt: Sie selbst. Eindringlich warnt er seine irdischen Mitbewohner vor einem selbst verschuldeten Untergang. Ein Atomkrieg, die Erderwärmung, durch Gentechnik erzeugte Viren und Entwicklungen in Wissenschaft und Technologie gehörten zu den existenziellen Gefahren, sagt Hawking in einer BBC-Vortragsreihe, deren erster Teil am 26. Januar ausgestrahlt wird. Es ist nicht das erste Mal, dass der Astrophysiker mahnt - und zugleich einen Ausweg aufzeigt.

Das Risiko einer Katastrophe auf der Erde in einem bestimmten Jahr sei zwar gering, aber für die nächsten 1000 oder 10 000 Jahre „beinahe Gewissheit“, sagt Hawking. Seine Botschaft: „Bis dahin sollten wir uns ins All ausgebreitet haben und zu anderen Sternen, so dass ein Desaster auf der Erde nicht das Ende der Menschheit bedeuten würde.“ Da man in den kommenden 100 Jahren aber noch nicht so weit sein werde, müssten die Erdbewohner in dieser Zeit „sehr vorsichtig“ sein.

Der Mensch plündert den Planeten solange, bis er selbst verhungert

Neu erfunden hat Homo sapiens die Ausbeutung von Ressourcen oder die massive Umgestaltung der Umwelt bis zum Zusammenbruch ganzer Populationen nicht. „Da gibt es jede Menge Beispiele aus der Biologie“, sagt Lutz Becks vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön. Das klassischste sei wohl das von Luchs und Hase: Die Räuber dezimieren ihre Beute so lange, bis sie selbst verhungern - und damit in einem ewigen Kreislauf den Hasen wieder Auftrieb verschaffen. „30 Prozent der Räuber-Beute-Konstellationen haben solche Zyklen.“

Phase 3: Besiedlung des Mondes

Am 20. Juli 1969 um 20.17.58 Uhr betrat der erste Mensch den Mond. „Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed!“ – „Houston, hier ist der Stützpunkt Tranquility Base. Der Adler ist gelandet!“, sagte Neil Armstrong, einer von drei Astronauten der Apollo-11-Mission. Eugene Cernan und Harrison Schmitt von Apollo 17 waren die bisher letzten Menschen, die am 11. Dezember 1972 auf dem Erdtrabanten Station machten.

Biologen warnten schon lange, dass die Menschheit ihren eigenen Untergang herbeiführen könnte. Jeder denke vor allem an sich, vielleicht noch an die Zukunft der Kinder und allerhöchstens noch an die der Enkel. „Wir sind darauf programmiert, an unsere individuellen Interessen zu denken - und nicht an die Zukunft der Menschheit“, erklärt Junker. „So etwas wie einen Arterhaltungstrieb gibt es nicht.“

Anthropozän – das Erdzeitalter des Menschen

Den Einfluss des Menschen auf seine Umwelt schätzen manche Forscher als so gewaltig ein, dass sie ein eigenes erdgeschichtliches Menschen-Zeitalter ausrufen wollen. Abgeleitet vom griechischen Wort „ánthropos“ für Mensch prägte der Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen den Begriff Anthropozän. Offiziell ist die Bezeichnung - noch - nicht.

Auch vor den Gefahren künstlicher Intelligenz hat Stephen Hawkings bereits mehrmals gewarnt. Vom Menschen geschaffene Maschinen könnten eines Tages klüger werden als ihre Schöpfer - und eine Gefahr für den Fortbestand der Menschheit darstellen.

Die Ironie dabei: Mit seinen Forschungen auf dem Gebiet der Astrophysik, etwa zu Schwarzen Löchern, hat Hawking einen gewaltigen Beitrag zum wissenschaftlichen Fortschritt geleistet. Zudem wäre er ohne modernste Medizin und Technik wohl nicht mehr am Leben - jedenfalls nicht in der Lage, Vorträge zu halten. Die Nervenkrankheit ALS hat ihn fast komplett gelähmt. Er verständigt sich über einen Sprachcomputer, den er mit den Augen steuert. „Ich bin ein Optimist“, versichert er seinen Zuhörern. Er glaube, dass die Menschheit die Gefahren erkennen und in den Griff kriegen könne.

