Ausschlaggebend für den Trainingsbeginn von Jungtauben ist der Schwingenstand. Foto: Störr

Kleintierzüchter schicken Tiere vom 130 Kilometer entfernten Montbeliard in der Franche-Comté auf Heimreise.

Hausach - Fünf Hausacher Brieftaubenzüchter haben jüngst ihre Tiere auf die Reise geschickt. Vom 130 Kilometer entfernten Montbeliard in der Franche-Comté aus sollten sie am Samstag den Weg in die heimische Kleintierzuchtanlage nach Hausach finden. Doch bevor es so weit war, mussten die 120 Brieftauben erst einmal "eingesetzt" werden.

 

Das Prozedere ist aufwendig und wird vor jedem Wettflug in der gleichen Weise durchgeführt. Die Tauben sitzen in ihren Transportboxen und warten geduldig, bis sie an die Reihe kommen. Einzeln werden sie herausgenommen und vorsichtig zum Codierungsgerät gebracht. Am Fuß jeder Taube befindet sich ein Elektronikchip, der kurz in das Gerät gehalten wird. Es piept – und das Tier ist registriert und reisefertig. Anschließend wird es in eine der Transportboxen im Taubenlaster gesetzt, mit dem die Brieftauben noch am gleichen Abend nach Frankreich gefahren werden. Im Computer erfasst, werden die Daten zur Reisegeschwindigkeit und Flugroute jedes Tieres nach der Rückkehr und dem Einflug über die so genannte Antenne ausgewertet.

Am Sonntagmorgen entschied dann der Flugleiter vor Ort, dass sich die Tauben, mit etwa 1500 Tieren aus dem Freiburger Raum auf den Weg in die Heimat machen durften. Im Schnitt schaffen die Brieftauben eine Geschwindigkeit von 80 bis 90 Kilometern pro Stunde, bei Rückenwind kann das durchaus auch mehr sein. Rudi Krämer, Robert Blum, Karl-Heinz Moser, Franz Kienzler und Richard Seitz von den Hausacher Kleintierzüchtern haben sich dem arbeitsintensiven Hobby verschrieben, das als Kulturerbe unbedingt gepflegt und weiter getragen werden müsse.

"Die Tauben fliegen nach dem Magnetfeld der Erde und nach dem Sonnenstand", erklärt Rudi Krämer. Wie das genau funktioniere, sei allerdings noch nicht bis ins Detail erforscht: "Eigentlich weiß keiner, warum das wirklich funktioniert." Dass es aber sehr gut funktioniert, musste Krämer an einer eigenen Brieftaube feststellen, die nach fast einem Jahr Training in seinem Taubenbestand wieder nach Hause geflogen sei.

Bevor das Training für Jungtauben beginne, würden sie von Januar bis Mai im Taubenschlag gehalten. Je nach Schwingenstand würde dann mit dem arbeitsintensiven Training begonnen. Ab Anfang August würden die Jungtauben auf vier bis fünf Flugreisen geschickt, von denen sie wieder nach Hausach zurückkämen: "Die Alttiere schicken wir von Anfang Mai bis Ende Juli normalerweise auf zehn bis zwölf Flugreisen."

Was den Taubenzüchtern ganz besonders zu schaffen mache, seien gezüchtete Raubvögel wie Wanderfalken oder Habichte: "Die jagen nicht mehr, weil sie Hunger haben, sondern weil sie spielen wollen." Einige Züchter hätten ihr Hobby deshalb schon an den Nagel gehängt, die Attacke-Einflüge mit Verlusten von bis zu 30 Tieren und zunehmende Magnetfelder würden es den Tauben immer schwerer machen.

Dass es dabei auch um einen finanziellen Aspekt geht, wird bei Preisen von 100 bis 200 Euro je junger Zuchttaube deutlich. Christine Störr

Um 1834 haben sich in Aachen erste Sportfreunde mit der Zucht von Brieftauben beschäftigt, Adolf Zurhelle hatte die Zucht maßgeblich geprägt. Mit der fortschreitenden Industrialisierung hat sich der Brieftaubensport dann über ganz Deutschland verbreitet, bis dieser in der militärischen Nachrichtenübermittlung zum Einsatz kam. Das preußische Kriegsministerium gab den Auftrag zum Training der Tauben auf vorgegebenen Flugrouten. Und so stand 1884 die Gründung des Zentralverbands der Brieftaubenzüchter in Deutschland im Zeichen des militärischen Nachrichtenwesens.