Die Zimmerei Baumann hat vor einigen Tagen ihr 125-jähriges Bestehen gefeiert. Doch ohne die Hilfe von Stadtarchivar Michael Hensle hätte es dieses Fest wohl nicht gegeben.
Eine Spurensuche im Stadtarchiv Anlässlich des bevorstehenden 125-jährigen Jubiläums wandte sich die Firma Baumann an das Hausacher Bürgerbüro. Es ging um „Gewerbeanmeldungen, Ummeldungen und Abmeldungen zur Betriebsstätte Einbacher Straße 47“. Zwar gab es mündliche oder sonstige Überlieferungen, dass der wandernde Zimmermann Vinzenz Baumann um 1900 die Zimmerei in Einbach begründet habe, aber belastbare Belege oder Dokumente lagen nicht vor. Aber auch im Bürgerbüro/Gewerbeabteilung wurde man nicht so richtig fündig, reichten doch die Unterlagen nur bis 1964 zurück. Also leitete man die Anfrage an das Stadtarchiv weiter.
Dort begann eine schwierige Spurensuche. Das hing insbesondere mit der Quellenlage zusammen. Die Volkszählung von 1900 ergab für Einbach 655 Einwohner, entsprechend konnte von einer großen Gemeindeverwaltung nicht die Rede sein. Zwar wurden auch in Einbach die Akten ordentlich geführt, aber an der Aktenüberlieferung mangelte es zuweilen.
Hinzu kam, dass erst nach der Eingemeindung von Einbach im Jahr 1971 die Akten über den Hausacher Alt-Ratschreiber Wilhelm Kienzle an das städtische Archiv gelangten. Im Stadtarchiv hatte sich eine Einbacher Akte über Beiträge zur Handwerkskammer ab 1901 erhalten, aber dort war ein Zimmermann Vinzenz Baumann nur jeweils im Handwerksbetriebeverzeichnis von 1908 und 1920 verzeichnet. Zum Jahr 1900 gab es keinen Eintrag. Vorsichtshalber wurde das Handwerksbetriebeverzeichnis mit den Hausacher Gewerbeanmeldungen von 1892 – 1935 abgeglichen, erwartungsgemäß ohne Ergebnis. Eine weitere Akte mit Gewerbeanzeigen Einbach 1906 –bis 1939 registrierte schließlich 1939 ein Zimmerer Theodor Baumann, Vater des heute 90-jährigen gleichnamigen Baumann. Auch die Betriebsübergabe im Jahr 1963 von Theodor senior an Theodor junior konnte mittels eines anderen Akteneintrags bestätigt werden. Aber von einem Gewerbeeintrag im Jahr 1900 zu einem Zimmermann Vinzenz Baumann fehlt nach wie vor jede Spur, die Skepsis über ein Gründungsjahr 1900 wuchs.
Aber dann kam eine letzte, möglicherweise viel versprechende Idee auf: Ein ehrbarer Handwerker ist auch – notgedrungen – ein ehrlicher Steuerzahler. Also wurden die Einbacher Steuerkataster 893 bis 1913 herangezogen. Und siehe da: Im Kataster der Grund-, Häuser-, Gewerbe- und Einkommenssteuer 1901 fand sich unter Gewerbe der Eintrag „Baumann Vinzenz Zimmermann“. Der Eintrag war ein Nachtrag, noch ganz jungfräulich und ohne Angabe des zu veranlagenden Steuerkapitals. Das Steuerkataster galt zwar für das Jahr 1901, wurde jedoch laut Vermerk des Katastererstellenden Beamten am 17. Oktober 1900 angelegt. Damit war der Beleg erbracht, dass die Zimmerei Baumann tatsächlich im Jahr 1900 begründet worden war – und zwar vor dem 17. Oktober.
Freudestrahlend nahm Silke Baumann Fotos von der Kataster-Akte. Auch wenn der genaue Gründungstag nicht feststeht, jetzt konnte das 125-jährige Bestehen der Zimmerei Baumann mit Recht Ende September, Anfang Oktober gefeiert werden.
Das Archiv
Michael Hensle ist seit 2017 Stadtarchivar. Er nimmt unter anderen Anfragen zur Ahnenforschung an. Das Archiv umfasst mehr als 600 laufende Metern an Aktenmaterial. Der Bestand unterteilt sich in 350 laufende Meter Archivalien und 250 Meter Altregistratur der Stadtverwaltung.