Wie die Weltraumkolonisierung ablaufen könnte

Phase 1: Die Vision

Die Erde ist der einzige bewohnbare Planet in unserem Sonnensystem. Sollte Stephen Hawking mit seiner Prophetie Recht behalten, müssten lebensfeindliche Welten wie der Mars, die Venus, der Merkur oder die Jupiter-Monde kolonialisiert werden. „Terraforming“ nennt man dies: Habitate – künstliche Welten –, in denen der Mensch im All überleben könnte, müssten konstruiert, gebaut und zu einem Planeten geschickt werden, um dort humanoide Kolonien zu gründen.

Eine unrealistische Vision? Science Fiction? Was heute noch ein Traum ist, könnte in der Zukunft Wirklichkeit werden. Wenn tatsächlich das Überleben der gesamten menschlichen Species auf dem Spiel steht, bliebe nur der Ausweg eines extraterrestrischen Exodus.

Phase 2: Stationen im Orbit

Bevor der Mensch zu den Sternen greift, muss er sich um seine unmittelbare Nachbarschaft kümmern – den Erdorbit. Der Aufbau von orbitalen Stationen in der Umlaufbahn der Erde ist der erste Schritt, um dauerhaft den Blauen Planeten zu verlassen. Solche Raumstationen gibt es bereits: die internationale Raumstation ISS und Chinas Pendant Tiangong.

Phase 3: Besiedlung des Mondes

Am 20. Juli 1969 um 20.17.58 Uhr betrat der erste Mensch den Mond. „Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed!“ – „Houston, hier ist der Stützpunkt Tranquility Base. Der Adler ist gelandet!“, sagte Neil Armstrong, einer von drei Astronauten der Apollo-11-Mission. Eugene Cernan und Harrison Schmitt von Apollo 17 waren die bisher letzten Menschen, die am 11. Dezember 1972 auf dem Erdtrabanten Station machten.

Bevor die Menschheit in die Tiefen des Alls vorstößt, muss der Mond mit Hilfe künstlicher Habitate bewohnbar gemacht werden. Diese Lebenswelten müssen Schutz vor Strahlung, UV-Licht und Temperaturextremen bieten, für eine Dauerbesiedlung müsste allerdings eine künstliche Gravitation und Atmosphäre erzeugt werden.

Phase 4: Planetare Stationen

Von den sieben Planeten unseres Sonnensystems kommen nur die drei erdähnlichen Himmelskörper Venus, Merkur und Mars mit seinen Monden Phobos und Deimos für eine dauerhafte Besiedlung in Betracht. Der amerikanische Science-Fiction-Film „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ (2015) thematisiert die Kolonisation des Nachbarplaneten. Eine Reise zum Roten Planeten würde mehrere Monate dauern. Neben Weltraum-tauglichen Behausungen müsste ein leistungsfähiges Raumschiff konstruiert werden, dass seine Besatzung sicher zum Mars und zurück bringt.

Auf dem Mars gelandet müsste man eine kleine Kolonie errichtet werden, wie sie bereits für das Projekt „Mars One“ geplant ist. „2024 würde die erste Crew ausgewählt aus den sechs Teams von der Welt mit einer Rakete hochfliegen. Und alle zwei Jahre wird dann ein neues Vierer-Team hochgeschickt werden“, sagt der Darmstädter Elektrotechnik-Student Robert P. Schröder. Der 27-Jährige ist einer von zwei Deutschen, die zu den 100 potenziellen Mars-Astronauten gehören.

Eine zweite Variante ist die Entwicklung von Raumstationen, die im Orbit von Planeten kreisen würden. Eines der bekanntesten Modelle ist der Stanford-Torus, eine sich drehende, ringförmige Raumstation für 10 000 bis 140 000 Bewohner, die 1975 von der US-Weltraumbehörde NASA 1975 vorgestellt wurde. Mittels künstlicher Schwerkraft und der Sonnenenergie könnte ein erdähnlicher Lebensraum erzeugt werden.

Planetare Habitate auf dem Merkur, der Venus oder den Jupitermonden Europa, Ganymed und Kallisto sind theoretisch ebenfalls denkbar. Ganymed beispielsweise hat einen Durchmesser von 5262 Kilometern (Erde: 12 742 Kilometer), verfügt über Wassereis und ein eigenes Magnetfeld mit einer Gravitation, die allerdings geringer ist als die der Erde.

