Manfred Poor hatte Fotografien in Hausacher Geschäften ausgestellt. Foto: Haberer Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Finissage der Fotoausstellung von Manfred Poor verbindet sich mit Lesung / Petra Piuk holt Teil der Stadtschreiber-Zeit nach

Die Finissage der Schaufensterausstellung des Fotografen Manfred Poor hat dem "Leselenz 2.0" einen weiteren Mosaikstein beschert. Stadtschreiberin Petra Piuk hat am Donnerstagabend ihre Lesung mit der Lyrikerin Isabella Feimer nachgeholt.

Hausach. Die wunderbar erzählenden und poetischen Fotografien und Bildmontagen des Wiener Künstlers werden in den kommenden Tagen aus den Schaufenstern der Hausacher Geschäfte verschwinden. Das Original des auf einer Blüte sitzenden Kolibris wird aber ebenso in Hausach verbleiben wie das eine oder andere Exponat einer eigens für den Leselenz aufgelegten Sonderedition von 25 handsignierten Fotoabzügen.

José F.A. Oliver, der neue Besitzer des Bildes mit dem Kolibri, hat mit der am Donnerstag zu Ende gegangenen Ausstellung wieder einmal sehr viel Gespür bewiesen, eine Poesie der etwas anderen Art nach Hausach geholt. Zu der Finissage hat der Macher Corona zum Trotz in einem modifizierten Format stattfindenden Literaturfestivals nicht nur den Fotografen selbst in den Biergarten des Gasthauses Zur Eiche eingeladen. Oliver hat das finale Kunstgespräch mit Manfred Poor auch dazu genutzt, eine weitere Lesung im Oeuvre des "Leselenz 2.0" zu platzieren. Er hat Petra Piuk, die Partnerin Manfred Poors gebeten, ihre wegen Corona ausgefallene Lesung im Rahmen ihres Stipendiats als Stadtschreiberin nachzuholen.

Petra Piuk, die in Hausach eigentlich ihren neuen Roman vollenden wollte, musste im April überstürzt ihr Stipendium abbrechen und abreisen, um nicht für die Dauer des Lockdowns in Hausach festzusitzen. Nun ist sie für ein paar Tage zurückgekommen, hat in Hausach nun doch dem im Herbst erscheinenden Roman seinen allerletzten Schliff verpasst.

Gemeinsam mit der Lyrikerin Isabella Feimer hat sie aber auch wie ursprünglich geplant, den Plot eines literarischen Duetts entworfen, einer aus verschiedenen Fragmenten zusammengesetzten Lesung, die sich am Ende immer mehr verdichtete und in ein furioses Finale mündete. Ein großartiges Wechselspiel zweier Autorinnen, die sich ergänzen und spiegeln.

Der Einstieg von Petra Piuk, literarische Splitter über die Flucht aus Hausach, weil Österreich damit gedroht hatte, seine Grenzen zu schließen. Im Wechsel dann immer neue Fragmente, von Hausach aus in die Ruinen von Rom und nach Amerika. Splitter aus einem literarischen Steinbruch, Petra Piuks Roman "Toni und Moni, oder Anleitung zum Heimatroman".

Gekontert von Isabella Feimer mit Auszügen aus dem Roman "Frida" und Kapiteln der erst 2021 erschienenen Sammlung "American Apocalypse". Ein Wechselspiel, schnelle Bälle die hin und her fliegen. Manchmal rau, etwas derb und frivol, literarische Heimatklänge zwischen Liebe und Hiebe. Surreal absurd, der Blick auf das "Museum of Icecream" in San Francisco, wo selbst der Zuckerguss nur aus Plastik ist. Am Ende eine immer höhere Schlagzahl, Worte und Sätze die hin und her wogen. Ein Wiedersehen nach langer Zeit, Blaubeerkuchen und der Gedanke an Sex, Kinder auf einem Sofa, dass zur Raumkapsel wird, alles hinauskatapultiert in den Weltraum. Erfrischender kann Literatur kaum daherkommen.

Offiziell geht es mit dem "Leselenz 2.0" am Donnerstag, 17. September, mit der nach hinten geschobenen Begrüßung der diesjährigen Stadtschreiber weiter. Bereits am Samstag, 5. September, wird wohl aber Olaf Nägele wie immer mit einem Überraschungsgast nach Hausach kommen und auf dem Marktplatz das Format "Nägele mit Köpf" präsentieren. Beide Veranstaltungen müssen aber noch an die dann gültigen Vorgaben in Zeiten von Corona angepasst, verortet und zeitlich platziert werden.