Eine Million Euro: So viel Geld braucht das Krankenhaus Freudenstadt nun zusätzlich. Darüber wurde in der jüngsten Sitzung des Kreistags diskutiert. Für die niedrigere Kreisumlage von 33,7 Prozent fand sich indes eine Mehrheit.
Die Zeichen standen eigentlich auf Versöhnung. Am Freitag vor dem Haushaltsentscheid hatte sich Landrat Klaus Michael Rückert mit den Fraktionsvorsitzenden getroffen. Er sagte vor der Abstimmung: „Auch der Haushalt mit der gekürzten Kreisumlage ist genehmigungsfähig.“ Trotzdem gab es Zoff.
Erst legte Kreiskämmerer Ulrich Bischoff die aktuellsten Zahlen vor: Bei einer Kreisumlage von 34,7 Prozentpunkten beträgt das Minus für 2024 10,6 Millionen Euro, bei einer gesenkten Kreisumlage von 33,7 Prozentpunkten beträgt es 12,7 Millionen Euro. Die „liquiden Eigenmittel“ zum Jahresende betragen dann lediglich 41 470 Euro.
Rückert: „Bei der gesenkten Kreisumlage ist das Risiko für einen Nachtragshaushalt höher. Ich halte es aber für sehr wahrscheinlich, dass das Ergebnis weniger schlecht ausfällt als im Plan eingestellt.“ Unter anderem, weil Rückert hofft, dass der Bund die Krankenhausfinanzierung verbessert.
Er gab aber zu, dass die Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH (KLF) noch einmal mehr Geld benötigt. Der Landrat sagte: „In der letzten Woche hat sich die Problematik noch einmal zugespitzt. Deshalb werden wir für 2023 noch eine weitere Million Euro einstellen müssen. Daran sieht man, wie desolat die Krankenhausfinanzierung ist.“
Das sagt die FDP
Ernst Wolf (FDP): „Wir fordern den Kreistag seit Jahren auf, bei der KLF realistisch zu planen. Noch immer gibt es keine realistische Planung. So geht das nicht. Jetzt kommt noch der verzweifelte Versuch der CDU, geplante Stellen nicht zu genehmigen. Das sind Einsparungen durch die Hintertür. Doch das ist richtig von der CDU. Offenbar geht es nicht anders.“ Er hoffe, dass mit der gesenkten Kreisumlage die Landkreisverwaltung endlich gezwungen wird, „mal ernsthaft einzusparen.“
Landrat Rückert antwortete: „Wir haben einen Einsparwillen. Ich wünschte mir, dass Sie, Herr Wolf, in den KLF-Aufsichtsrat entsendet werden. Dann sehen Sie: Das ist Planwirtschaft. Anders als bei ‚Wolf Maschinen‘ kann das Krankenhaus nicht sagen: ‚Du willst zu wenig zahlen, dann verkaufen wir nicht.‘ Wir nehmen die Patienten auf und kümmern uns um sie. Wir können und wollen dem Patienten nicht sagen: ‚Behandlung nur, wenn wir einen vernünftigen Preis bekommen.‘“
Das sagt die SPD
Gerhard Gaiser (SPD) meinte: „Wir sind enttäuscht vom Verhalten der CDU und den Freien Wählern, die im stillen Kämmerlein den Antrag der Senkung der Kreisumlage vorbereiten. Wir hätten erwartet, dass die anderen vier demokratischen Fraktionen mit einbezogen werden.“ Oh-Rufe im Kreistag. Gaiser: „Auch wenn diese Fraktionen klein sind: So schafft man keine Vertrauensbasis.“
Gaiser forderte Landrat Rückert auf, eine Musterklage gegen das Land zu führen: „Das ist zu hundert Prozent für die Finanzierung zuständig. Es kann nicht sein, dass immer nur der Bundesgesundheitsminister kritisiert wird.“
Rückert: „Das Land ist für hundert Prozent der Investitionen in die Kliniken zuständig und tut das nicht. Das ist genauso unerfreulich wie der Umstand, dass sich der Bund nicht um die jährliche Wirtschaftlichkeit kümmert. Das belastet uns auf Dauer viel mehr.“ Er ergänzte noch, dass das alle Landesregierungen so gemacht hätten. Die aktuelle Landesregierung zahlt aber mehr.
Ernst Wolf: „Es ist immer wieder das Gleiche: Wenn man hier recherchierte Fakten vorträgt, wird man gleich in der Antwort diskreditiert.“
Landrat Rückert klopfte auf den Tisch: „Der Ton macht die Musik. Es kommt darauf an, wie man die Sachen angeht und bewertet. Warum die Planung und das Ergebnis der KLF nicht übereinstimmt, haben wir deutlich mehrmals benannt.“
Das sagen die Grünen
Wolf Hoffmann von den Grünen versuchte, wieder sachlich zu werden: „Wir sind in schwierigen Zeiten. Da sucht man Rettungsanker. Wir sind für die vorgeschlagene Kreisumlage, sonst sind wir dabei, den Landkreis lahmzulegen.“
Landrat Rückert sah es nicht ganz so dramatisch. Er sagte: „Es gibt eine Übereinkunft mit den Genehmigungsbehörden: In Zeiten, in denen Städte, Gemeinden und Landkreise um die Luft zum Atmen ringen, werden auch Haushalte genehmigt, die man bei strengsten Maßstäben kritisch gesehen hätte.“
Das sagt die FDP
Ralph Zimmermann (FDP): „Die Leistungsfähigkeit hängt mit der finanziellen Ausstattung zusammen. Aber: Es geht um Pflichtaufgaben und nicht um freiwillige Ausgaben. Zum Reflex, Steuern und Abgaben zu erhöhen, sage ich nein. Es muss auch Einsparungen geben!“
Das sagt die Frauenliste
Christina Nuss (Frauenliste): „Auch die Kommunen sind am Anschlag. 33,7 Prozent sind ein Kompromissvorschlag, der für alle Gemeinden und den Landkreis sehr hart ist.“
Die Abstimmung
Dann wurde abgestimmt. Für die niedrigere Kreisumlage von 33,7 Prozent gab es eine Mehrheit aus CDU, Freien Wählern, FDP und Frauenliste. Dagegen stimmten SPD und Grüne. Die AfD enthielt sich.