Einmal pro Woche, samstags von 13 bis 15 Uhr, trainiert "Villsvin von Svear" im Gymnastikraum unter der Hausacher Stadthalle. Foto: Reinhard

Gruppe "Villsvin von Svear" will auf Schlossberg nordmännisches Lagerleben präsentieren. Keine Aufnahmen mehr

Hausach - Es ist ein ungewöhnlicher Anblick: Zwischen Turnbänken und Spiegeln stehen Männer und Frauen in wattierten Jacken, mit Metallhelmen auf dem Kopf sowie Schilden und Schwertern in der Hand. Einmal pro Woche trifft sich die Gruppe Villsvin, um zu trainieren.

In der Vereinsvertreterversammlung im Oktober hatte sich die Gruppe vorgestellt und angekündigt, mit dem Darstellen von nordmännischen Lagerleben noch mehr Leben auf den Schlossberg zu bringen. Doch "Villsvin von Svear", wie sich die etwa zehn Mitglieder offiziell nennen, sind mehr als Schausteller, die Interessierten etwas Geschichte näher bringen wollen. Sie wollen sie auch selbst erfahren. Und das schließt das Kämpfen mit ein – egal, ob mit Schwert, Axt, Speer oder Bogen.

Auch wenn ganz am Anfang mit Kunststoffwaffen trainiert wird und später mit stumpfen Waffen – es soll so realistisch wie möglich sein. "Vollkontakt" nennen Profis das. Das schließt ein, dass Schläge und Hiebe nicht abgebremst werden. Ein gewisses Verletzungsrisiko lässt sich also nicht verleugnen. "Außer Prellungen und Aufschürfungen ist bisher nichts passiert", sagt Christian Schätzle. Für zart Besaitete sei das Ganze eben nichts. Die entsprechende Ausrüstung – wattierter Gambeson, Kettenhemd, Helm, Arm- und Beinschienen – verhindert außerdem Schlimmeres.

Schätzle und viele seiner Mitstreiter kennen einige Hausacher vielleicht von den Burgfestspielen, bei denen sie als Schauspieler mitwirkten. Auch beim "Burgerleben" waren einige dabei. Doch dort geht es eher um das Leben im Mittelalter zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert und eher um "Theater", wie Schätzle sagt. Einige der jungen Leuten interessierten sich eher für die authentische Darstellung des frühen Mittelalters – insbesondere für Nordmänner. Also gründeten sie eine eigene Gruppe: Villsvin von Svear. Und diese hat ihre eigenen Pläne: Sie will nordmännisches Lagerleben, Handwerkskunst sowie ein bisschen Kampf präsentieren und natürlich das Wissen teilen, das sich die Mitglieder während der dazu nötigen Recherchen angeeignet haben.

Zehn Mitglieder aus Hausach und dessen Umgebung im Alter zwischen 16 und 34 Jahren zählt Villsvin mittlerweile und dabei soll es erst einmal bleiben. "Momentan nehmen wir keine weiteren mehr auf", so Schätzle. Mit dieser Zahl habe die Gruppe erst einmal ihre Kapazitätsgrenze erreicht. "Alle zehn unter einen Hut zu bringen ist schon jetzt stressig genug", sagt Schätzle und die anderen nicken. "Wir schauen jetzt erst einmal, wie das alles bei den Leuten ankommt, dann sehen wir weiter", ist die einhellige Meinung der Gruppenmitglieder.

Ein Argument ist auch der Gymnastikraum, der nur begrenzt Platz für Trainierende bietet. Und Platz braucht man für einen "Kampf auf Leben und Tod" – oder zumindest einen, der eine Vorstellung davon vermitteln soll, wie ein derartiger ausgesehen haben könnte. Da wird ausgeholt, pariert, geschoben und geschwitzt. Authentisch soll es sein und dafür konsultieren die Gruppenmitglieder verschiedenen Quellen. Sie schauen sich Videos an, lesen alte Schriften und probieren vieles auch einfach aus.

Auch wenn die jungen Leuten Historien-Fans sind, bezieht sich das nicht auf ihre Gruppenstruktur. "Wir sind sehr demokratisch", so David Schätzle. Es gebe zwar vier Mitglieder, die das meiste organisieren und managen, "Ansprechpartner ist aber eigentlich so gut wie jeder von uns."

Auch wenn erst einmal keine neuen Mitglieder aufgenommen werden, haben "Villsvin" noch jede Menge Ideen, träume und Pläne. Sie reichen vom Bau eines Langhauses, den Nachbau eines Langschwerts bis zum Kampf von einem Pferd aus.

Und auch wenn sie alle Historien-Fans sind, dreht sich bei ihnen nicht alles nur darum. "Wir sind alle privat befreundet und unternehmen auch andere Dinge zusammen", sagt Julian Söhner, der seit etwa sechs Monaten dazu gehört. "Wir gehen manchmal auch Billard spielen und machen auch eine Weihnachtsfeier", berichtet er.

Kennen lernen kann man "Villsvin of Svear" voraussichtlich im Frühjahr des kommenden Jahrs. Nach Absprache mit der Stadt ist der erste Termin, an dem die Gruppe auf dem Schlossberg ihr Lagerleben zeigt, das Wochenende vom 21. bis 22. April.

"Living History" – "gelebte Geschichte" wird die Darstellung historischer Lebenswelten durch Personen genannt, deren Kleidung, Ausrüstung und Gebrauchsgegenstände in Material und Stil möglichst realistisch der dargestellten Epoche entsprechen. "Living History" umfasst als Überbegriff die experimentelle Archäologie und das Reenactment. "Living History" im engeren Sinne wäre beispielsweise die Darstellung eines fiktiven Tagesablaufes im Mittelalter. Bei der experimentellen Archäologie versuchen Fachleute oder Laien, Techniken oder Abläufe praktisch nachzuvollziehen. Das kann der Bau eines seetüchtigen Wikingerschiffs oder die Kultivierung alter Getreidesorten auf historische Weise sein. Reenactement nimmt immer auf ein tatsächliches Ereignis in der Vergangenheit Bezug, indem zum Beispiel eine konkrete Schlacht nachgespielt wird.