Jean-Claude Naba (Mitte) besuchte gestern Michael Waitz und Angela Menke vom Verein "Wir für Burkina". Foto: Reinhard Foto: Schwarzwälder-Bote

Germanist Jean-Claude Naba erklärt die Probleme des burkinischen Schulsystems / "Hilfe ist nötig"

Von Charlotte Reinhard

Hausach. Mit einem Spendenlauf und einem Afrika-fest will der Hausacher Verein "Wir für Burkina" am morgigen Samstag Geld sammeln, um das Schulsystem im burkinischen Douroula zu unterstützen. Wie nötig das ist, erklärte Jean-Claude Naba, der gestern zu Besuch in Hausach war.

Naba ist Germanist und als Dozent für Linguistik an der Universität Ouagadougou tätig. Seit 2013 ist er mit Angela Menke von Verein "Wir für Burkina" befreundet.

"Das burkinische Bildungssystem steckt seit 20 Jahren in der Krise", erklärt er. Das äußere sich au vielfältige Weise: So sei es zum Beispiel keine Seltenheit, dass Lehrer in Burkina Faso erste Klassen mit 120 bis 250 Schülern unterrichten. Auch im Gymnasium verringere sich dich Schülerzahl mit 80 bis 100 pro Klasse kaum – und das, obwohl sich der Staat 1960 nach seinem Schritt in die Unabhängigkeit die Bildung noch groß auf seine Fahnen geschrieben habe. "Es wurde viel in Bildung investiert, die erwarteten Fortschritte traten allerdings nicht ein", stellt Naba fest.

Die Gründe für die Krise sind vielfältig. So hätten die Strukturanpassungsprogramme der Weltbank dazu geführt, dass der burkinische Staat sich aus bestimmten sozialen Bereichen, die keinen wirtschaftlichen Gewinn abwerfen, zurückzieht. Dazu gehört die Bildung, genau wie das Gesundheitswesen. Ein weiterer Grund ist in der Geschichte des Landes begründet. "Während der Kolonialzeit funktionierte das Schulsystem noch, doch war es auf das Kolonialsystem ausgerichtet und legte Wert auf geisteswissenschaftliche Fächer. Naturwissenschaften wurden vernachlässigt. Die ›Produkte dieser Maschinerie‹ waren dem neuen Staat nicht angepasst", so Naba.

Auch die Sprache, oder besser gesagt, die Sprachen in Burkina Faso stellen ein Bildungshindernis dar. 60 bis 65 verschiedene Sprachen gibt es in dem Land. Zwar ist Französisch Amtssprache, doch viele Kinder hören das erste französische Wort erst in der Grundschule. "Die Kinder haben keinen Bezug zum Französischen und haben es damit dreifach schwer, Zugang zu Bildung zu finden, gerade zu den naturwissenschaftlichen Fächern", meint Naba.

Er ist dankbar dafür, dass Initiativen wie die der Hausacher eingreifen: "Da ist Hilfe nötig. Viele Kommunen kommen anders nicht an Bildung." Gleichzeitig ist Jean-Claude Naba auch der Meinung, das der burkinische Staat die Verantwortung für das Bildungswesen nicht abgeben darf: "Ein Land, das sein Bildungswesen in die Hände des Auslands gibt, hat verloren", findet er.

Vom deutschen Bildungssystem könne Burkina viel lernen: "In Deutschland gibt es die glückliche Kombination aus Theorie und Praxis, das duale System." Angela Menke findet, dass aber auch die Deutschen in Bezug auf Bildung eine Menge von den Burkinern lernen können: "Zum Beispiel, dass man nicht ständig klagt und auch improvisieren kann, wenn einmal nicht alles genau nach Plan läuft", sagt sie.

Zur Person: Jean-Claude Naba, Jahrgang 1956, hat in Deutschland studiert und promoviert. Er ist mit einer Deutschen verheiratet. Der Germanist ist Dozent für Linguistik an der Universität Ouagadougou in Burkina Faso.