Rote Zahlen: Die Stadt Calw rechnet mit einem Minus von fast zwei Millionen Euro im Ergebnishaushalt des nächsten Jahres. Foto: Biermayer

Im September wurde der Haushaltsplan für 2022 in den Gemeinderat eingebracht. Mit geringfügigen Änderungen wurde er nun vom Gremium gebilligt. Neben Kritik an der finanziellen Lage der Stadt gab es auch Lob für Oberbürgermeister Florian Kling.

Calw - 1,93 Millionen Euro – so viel fehlen laut Plan Ende nächsten Jahres im Ergebnishaushalt der Stadt. Knapp 70 Millionen Euro will sie hier ausgeben. Dazu kommen etwa 11,7 Millionen Euro an Investitionen. Zudem möchte die Kommune sechs Millionen Euro an Krediten aufnehmen. Das resultiert in einem voraussichtlichen Schuldenstand von 27,3 Millionen Euro Ende 2022.

Kämmerer Klaus Reichert hatte für die Gemeinderäte aber noch eine erfreulichere Nachricht. Laut den neusten Zahlen der Steuerschätzung könne die Stadt im kommenden Jahr mit etwas mehr Geld rechnen. 586 000 Euro mehr als geplant, fließen durch Steuern an die Kommune. Den Großteil mache hier der Einkommensteueranteil mit rund 440 000 Euro aus.

Gemeinsam für Calw

Er hätte es sich vergangenes Jahr nicht träumen lassen, dass auch heute noch Corona alle Lebensbereiche bestimme, begann Jürgen Ott (GfC) seine Haushaltsrede. "Lassen sie sich impfen", richtete er einen Appell an die Bevölkerung. Denn Geschäfte, Gastronomie, Unternehmen, Schüler und ältere Menschen litten besonders unter der Pandemie.

Trotzdem müssen man "unsere schöne Stadt" weiterentwickeln. "Mit Mut zum Fortschritt", überschrieb Ott seine Ideen. Die starke Neuverschuldung sei für die Weiterentwicklung notwendig. Das Geld werde nicht verprasst. Zudem müsse man das günstige Zinsniveau nutzen. Außerdem habe die Stadt bekanntlich kein Ausgaben- sondern ein Einnahmenproblem. Das Industriegebiet Lindenrain sei deshalb ein wichtiger Schritt. Man müsse aber auch Bauplätze schaffen, um durch mehr Einwohner auch mehr Einkommensteuer einzunehmen, so Ott.

Er richtete auch ein Lob an OB Kling. Denn dieser habe es geschafft viele Fördermittel und Zuschüsse in die Kommune zu leiten. "Es ist schon erstaunlich, welchen Geldsegen wir durch die Förderungen erhalten", meinte Ott. So ließen sich Projekte wie die Innenstadtentwicklung realisieren. "Wir sind auf einem sehr guten Weg", resümierte Ott. Aber auch in Zukunft gebe es Themen, die man angehen müsse. Er nannte hier ein Vermarktungskonzept für die Hesse-Bahn und die Entwicklung des alten Krankenhausareals.

Freie Wähler

"Wie viel Gestaltungsspielraum haben wir als Gremium denn wirklich?", fragte Dieter Kömpf (FW) zu Beginn seiner Haushaltsrede. Viele und eigentlich immer mehr Aufgaben müsse die Kommune erfüllen. Der Geldbedarf habe sich zum Beispiel im Bereich Bildung, Jugend und Soziales von 2020 auf 2022 um mehr als 30 Prozent erhöht.

Einsparpotenzial sah Kömpf in der Verwaltung. Zwar habe das Gutachten der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) einen Stellenmehrbedarf ergeben. Dass die Strukturen, wie laut Gutachten, aber spitze sein sollen, sah er skeptisch. Man müsse effizienter werden und Prozesse optimieren. Hier gebe es noch einiges an Potenzial. Zumal 37 Prozent der Aufwendungen Personalkosten seien. Die Tochtergesellschaft der Stadtwerke, die deer GmbH, zeige, wie es gehe.