Phase 5: Extrasolare Kolonien

Bemannte Exkursionen außerhalb unseres Sonnensystem sind nach heutigem Wissensstand ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Gegen die interstellare und intergalaktische Raumfahrt wäre eine Reise zum Mars ein Kindergartenausflug. Die Entfernungen sind unvorstellbar: Bis zum nächstgelegenen Stern „Alpha Centauri“ sind es 4,3 Lichtjahre, was 41 Billionen Kilometern entspricht. Die Andromeda-Galaxie, die Nachbar-Galaxie der Milchstraße liegt 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt. Nur ein Raumschiff, dass sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, könnte diese Strecke schaffen.

Welche Technologien wären notwendig?

Kälteschlaf und Hyper-Antrieb

Allerdings sind die hierfür notwendigen Technologien nicht einmal im Ansatz abschätzbar. In Science-Fiction-Filmen verbringt die Crew die meiste Zeit im Kälteschlaf (Kryonik). Da diese Methode in der Realität nicht funktioniert, müssten die Raumfahrer über die gesamte Reisezeit mit Nahrung, Sauerstoff und Flüssigkeit versorgt werden, was enorme Ressourcen in Anspruch nimmt.

Ein weiteres Problem: der Antrieb. Nur ein Raumschiff, das durch einen Kernfusions- oder Antimaterie-Reaktor angetrieben würde, wäre in der Lage solche interplanetarischen Reisen zu unternehmen. Wie gesagt: rein theoretisch.

Ist Lichtgeschwindigkeit möglich?

Von Alpha Centauri braucht das Licht vier Jahre, um zur Erde zu gelangen. „Wenn die Lichtgeschwindigkeit von knapp 300 000 Kilometer pro Sekunde die größte Geschwindigkeit ist, die im Universum erreichbar ist, dann wäre man offenbar mindestens vier Jahre unterwegs“, sagt Metin Tolan, Professor für Experimentelle Physik an der TU Dortmund. „Dem ist aber nicht so. Wenn man sich nämlich mit 99,9999 Prozent der Lichtgeschwindigkeit bewegen könnte, würden auf dieser Reise nur drei Tage vergehen. Tatsächlich würde die Zeit also viel langsamer verlaufen.“

Zum Vergleich: Astronauten, die auf der Internationalen Raumstation ISS um die Erde fliegen, bewegen sich mit 28 000 Kilometern pro Stunde. Die 110 Meter hohe Saturn V Rakete (Einsatzzeit 1967-1973), eine der leistungsstärksten Trägersysteme der Raumfahrt, erreichte mit ihrem Treibstoffgemisch aus Sauerstoff und Wasserstoff eine maximale Geschwindigkeit von 38 900 Kilometern pro Stunde. Die Landekapsel von Apollo 10 erreichte beim Wiedereintritt am 26. Mai 1969 eine Geschwindigkeit von 39 897 Kilometern pro Stunde – die höchste Geschwindigkeit, die von Menschen je erreicht wurde.

Generationen-Raumschiffe

Aufgrund der langen Flugzeit müssten interstellare Raumschiffe so konstruiert werden, dass sie mehreren Generationen Raumfahrern eine Heimat bieten. Während die erste Generation von der Erde losfliegt, wird die nächste Generation auf dem Raumschiff geboren. Der Schweizer Bestsellerautor und Futurologe Erich von Däniken glaubt, dass Außerirdische auf diese Weise durch das Universum reisen.

Odyssee ins Weltall

„Was heute als Science-Fiction-Roman begonnen wird, wird morgen als Reportage beendet.“ Dieses Zitat stammt von dem britischen Physiker und Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke (1917-2008). Er schrieb eine Kurzgeschichte, die Stanley Kubrick als Vorlage für sein cineastisches Meisterwerk „2001: Odyssee im Weltraum“ diente. Werden Clarke, Hawking und all die anderen Visionäre Recht behalten? Wird der Mensch nach den Sternen greifen? Oder wird er sich auf seinem Heimatplaneten selbst zugrunderichten?

Wie sagt der Zauberer Gandalf im ersten Teil der Hobbit-Filmtrilogie „Eine unerwartete Reise“ (2012) über den Titelhelden Bilbo Beutlin: „In ihm steckt mehr, als ihr erraten könnt, und noch einiges mehr, als er selber ahnt.“ Dieser Satz gilt nicht nur für Hobbits, sondern auch für Menschen. Angesichts ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten darf man darauf vertrauen, dass die Zukunft nicht unweigerlich in die Katastrophe führt und die Menschheitsgeschichte weitergeht – auf der Erde oder sonst wo im Universum.