Das erste Segelflugzeug, das die Gruppe baute, wurde in einem Festakt auf den Namen "Stadt Hausach" getauft. Repro: Selter Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Flugsportgruppe Kinzigtal wurde vor 60 Jahren gegründet / Verein baute drei eigene Segelflieger

Auch über den Wolken des Kinzigtals ist die Freiheit grenzenlos. So gründeten vor 60 Jahren ein paar Begeisterte die Flugsportgruppe Kinzigtal. Deren Mitglieder nahmen nicht nur erfolgreich an Wettbewerben teil, sondern bauten auch drei Flugzeuge selbst.

Hausach. Die Flugsportgruppe Kinzigtal wurde 1958, also vor 60 Jahren, als Verein mit Stammsitz in Hausach gegründet. Ihre Mitglieder waren Piloten verschiedener Art, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg aktiv gewesen waren und die es wieder in die Lüfte zog, sobald die Fliegerei offiziell wieder erlaubt war. Jedoch verschrieben sich die ehemaligen Piloten nun dem Segelflug. Einer davon war Helmut Selter, der bereits als 14-Jähriger das Fliegen erlernte und heute zu den letzten vier noch Lebende der Flugsportgruppe gehört. Er war nicht nur Mitglied, sondern zeitweise auch Schriftführer und Kassierer des Vereins. Selter erinnert sich an die Anfänge des Vereins und auch an die einzelnen Mitglieder.

Eine verschworene Gemeinschaft

Da war zum Beispiel Paul Leim, ein gebürtiger Berliner, der über Oberwolfach und Wolfach nach Hausach kam und der Senior der Gruppe war. Nach seinem Tod wurde er mit militärischen Ehren und Düsenflugzeugen beerdigt. Auch an Ulrich Helfritz, der nicht nur Vereinsvorsitzender, sondern auch Fliegerarzt war, kann sich Selter noch gut erinnern.

"Wir waren eine verschworene Gemeinschaft von 20 bis 30 Fliegern", erinnert sich Selter – das nicht nur, weil sie die Leidenschaft für das Fliegen einte. Sie teilten auch Ehrgeiz und Ambition. So nahm die Gruppe zehn Jahre lang an Wettbewerben teil. Die Freiburger Flugwoche war der erste des Jahres und dies mit internationaler Beteiligung. Sportler aus Finnland, Schweden, den Niederlanden, Frankreich und Österreich waren mit bis zu 60 Flugzeugen dabei. Deutschland war durch die gesamte westdeutsche Elite der Vereinsflieger aus Emmendingen, Freiburg und der akademischen Fliegergruppe Freiburg vertreten. Und auch die Kinzigtäler mischten mit: Sie nahmen mit einem Flugzeug und zwei Piloten teil. Einer flog, der andere war der sogenannte Rückholer. Der musste den Piloten nach seiner Landung abholen – auch wenn der sich hoffnungslos verflogen hatte und irgendwo im Nichts den Boden erreichte.

Stützpunkt der Gruppe war in Hausach. Dort hatte sie ihre Fliegerbude am Aufgang zum Schloßberg. Unter der Leitung von Siegfried Schoch, der eine eigene Schreinerei besaß, baute die Flugsportgruppe drei Flugzeuge selbst, und zwar "in Gemischtbauweise", wie sich Selter erinnert. Das bedeutet, dass mehrere Werkstoffe verwendet wurden. Das Wissen dazu eigneten sich die Hobbyflieger selber an. "Das war eine Heidenarbeit", sagt Selter.

Das erste Flugzeug, das die Gruppe herstellte, war eines des Modells K8 und wurde in einem Festakt in der Stadthalle vom damaligen Bürgermeister Eugen Heizmann auf den Namen "Stadt Hausach" getauft. Die beiden folgenden zwei Segelflugzeuge, eine K7 und ein Doppelraab, die die Sportgruppe baute, bekamen keinen Namen.

Bei allen Erfolgen blieb die Segelfliegerei aber ein gefährliches Hobby. Helmut Selter erlebte selbst aus der Nähe einen tödlichen Unfall, bei dem zwei Flugzeuge – eins startete, eins landete – zusammenstießen und bei dem zwei Menschen starben.

Dennoch liebte er den Sport, "das Freisein" und den Blick von oben auf die Welt. "Von dort sieht alles ganz anders aus", sagt er. Da die Segelfliegerei aber nicht nur gefährlich, sondern auch zeitaufwändig und teuer ist, ging der Flugsportgruppe Kinzigtal nach und nach der Nachwuchs aus und sie löste sich auf.

Der Blick von oben auf das Kinzigtal bleibt seitdem vor allem den Vögeln vorbehalten.

Der Segelflug ist das motorlose Fliegen mit Segelflugzeugen, Motorseglern und Gleitflugzeugen. Bei dieser Art des Fliegens werden Aufwinde ausgenutzt, deren Energie in Höhe und/oder Fluggeschwindigkeit umgesetzt wird. Die Segler werden entweder von einem Motoflugzeug, einer Winde in die Luft gezigen. Die Ausbildung zum Segelflugpiloten erfolgt meistens in Vereinen oder in Flugschulen. Beim Streckensegelflug geht es entweder darum, eine möglichst große Strecke zurückzulegen oder eine gegebene Strecke in möglichst kurzer Zeit zu absolvieren. Die Flugrouten und zu nutzenden Aufwinde müssen vom Pilot während des Fluges aktiv ausgewählt werden. Im Streckensegelflug werden Wettbewerbe ausgerichtet.