Land warnt vor Krankheit in Baden-Württemberg. Hausacher Ärzte und Einrichtungen sehen keine große Sorge .
Hausach - Wenn Infektionskrankheiten epidemisch ausbrechen, sind viele Menschen alarmiert: Was kann man tun, um eine Ansteckung zu vermeiden? Was, wenn man sich die Krankheit bereits eingefangen hat? Sollte man überhaupt noch unter die Leute? Trotz der jüngsten Masernepidemie in Berlin scheint die Lage im Kinzigtal noch entspannt zu sein.
»Berlin scheint beruhigend weit weg zu sein«, vermutet Carmen Ramm, Allgemeinärztin und Mitglied der »Ärzteinitiative Kinzigtal«, dem rund 25 Praxen angehören. Für dieses kümmert sie sich unter anderem um Aufklärung über Impfungen. Bei den Masern in Freiburg vor einiger Zeit sei dies anders gewesen. Im Moment werden hiesige Ärzte von besorgten Patienten und informationsbedürftigen Bürgern jedenfalls noch nicht überrollt.Martin Volk, Allgemeinmediziner mit Praxis in Hausach, beobachtet keinen vermehrten Patientenansturm.
Zwei Patienten seien mit ihrem Impfpass gekommen und hätten sich Beratung gewünscht, ansonsten läuft der Betrieb derzeit normal. Wie Kollegin Carmen Ramm rät auch er zur Impfung: »Der Impfschutz lässt ja allgemein etwas zu wünschen übrig«, sagt er, »aber es gibt meiner Meinung nach kein vernünftiges Argument dafür, dass ein Kind die Masern bekommen soll.«Sind sie erst einmal ausgebrochen, hilft nur die Behandlung der Symptome. Diese sind neben dem berühmten roten Ausschlag hohes Fieber und Schwellung der Schleimhäute, Kopfschmerzen und Lichtempfindlichkeit. »Vor allem die neuronalen Komplikationen sind gefürchtet«, sagt Carmen Ramm. Man habe nicht in der Hand, wie schwer die Krankheit letztlich verlaufe.
In Hausachs Kindergärten ist indes noch alles ruhig und gelassen. »Hier herrscht alles andere als Panik«, sagt Agnes Birhold, Leiterin des katholischen Kindergartens Sankt Barbara. Sie schätzt, dass die meisten Kinder geimpft seien – daher sei die Angst der Eltern, ihre Kinder könnten sich infizieren, wohl auch nicht verbreitet. Sie selbst, die als Kind die Masern durchgemacht hat, hatte in ihrer Zeit bei Sankt Barbara noch keinen Masernfall.
»Klar informieren uns die Eltern über Impfungen der Kinder, wenn sie sie hier anmelden«, sagt Agner Birhold, »aber zwingen kann man niemanden, wir haben ja keine Impfpflicht in Deutschland.«Vom Kindergarten »Sternschnuppe« verlautet Ähnliches: »Keine Fragen, kein Thema, keine Fälle«, heißt es von dort auf Nachfrage. Carmen Ramm, seit 20 Jahren als Ärztin für Allgemeinmedizin im Kinzigtal niedergelassen, nennt aus der Erinnerung einen einzigen sicheren Masernfall vor vielen Jahren in ihrer Praxis. »Im Moment kämpfen die Leute eher mit Erkältung und Grippe«, sagt sie, »und wenn man hinter allen Erkältungssymptomen gleich die Masern vermuten müsste, dann würden uns die Leute wohl die Praxen einrennen.«
Auch sie setzt auf Impfungen, weil diese in der Geschichte der Medizin erfolgreich gewesen seien. Bei der Frage, ob Impfpflicht oder nicht, wägt sie ab: »Ein schwieriges Thema, aber ich wäre eher für als gegen eine Impfpflicht – auch, weil schlicht mangelnde Aufklärung der Grund ist, dass auf Impfungen verzichtet wird.«Just gestern beklagte das Land Baden-Württemberg in einer Mitteilung die »unzureichende Impfbeteiligung in vielen Gemeinden«. Die Verantwortlichen beim Regierungspräsidium empfehlen Eltern und jungen Erwachsenen, »den eigenen Impfschutz und den der Kinder zu überprüfen.« Masernausbrüche wie jetzt in Berlin seien auch im Ländle möglich.
Landesweit seien 5,2 Prozent der vier- bis fünfjährigen Kinder nicht geimpft, und »nur« 88,8 Prozent hätten die empfohlene zweite Masernimpfung. Damit die Krankheit nicht ausbricht, müssten aber 95 Prozent geimpft sein. Im Ortenaukreis waren es im Jahr 2013 laut Landesstatistik knapp über 92 Prozent.