Quo vadis, Sulz? Die nächsten Jahre dürften nicht einfach werden für die Stadt, befürchten einige Stadträte. Foto: Schnekenburger

Immer noch im Würgegriff der Pandemie befindet sich auch die Stadt Sulz. Auch wenn man finanziell offenbar mit einem blauen Auge davongekommen ist, so blickt mancher sorgenvoll auf die kommenden Jahre.

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Sulz - Das zweite Pandemiejahr neigt sich dem Ende zu, eine Entspannung ist jedoch nicht in Sicht. Auch in den Haushaltsreden der Fraktionen, die nach dem plötzlichen Tod des Stadtrates Gregor Plocher am Wochenende in der Gemeinderatssitzung nicht verlesen wurden, spielt Corona eine große Rolle.

Zu ihrem eigenen Schutz

"Die Bevölkerung ist aufgewühlt, verzagt oder verängstigt und vor allem verärgert über die vermeintlichen Beschränkungen der Grundrechte", schreibt Cornelia Bitzer-Hildebrandt von den Freien Wählern in ihrer Rede. Leider würden viele Menschen nicht begreifen, dass die Maßnahmen zu ihrem eigenen Schutz seien und der Staat durch Zuschüsse vor dem totalen Ruin geschützt werde. In Sulz könne man dank der Zuwendungen einen überwiegend ausgeglichenen Haushalt 2022 aufstellen. Bei all den Projekten dürfe man den Hochwasserschutz nicht aus dem Auge verlieren, mahnt sie. Zudem schreibt Bitzer-Hildebrandt von vielen Herausforderungen. Man müsse einerseits "nachhaltig handeln wie gute Ranger" und andererseits wirtschaften wie "gerissene Kaufleute", die Idylle erhalten und gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen, junge Familien anlocken, aber dem Flächenverbrauch entgegenwirken – ein Spagat. Längerfristig werde man um Umstrukturierungen nicht herumkommen, wenn man wirtschaftlich am Ball bleiben und kein verschlafenes Nest werden wolle. Wichtig sei den Freien Wählern ein Gesamtkonzept für die Kindergartenbelegungen. Wegen Zuschüssen lasse man sich immer wieder zu Investitionen verlocken und verliere dann die Folgekosten aus den Augen. Schnelle Entschlüsse seien nicht mehr angezeigt, vielmehr müsse man stattdessen manches Projekt verschieben, wenn es dauerhaft nicht finanzierbar sei. Als Beispiel nennt sie den Neubau der Sozialstation und der Stadtwerke, über deren Raumkonzept noch einmal beraten werden müsse.

Dank zahlreicher Corona-Hilfsprogramme von Land und Bund finanziell mit einem blauen Auge aus der Krise davongekommen ist Sulz laut Heinrich von Stromberg, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU. Voraussehbar sei aber schon jetzt, dass die Kämmerei in den kommenden Jahren Probleme bekommen werde, den nicht gerade geringen Verpflichtungen solide nachzukommen. Dabei leiste man schon jetzt nur das "vernünftig Notwendige". Nur über gewerbliche Ansiedlungen könne die Einnahmesituation der Stadt verlässlich sichergestellt werden, wenn man nicht an der Steuerschraube drehen wolle, so von Stromberg. Deshalb werde man auch das Regionale Gewerbegebiet brauchen. Der CDU-Fraktion sei unter anderem wichtig, die Wohnraumentwicklung mit Blick auf den Flächenverbrauch maßvoll voranzubringen, die Ortsteile durch höhere Orts-Budgets zu stärken, die Rathäuser in den Stadtteilen zu erhalten und attraktiver zu machen und klimafreundliche Projekte auf den Weg zu bringen.

Ansturm auf Einfamilienhäuser in andere Bahnen lenken

Als "grundsolide, aber an wichtigen Stellen zu unambitioniert" bezeichnet Hans Gühring von der GAL den Haushalt 2022. Mittel für das Starkregenmanagement bereitzustellen, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Zu unambitioniert sei man hingegen beim Thema Wohnungsbau. Neubaugebiete würden aus dem Boden gestampft. Man müsse den Ansturm auf Einfamilienhäuser in andere Bahnen lenken und dem "nahezu ungezügelten Flächenverbrauch" Einhalt gebieten. Geschosswohnungsbau und Innerortswohnlagen seien das Mittel der Wahl. Nicht weitermachen wie bisher könne man beim Thema Klimaschutz. Sulz sei weit entfernt von dem, was in Nachbarkommunen längst Standard sei. "Wir bewegen uns seit Jahrzehnten auf eingefahrenen Schienen und sehen seit geraumer Zeit den Prellbock am Ende des Gleises", so Gühring. Man bekomme den Eindruck, als würden viele Hauptakteure beim Klimaschutz auf Zeit spielen. "Die Zukunft beginnt aber jetzt und nicht am Sankt Nimmerleinstag."

Ein ausgeglichener Haushalt? Nur dank einer rechnerischen Raffinesse, so sagen André Amon und Traude Mangold von der SPD-Fraktion. Dahinter verberge sich aber nur die Tatsache, dass man mehr ausgebe als man einnehme, also ein "nacktes Minus". Die Themen Innerortsentwicklung, Schaffung von Wohnraum, Klimaschutz und Erhalt der natürlichen Ressourcen müssten nach Meinung der SPD-Fraktion endlich mit Strategien gefüllt werden. Viel zu wenig habe man getan, um die Schäden in der Natur zu kompensieren. Man relativiere in Sulz Naturzerstörung, betreibe ökologischen Ablasshandel und habe weder Mut noch Wille zu handeln, so die Kritik. Zudem verharre man beispielsweise in Sachen Wohnbebauung im Tiefschlaf, einer Blase der Vergangenheit, und gehe nicht an die teils verkrusteten und dezentralen Strukturen aus Sorge vor politischen Auseinandersetzungen mit den Teilorten, während sich die Welt um einen herum rasant verändere.

Dass der kommunale Haushalt teils unter dem Handeln der Landes- und Bundesregierung zu leiden habe, schreibt Udo Schubert in seiner Rede. Eine Herausforderung für die Städte sei neben dem wachsenden Bedarf an Kindergartenplätzen die Schaffung von Wohnraum und Industriegebieten. Hier müsse man stets abwägen und so wenig Schaden wie möglich anrichten. Eine gute Seite der Pandemie habe sich bei den Schulen gezeigt. So wurde die digitale Entwicklung vorangebracht.