Lyrik in zwei Sprachen gibt es beim Hausacher LeseLenz normalerweise in der Langen Nacht der Lyrik – wie hier 2017 im Hausacher Burgkeller. Fotos: Störr Foto: Schwarzwälder Bote

Literatur: Digitale Formate beim "Leselenz" auf dem Vormarsch / Deutsch-slowenische Übersetzerwerkstatt

Mit dem "Leselenz 2.0" sind innerhalb des Literaturfestivals neue Formate entstanden. Ein neues digitales Format war unter anderem die "deutsch-slowenische Übersetzerwerkstatt", deren Ergebnis nun in dem Buch "Jenseits der Zeit" erschienen ist.

Hausach. Im Sommer 2019 hatte die Übersetzerwerkstatt in Slowenien begonnen und im Herbst des vergangenen Jahres ihre Fortsetzung im Rahmen des Hausacher Leselenzes erlebt. Entstanden ist ein Werk von acht deutschen und slowenischen Dichtern, die in "Jenseits der Zeit" einberufen wurden.

Ausgewählt und Zusammengetragen haben sie José F.A. Oliver und Amalija Macek, die im "Nachgespräch" Einblicke gewähren.

Konzipiert und organisiert wurde die Werkstatt zunächst vom Verlag Beletrina und dem Dichter und Verleger Ales Steger. Im Sommer 2019 hatten sich die Lyriker in Jeruzalem (Slowenien) für ein paar Tage zusammengefunden, um gemeinsam zu leben und zu arbeiten. In der Zusammenarbeit mit dem von José Oliver gegründeten Festival Leselenz wurde die Werkstatt dann weitergeführt und zu einem Abschluss gebracht.

"Einberufen in die Unterschiede der slowenischen und deutsche Sprache", ist im Nachgespräch zu lesen. Wo im Deutschen Neologismen (Wort-Neuschöpfungen) möglich wären und es substantivierte Verben gebe, würden Komposita geschaffen, aus denen Sprache – wie mit Legosteinen gebaut – zusammengesetzt werde. Die slowenische Sprache würde Adjektive und Verben ohne Passiv-Konstruktionen samt ihrer oft altertümlich anmutenden Anspielungen oder Ausdrücke bevorzugen. "All diese Unterschiede, die erst einmal rein oberflächlich betrachtet, ins Auge und ins Ohr fallen, um dann ins Feine der Sprache bearbeitet und vertieft zu werden", schwärmt Amalija Macek.

Begegnung ist der Schlüssel zum Erfolg

José Oliver sieht das Geheimnis des Werkstatt-Erfolgs in der Begegnung und dem Mehr als "nur" handwerklichen, das jeder mitbrachte. "Es stellte sich jener ›Duende‹ ein, von dem Lorca sprach. Das unverhofft Poetische der Wahrnehmung", steht im Nachgespräch geschrieben.

Die abendlichen Lesungen und Präsentationen der ersten Werkstatt-Ergebnisse im Rahmen des Literaturfestivals "Poetry and Wine" in Ptuj hätten wesentlich zum Erfolg beigetragen. Und so sind in "Jenseits der Zeit" wundervolle Gedichte von Miljana Cunta, Milan Dekleva, Stanka Hrastelj, Birgit Müller-Wielend, José F.A. Oliver, Gregor Podlogar, Monika Rinck und Jan Wagner auf 160 Seiten veröffentlicht. Das Buch ist im Beletrina-Verlag (Ljubljana/Slowenien) erschienen und für 12 Euro über den LeseLenz, info@leselenz.com, zu beziehen.

Aus José Olivers Gedichtband "wundgewähr" (Matthes und Seitz, 2018) sind mehrere Texte übersetzt worden. Ein Auszug aus "lieb gedicht": Habe mir einen Notgroschen zur Fremde gewählt, die Stiefel vors Haus gestellt und dem Regen die Fenster geöffnet. Der Wind sprach mit einem Rucksack vor, am Maulbeerbaum lehnte der letzte Sommer und der Küchentisch ist seither gedeckt: Das erste gem:einsame Glas Wein, der letzte Frühstücksteller und die Sätze, die du nicht ausgesprochen…"