Calw stehe vor der Herausforderung, berechtigte Investitionen wie in Schulen oder Kindergärten bei geringen Einnahmen vornehmen zu müssen. Das sei "die Quadratur des Kreises". Aber auch Kömpf hatte Lob für Kling und die vielen Fördergelder, die er in die Stadt gebracht hatte, übrig.

Zudem rief Kömpf Verwaltung und Gewerbeverein auf, Handel und Gastronomie bei der Bewältigung der Krise zu unterstützen. Auch er identifizierte die Überplanung des Krankenhausareals als wichtiges Thema der kommenden Jahre. Ebenso müsse man mehr Wohnraum schaffen.

CDU

Wie Ott begann auch Bernhard Plappert (CDU) mit einem Impf-Appell. Er hoffe, dass dadurch das Leben bald wieder normaler werde. Prognosen seien in der momentanen Lage aber schwierig, auch im wirtschaftlichen Bereich. "Der Kreis und die Kommunen sind beide zentral für die Daseinsvorsorge", nahm Plappert Bezug auf die Debatte um die Höhe der Kreisumlage. Man dürfe beide Parteien nicht gegeneinander ausspielen. Gewerbe anzusiedeln um die Steuereinnahmen zu erhöhen, sei ein langfristiger Lösungsansatz. Kurzfristig müsse man aber dem Einzelhandel in der Stadt helfen. Dies hätten vor allem die Konsumenten in der Hand. "Kaufen wir lokal ein", machte Plappert einen Vorschlag. Auch in die neue Citymanagerin setze er Hoffnung.

Für die vielen akquirierten Fördermittel hatte auch er ein Lob für die Verwaltung übrig. Allerdings sei die Verwaltung stark angewachsen. Das GPA-Gutachten hätte besser einen Vergleich zur Privatwirtschaft als zu anderen Verwaltungen ziehen sollen, befand Plappert. Man investiere zu Recht viel mithilfe des Bundes und des Landes in die Kinderbetreuung und die Digitalisierung der Schulen. Absehbare Folgekosten blieben jedoch an der Kommune hängen. Hier müsse es eine Lösung geben.

Plappert plädierte ebenfalls für mehr Wohnraum. Allerdings solle man hierfür den Flächenverbrauch nur maßvoll steigern. Zudem forderte er, dass die Touristinformation auch sonntags Besuchern zu Verfügung stehen solle.

Neue Liste Calw

"Nix gsagt isch eigentlich scho gnug globt", begann Hermann Seyfried (NLC) seine Rede – und hatte dann doch noch einiges zu sagen. Er ärgerte sich vor allem über die Beratung des Haushalts. Die anderen Fraktionen hätten Klientelpolitk betrieben und mit kurzfristigen Anträgen agiert. Er machte es am Beschluss zur Sanierung des Schulhofs der Maria-von-Linden-Gymnasium (MvLG) fest. Hier habe man ohne Konzept, belastbare Kostenaufstellung oder Prüfung von Alternativen einfach einen Beschluss gefasst.

Auch das Finanzierungsmitteldefizit bemängelte er. "Eine verlässliche, vertretbare und vor allem zukunftsorientierte Finanzpolitik sollte eigentlich alles andere als so aussehen", meinte Seyfried. Zudem forderte er, dass in Zukunft besser kontrolliert werden solle, ob Beschlüsse auch wirklich umgesetzt würden.

Die nächste Forderung richtete sich an die Verwaltung. In der Baurechtsbehörde müssten die Calwer oft lange Bearbeitungszeiten hinnehmen. Hier müsse zielorientierter und schneller vorgegangen werden. Und auch beim Bauhof müsse man durch Nachwuchsgewinnung dem Personalmangel entgegenwirken.

Seyfried schloss sich zum Ende seiner Rede dem Lob für OB Kling an. Wie die anderen bedankte er sich für dessen unermüdlichen Einsatz, Zuschüsse in die Hesse-Stadt zu holen. Nur so seien Projekte wie die Sanierung des Hesse-Museums, das Mobilitätszentrum oder die Aufwertung des Stadtgartens möglich.

Der Gemeinderat entschied sich schließlich einstimmig für die Verabschiedung des Haushaltsplanes.