Die Zentrumspartei lag bei der Reichstagswahl 1933 noch deutlich vor der NSDAP. Repro: Hensle Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Vor 85 Jahren erfolgt Gleichschaltung des Hausacher Gemeinderats / "Kommissare" als Aufpasser

Im 70. Jahr der Bundesrepublik Deutschland gehören Kommunalwahlen zur bundesrepublikanischen Routine. Die Wahl des Gemeinderats als Träger der kommunalen Selbstverwaltung gilt mittlerweile als Selbstverständlichkeit. Das war nicht immer so.

Hausach. Vor 85 Jahren, als die Nationalsozialisten nach der Macht im Reich griffen, gingen sie auch gegen die kommunale Selbstverwaltung als einer der Fundamente von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vor.

Bereits eine Woche nach Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes beschloss die Hitler-Regierung am 31. März 1933 das "Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich". Dieses zielte zwar – unter Ausschaltung der föderalen Länderhoheit – in erster Line auf die Gleichschaltung der Länder. Darüber hinaus ging es jedoch auch gegen die kommunale Selbstbestimmung.

So wurde beispielsweise dem Hausacher Bürgermeister Karl Moog am 20. April 1933 zwei "Kommissare" als Aufpasser "beigeordnet", beide selbstverständlich NSDAP-Mitglieder. Darüber hinaus wurde gemäß dem Gleichschaltungsgesetz der gewählte Gemeinderat aufgelöst und "nach der Zahl der gültigen Stimmen, die bei der Wahl zum Reichstag am 5. März 1933 (siehe Info) abgegeben worden sind", neu gebildet.

Was reichsweit Erfolg versprach, funktionierte nicht überall. So auch nicht in Hausach. Dort war man traditionell der (katholischen) Zentrumspartei verbunden, sodass selbst bei den nicht mehr freien Reichstagwahlen vom 5. März 1933 die Zentrumspartei, die Vorläuferin der späteren CDU, mit 487 Wählerstimmen noch deutlich vor der NSDAP lag mit 415 Stimmen.

Zunächst noch keine Mehrheit

Die SPD erhielt immerhin 146 Wählerstimmen. Im Ergebnis bedeutete dies, dass gemäß Gleichschaltungsgesetz der Nazi-Partei zwei Gemeinderatssitze zustanden, dem Zentrum jedoch drei Sitze und der SPD einer.

Das hieß, in dem zum 25. April 1933 neu zu bildenden Gemeinderat besaß die NSDAP keine Mehrheit. Doch noch am 25. April 1933 erklärte der SPD-Ortsvorsitzende Oskar Siebert: "Ich ziehe die eingereichten Vorschlaglisten für Gemeinderäte und Gemeindeverordnete zurück." Die Gründe für den Rückzug sind aus den Akten nicht ersichtlich, aber jedermann konnte solche Zeitungsmeldungen lesen wie am 29. März aus Emmendingen: "Auch der Führer der hiesigen sozialdemokratischen Partei, Gemeinderat H. Günth, befindet sich zusammen mit einer Anzahl Kommunisten in Schutzhaft."

Nachdem der Gemeinderatsitz für die SPD weggefallen war, erhob die NSDAP, die im Wahlbündnis mit "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" und "Evangelischen Volksdienst" auf zusammen 444 Stimmen gekommen waren, den Anspruch auf drei Sitze. Und tatsächlich bestand der am 25. April 1933 neu gebildete Gemeinderat aus drei Vertretern des Zentrums und drei der NSDAP. Dieses vermeintliche Patt dauerte jedoch nicht lange. Bereits am 5. Mai 1933 hatte Bürgermeister Karl Moog zermürbt aufgegeben: "Mein derzeitiger krankhafter Zustand ist nicht geeignet eine geordnete Gemeindeverwaltung zu gewährleisten." Bürgermeister Moog wurde daraufhin am 12. Juni 1933 durch den kommissarischen NSDAP-Bürgermeister Emil Wimmer ersetzt, woraufhin die beiden "Kommissare" als verzichtbar abgezogen wurden.

Nach der "Selbstauflösung" der Zentrumspartei Ende Juni 1933 erklärte der örtliche Zentrumsvorsitzende, Gemeinderat Heinrich Meiswinkel, "dass die bisherigen Gemeinderäte der Centrumspartei bereit seien, weiter als Hospitanten im Gemeinderat weiterzuwirken, falls solches gestattet würde". Obwohl ein Beitritt als Hospitant der nationalsozialistischen Fraktion auch nach dem Gleichschaltungsgesetz möglich gewesen wäre, lehnte dies NSDAP-Ortsgruppenleiter Eugen Hakelberg entschieden ab. Nach der erneuten Neubildung des Gemeinderats am 20. September 1933 bestand dieser ausschließlich aus NSDAP-Mitgliedern. Die NS-Gleichschaltung des Hausacher Gemeinderats war abgeschlossen.

Doch selbst diese Scheinfassade sollte mit der Deutschen Gemeindeordnung (DGO) vom 30. Januar 1935 noch übertroffen werden. Dort heißt es in Paragraf 51 DGO: "Der Beauftragte der NSDAP beruft im Benehmen mit dem Bürgermeister die Gemeinderäte." Damit war die kommunale Selbstverwaltung faktisch abgeschafft. Eine tatsächliche Wahl bestand ohnehin nicht mehr.

In der Reichstagwahl am 5. März 1933 war es der NSDAP gelungen, 44 Prozent zu erringen, sodass sie zusammen mit dem Stimmenanteil der deutschnationalen DNVP von acht Prozent über die absolute Mehrheit verfügte. Diese Mehrheitsverhältnisse im Reich wollten die Nationalsozialisten zur Festigung ihrer Macht auch auf die Gemeinden anwenden und quasi ohne Wahl die Stimmverhältnisse einfach übertragen.