Buß- und Bettag: Friedensbeauftragter Stefan Maaß referiert zum Thema "Sicherheit neu denken"

Einen "qualifizierten Buß- und Bettagsabend" habenmehr als 100 Gläubige beider Konfessionen im evangelischen Gemeindezentrum verbracht. Stefan Maaß, Friedensbeauftragte der evangelischen Landeskirche, referierte zum Thema "Sicherheit neu denken".

Hausach. Im ökumenischen Gottesdienst zum 25-jährigen Jubiläum des für die Pflegeversicherung abgeschafften Buß- und Bettags als gesetzlichem Feiertag hatte der katholische Pfarrer Christoph Nobs über die theologischen Grundlagen der Handlungsethik gepredigt, welche Maaß in seinem Vortrag über die zivile Sicherheitspolitik verwendete. Im Angesicht der vielgestaltigen Bedrohungen des Weltfriedens im 21. Jahrhundert müsse sich die Politik dringend vom Mythos der Wirksamkeit von Gewalt lösen. 2013 hatte sich die badische Landessynode auf den Weg zu einer "Kirche des gerechten Friedens" gemacht. Als Teilbeschluss wurde seinerzeit formuliert, ein dem deutschen Atomausstieg vergleichbares Szenario zum Ausstieg aus der militärischen Friedenssicherung zu entwickeln. Mit der aus der Klimawandel-Diskussion bekannten Technik wurden ein negatives Szenario, ein dem aktuellen Trend – Aufstockung der zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts – folgendes Null- und ein positives Szenario jeweils als Projektion für das Jahr 2040 entwickelt.

Nullszenario: Rüstung verschlingt Ressourcen

Im negativen Szenario steigt die Wahrscheinlichkeit stark, dass ein regionaler Konflikt dank autonomer Drohnen und anderer Kriegswaffen versehentlich zu einem Weltkrieg eskaliert, stark an.

Im Nullszenario wachsen Hunger und Elend auf der Welt, da viele Ressourcen für die Rüstung verschwendet werden. Im positiven findet die UNO bis 2040 zu der Rolle zurück, für die sie nach dem zweiten Weltkrieg gegründet wurde. Viele Länder haben ihre Armeen abgeschafft und Deutschland exportiert 5000 Polizisten sowie 50 000 zivile Friedenskräfte in die weniger werdenden Konfliktherde der Welt. Den Entwicklungspfad bis 2040 konkretisiert Maaß in fünf Pfeilern: den "gerechten Außenbeziehungen", einer "nachhaltigen Entwicklung der europäischen Nachbarn Russland und Afrika, der (aktiven deutschen) Teilhabe an der "europäischen Sicherheitsarchitektur" (NATO, OSZE), einer "widerstandsfähigen (resilienten) Demokratie" in Deutschland und der "Konversion der Bundeswehr und der Rüstungsindustrie". Den Bundestagsbeschluss zu diesem wirtschaftlich bedeutenden Punkt verortet Maaß in Erwartung starker Widerstände der Rüstungslobby erst in die Mitte der 2030er-Jahre.

In der Diskussionsrunde sah Brigitte Salzmann (SPD) die deutsche Politik auf einem guten Weg auf dem von Maaß gezeichneten Pfad, fänden sich im Koalitionsvertrag beispielsweise doch zur zweiten Säule viele fast wortgleiche Formulierungen zur deutschen Entwicklungspolitik. Heinz Welschbach (Grüne) vermisste in dem Konzept die Berücksichtigung dynamischer Prozesse wie die steigende Zahl der Weltbevölkerung, die Konflikte um Lebensraum, Wohlstand oder schlicht Nahrung und Wasser noch weiter anheize.

Mit der E-Mobilität kämen neue Konflikte um Rohstoffe hinzu. Werner Kadel und Frank Breig (beide CDU) fragten, wie das Szenario denn reagiere, wenn viele Staaten sich an die zivilen Regeln hielten, einige wenige, darunter auch Staaten, denen die Welt früher die Rolle des "Polizisten" zuerkannt hatte, aber "foul" spielten.

Hier sei Deutschland in einer neuen Rolle als vielleicht "Weltmarktführer in ziviler Konfliktlösung" gefordert. Die Idee, dass von deutschem Boden ein Technologie-Transfer in Sachen ziviler Konfliktbearbeitung aus in die europäischen Länder erfolge, fanden Marcus Auel und Hans-Michael Uhl nachdenkenswert.

Breig erinnerte an den Afghanistan-Einsatz, bei dem die "THWisierung" der Bundeswehr gut beobachtet werden könne und als Bezug zu Hausach zum gemeinsamen Einsatz französischer und deutscher Soldaten in Burkina Faso und Mali. Im Szenario 2040 würden vielleicht deutsche Friedensfachkräfte in den beiden Ländern das bewirken, was nach Ende des militärischen Konflikts in Nordirland geschafft wurde oder was deutsche Friedensdienstleistende vor 40 Jahren im beim ehemaligen Erbfeind Frankreich für das deutsch-französische Verhältnis geleistet hatten.