Auch für die Sanierung des Hoppenlaufriedhofs gibt es Geld aus der Stadtkasse. Foto: Foto Peter Petsch

Fünf Monate vor der Kommunalwahl haben sich die Ratsfraktionen mit Sparbeschlüssen zurückgehalten. Sie bauen auch auf das Prinzip Hoffnung und fürchten die nächste Streichrunde.

Stuttgart - Die Grünen: Die Ökofraktion besetzt im Gemeinderat vor der CDU die meisten Sitze und führt die knappe öko-linke Mehrheit an. Grünen-Sprecher Peter Pätzold vermied bei der letzten Haushaltslesung am Freitag jede Schärfe und lobte die Mitstreiter, allen voran SPD und SÖS/Linke, aber auch die FDP. Ziel der Grünen sei es, dass sich „alle Fraktionen in diesem Haushalt wiederfinden“, sagte Pätzold. Dies sei gelungen. Jede Fraktion habe Anträge durchbringen können. Die Grünen hätten dabei nicht für die höchste Gesamtsumme gesorgt.

Seine Fraktion habe sich „angestrengt, einen Konsens im Gemeinderat zustande zu bringen“, andere hätten sich auch bemüht. Dabei klammerte der gelernte Architekt die Freien Wähler aus. Die hätten während der Beratungen nicht nur ihren Haushaltssprecher ausgetauscht, von ihnen sei auch der Vorwurf gekommen, man fahre den Haushalt an die Wand – gleichzeitig habe diese Fraktion aber Anträge im Millionenumfang gestellt. Die Freien Wähler seien „weder konsequent noch verlässlich“. Auch wenn der Kita-Ausbau nun auf das wirklich abzuarbeitende Maß gestreckt werde, stimme die Richtung, denn bei der Instandhaltung habe die Stadt aber unübersehbar viele Jahre gespart. Pätzold ist zufrieden mit den Beratungen, aber besorgt um die Zukunft: „Die Aussichten sind nicht rosig“, sagte er.

Die CDU: „Konstruktiv und kompromissbereit“ habe seine Fraktion am Haushalt mitgewirkt, lobte Fraktionschef Alexander Kotz die eigene Mannschaft. Die hohen Kredite böten allerdings „düstere Aussichten“. Kotz forderte, „in den nächsten anderthalb Jahren eine Aufgabenkritik anzugehen“. Er wolle nicht die „Stunde des Kämmerers“ – gemeint war Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) – bei der nächsten Konsolidierungsrunde erleben. Zu fragen sei daher, was die Stadt wirklich leisten müsse und sich noch leisten könne. Ihre Themen wie den Sportplatz- und Hallenbau und die erhöhte Vereinsförderung habe die CDU platzieren können. Kotz griff das Trio Grüne, SPD und SÖS/Linke an. Es nehme 40 Millionen Euro aus den 150 Millionen für den Rückkauf des Wassernetzes, um zu konsumieren, und begehe mit dem Abbruch der Rathausgarage einen „irreparablen, nie wieder gutzumachenden Fehler“. OB Fritz Kuhn (Grüne) werde von den eigenen Leuten vorgeführt, weil sie ihm den beantragten umfangreicheren Kita-Ausbau verweigerten.

SPD: Roswitha Blind, die im Mai 2014 nicht mehr für den Gemeinderat kandidieren wird, hielt ihre letzte Haushaltsrede. Forderungen der Sozialdemokraten nach Tempo 30 vor Schulen, nach zusätzlichem Geld für Straßen und Stäffele und den Hoppenlaufriedhof sieht Blind erfüllt. Die Mathematikerin kritisierte Finanzbürgermeister Föll, der den Rat spät über eine von der LBBW gerissene Finanzlücke informiert und damit seines Spielraums beraubt habe. Föll habe „trotz des neuen OB die alte Dramaturgie aufgezogen“. Die SPD habe mit ihren Vorschlägen zum Wassernetz und Kita-Ausbau für den Rat Spielräume erarbeitet. Sonst, so Blind, „hätten wir die Beratungen hier schnell beenden können“.

Freie Wähler: Haushaltssprecher Christoph Gulde verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Freien Wähler seien unzuverlässig. Gulde moniert, der Doppelhaushalt baue darauf, dass in der Wirtschaft und bei den Steuereinnahmen alles optimal laufe. Bei der geringsten Eintrübung werde die Verschuldung noch stärker steigen, warnte er. Gulde konstatierte eine „Wende in der Finanzpolitik der Stadt“. Die sogenannte bürgerliche Mehrheit habe die letzten 20 Jahre gespart und Schulden abgebaut, woraus ihr nun der Vorwurf gemacht werde, die Infrastruktur kaputtgespart zuhaben. Einem Haushalt mit hohen neuen Schulden wollten die Freien Wähler nicht zustimmen.

FDP: Finanzbürgermeister Föll lege „seit Jahren die gleiche Platte auf“, beklagte Fraktionschef Bernd Klingler die Diskrepanz von Fölls Voraussagen und den tatsächlichen Einnahmen der Stadt. Stuttgart habe eine „außerordentlich hohe Finanzkraft“, weshalb gegen mehr Personal nichts zu sagen sei. Die Liberalen seien zunächst auf Ablehnung gestoßen, fänden ihre Forderungen jetzt im Zahlenwerk aber wieder, zum Beispiel mit einem Stadtteilmanager in Bad Cannstatt, Sanierungen in Botnang, Zuschüssen für die Rosenau und das Projekt Leseohren sowie eine verbesserte Sportförderung. Zwei Fehlentscheidungen gebe es allerdings, so Klingler: „die Stellplatz-Vernichtung bei der Rathausgarage und die nicht gesenkte Grundsteuer“.

SÖS/Linke: Fraktionssprecher Hannes Rockenbauch nutzte seinen Auftritt erneut zu einer Fundamentalkritik am Bahnprojekt Stuttgart 21 und am Rosensteintunnel sowie am Engagement der Stadt bei der Landesbank (LBBW). Ein Rückzug aus diesen bringe der Stadt enormen finanziellen Gestaltungsspielraum. Hier müsse es eine Aufgabenkritik und eine Umverteilungspolitik geben. Er wolle eine „neue politische Kultur“, sehe bei diesem Haushalt aber mit der SPD und sogar mit der FDP bei sozialen Themen mehr Gemeinsamkeiten als mit eigentlich „näher liegenden Mehrheiten“, setzte er einen Seitenhieb auf die Grünen.

Republikaner: Einzelstadtrat Rolf Schlierer sieht einen „Marsch in die Verschuldung“, stimmte nicht zu. Für Kitas und Flüchtlinge sei Geld da, für Vereine, Sportstätten und Kulturförderung zu wenig.