Bei der Schlüsselrückgabe bekam Hermann von den Narren dieses Bild, eine Fotomontage, geschenkt. Er solle das Fundament für sein (fiktives) Projekt, den mehr als 1000 Meter hohen Hermann-Turm, doch selber legen, fanden sie. Foto: Reinhard

Hausachs neuer Bürgermeister seit 100 Tagen im Amt. Wenige Überraschungen erlebt.

Hausach - Seit 100 Tagen ist Hausachs Bürgermeister Wolfgang Hermann am Donnerstag im Amt. Mit dem Schwabo sprach er über seine Anfangszeit, seine erste Fasent, seinen neuen Spitznamen und die "Kinzigtal-Mafia".

Herr Hermann, wie war Ihr erster Arbeitstag?

Da bin ich mit Spannung ins Rathaus gegangen und habe als erstes die Abläufe hier besprochen, also wie das beispielsweise mit der Postsichtung funktioniert und mit den Terminen. Interne Verwaltungsabläufe eben. Und dann bin ich gleich durch die zwei Häuser, um mich mit jedem einzeln bekannt zu machen. Danach ging es gleich zur Verabschiedung von Karl Burger nach Mühlenbach. Das heißt, das war gleich ein langer Tag, ich bin weit nach Mitternacht nach Hause gekommen. Zu der Zeit bin ich ja noch nach Gernsbach gependelt.

Ab welchen Zeitpunkt haben Sie realisiert, dass Sie jetzt der Bürgermeister von Hausach sind?

Das war ein schleichender Prozess. Einer davon war, als ich vereidigt worden bin und die Amtskette umgelegt bekommen habe. Da habe ich meiner Lebenspartnerin in die Augen geschaut und ein paar Tränen gesehen. Da wurde mir klar, dass ich mein berufliches Ziel erreicht habe und eine ganze Stadt nach vorne bringen kann. Allerdings gibt es immer wieder Momente, in denen ich es noch nicht 100-prozentig realisiert habe. Zum Beispiel, wenn ich bei der Neujahrsserenade hinten mitlaufe und die Bürger mich dann darauf hinweisen, dass ich als Bürgermeister doch ganz vorne laufen kann.

Das war ein Versehen?

Kein Versehen, aber ich bin es gewohnt, immer unter den Menschen zu sein, möchte immer mitten drin sein und da habe ich nicht realisiert, dass von mir als Bürgermeister erwartet wird, vorne zu laufen. Oder ich sitze in der Kirche eher in der Mitte statt vorne. Oder wenn ich irgendwo hingehe und mir eigentlich nur etwas anschauen will, dann wird erwartet, dass ich irgend etwas sage – das sind alles Punkte, an denen ich merke, ja, ich bin Bürgermeister, aber das ist noch nicht so ganz im Kopf angekommen.

Als Hauptamtsleiter von Gernsbach haben Sie schon ein Bild davon bekommen, was die Aufgaben eines Bürgermeisters beinhalten. Gab es eine Vorstellung, die Sie revidieren mussten?

Eigentlich nicht. Ich habe schon so viele Jahre damit zu tun, dass ich genau wusste, was auf mich zukommt. Aber ich habe wesentlich größeren Gestaltungsspielraum und -möglichkeiten als Hauptamtsleiter. Und dann kommt natürlich auch noch die Fokussierung von Außen auf die eigene Person hinzu. Die ist natürlich deutlich höher. Aber das ist ja auch sehr schön, denn ich bin nicht menschenscheu. Und mittlerweile fühle ich mich bei allen Angelegenheiten der Stadt zuständig, egal, wann und wo. Es ist immer mehr meine Stadt. Ich muss mich kümmern.

Was machen Sie als Bürgermeister besonders gerne?

Ich mache gerne Bürger glücklich. Das hört sich jetzt plakativ an, aber das ist so. Und sei es, wenn wir eine Familie glücklich machen, weil wir die Öffnungszeiten von einem Kindergarten erweitern oder ein Bad bauen und die Menschen sich freuen, weil sie dort glückliche Stunden verbringen können. Aber auch kleine Dinge, wie ein Besuch bei einem Geburtstag gehören dazu, wenn die entsprechende Person mir die Tür aufmacht und mich schon anstrahlt, weil wir eine halbe Stunde miteinander verbringen können. Das sind die Dinge, die ich besonders gerne mache. Wenn die Bürger an etwas Freude haben, dann freut mich das auch. Das ist, wie wenn man jemanden ein Geschenk macht.

Und was mögen Sie nicht so sehr?

Diese Frage kann ich nur schwer beantworten, weil bisher habe ich da eigentlich nichts erlebt. Selbst bei als anstrengend geltenden Bürgern, finde ich, dass jeder sein Anliegen und seine Bedürfnisse hat und aus seiner Sicht auch Recht hat. Da gilt es, Lösungen und Kompromisse zu finden. Aber ich gehe nicht gerne auf Beerdigungen. Das war allerdings schon immer so. Der Respekt gebietet es aber, gebührend Abschied von einem geliebten Mitmenschen zu nehmen. Eine Beerdigung schmerzt immer.

Sie haben eine gut funktionierende Verwaltung übernommen. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit bisher?

Kürzlich hatten wir Haushaltsbesprechung in der Amtsleiterrunde. Danach hat Kämmerer Werner Gisler sich bei mir im Namen der Amtsleiter bedankt für diese effiziente Besprechung und sagte O-Ton "da merkt man, dass man mit einem Fachmann zusammenarbeitet." Diese Aussage spiegelt wider, wie wir hier arbeiten. Wir habe uns in kürzester Zeit kennen und schätzen gelernt. Ich habe ein sehr, sehr gutes Gefühl.

Das klingt so, als würde es auf der professionellen Eben gut funktionieren. Wie sieht das auf der menschlichen Ebene aus?

Dann kam das nicht richtig rüber. Die menschliche Ebene ist genau so positiv zu sehen wie die professionelle. Ich habe natürlich nicht mit jedem Sachbearbeiter jedem Tag etwas zu tun. Ich sehe meine Amtsleiter häufiger. Da haben wir, finde ich, ein tolles Verhältnis. Das Zwischenmenschliche passt einfach.

Wie wurden Sie von den anderen Kinzigtal-Bürgermeistern aufgenommen?

Während meines Wahlkampfs habe ich schon einige Kollegen kennen gelernt. Da hatte ich schon ein sehr gutes Gefühl. Und dieses hat sich noch deutlich verstärkt, seitdem ich angetreten bin. Die Nachbarbürgermeister haben mich willkommen geheißen und wir alle pflegen einen guten Austausch zu allen möglichen Themen. Wir wollen das Kinzigtal weiterhin in eine gute Zukunft führen und das geht nicht in lauter Einzelinteressen. Das funktioniert nur mit einem gebündelten Vorgehen.

Gibt es Projekte, die Sie als amtierender Bürgermeister anders bewerten als im Wahlkampf?

Es klingt vielleicht komisch, aber nein. Während des Wahlkampfs habe ich zu vielen Themen direkt Stellung bezogen und meine Meinung gesagt. Dabei bin ich auch geblieben, sei es beim Problem Hechtsberg oder bei der Transparenz in Sachen Verwaltungs- und Gemeinderatsführung, beim Bad oder der Schulerweiterung. Da hat mein bisheriges berufliches Leben mich zu gut vorbereitet als dass ich hätte überrascht werden können. Das einzige, was mich überrascht hat, waren die Baukosten bei der Schule. Aber mit solchen Dingen muss man dann einfach umgehen und das tun wir jetzt ja auch.

Gab es denn etwas, was Sie nicht falsch bewertet haben, sich bei näherem Hinsehen aber als vielfältiger entpuppte als gedacht?

Bei den Gewerbegebietsausweisungen gibt es mehr Probleme als ich anfangs dachte. Ich kenne die Hochwassergefahrenkarten alle, aber da herrschen tatsächlich kaum mehr Möglichkeiten. Das habe ich anfangs nicht so auf dem Schirm gehabt. Aber sonst gab es nichts. Dafür war ich ja auch wochenlang unterwegs, habe mit so vielen Leuten gesprochen, alles in Erfahrung gebracht, nachgelesen und geforscht.

Wie haben Sie die Fasentszeit, die hier in Hausach sehr wichtig ist und bei der Sie Ihren Spitznamen "S’Hermännle" bekommen haben, erlebt?

Die Fasentszeit kannte ich so nicht. Aber man findet sich toll ein. Was ich gelernt habe, und das wurde mir auch schon prophezeit: Das ist eine Mitmachfasent. Und ich bin jemand, der sagt "dann mache ich eben mit", egal, ob es die Elfemess ist oder die Aufführungen. Ich freue mich schon aufs nächste Jahr. Jetzt weiß ich auch ungefähr, was mich erwartet. Aber was ich immer noch nicht weiß, ist, wie sie das bei der Schlüsselrückgabe mit dem Bild fertig gebracht haben (siehe Foto). So fertig habe ich, glaube ich, noch nie ausgesehen. Das ist auch nicht mein Hemd, sind nicht meine Hände. Keine Ahnung, wie sie das gemacht haben. Das sieht schon toll aus.

Was wünschen Sie sich für die kommenden 100 Tage?

In erster Linie genau so viel Elan und Erfolg wie bisher. Ich finde, in den ersten 100 Tagen ging schon mächtig was. Und dass ich meine Stringenz beibehalte. Ich bin kein Freund ewigen Gequassels, ich möchte vorwärts kommen. Außerdem wünsche ich mir, dass ich die Firmen und Institutionen, mit denen ich so zu tun habe, jetzt alle kennen lerne. Das habe ich noch nicht ganz geschafft. Und dann geht es in den nächsten 100 Tagen um Projekte. Zum Beispiel haben wir jetzt die Backbone-Ortsnetzplanung vor uns. Da hoffe ich, dass die Bundesregierung zu ihrem Wort steht und dass auch die Außenbereiche ausreichend gefördert werden.