Detlef Meyer erklärt die Handhabung der Armbrust. Fotos: Beule Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Redakteurin Charlotte Reinhard stellt sich den Knappen-Prüfungen beim Hausacher Burgerleben

Wer Ritter werden wollte, musste früher einiges auf sich nehmen: Seinem Herrn zu Diensten sein, dessen Waffen und Pferd pflegen, das Hofzeremoniell erlernen, kämpfen lernen und, und, und. Das jedenfalls ergibt eine schnelle Recherche im Internet, die ich tätige, um mich auf meinen Tag als Knappe beim Burgerleben in Hausach vorzubereiten. Mehrere Stunde lang soll ich dem Grafen Heinrich alias Jürgen Clever zu Diensten sein, von ihm und seinen Rittern lernen und erfahren, was zum Alltag eines Knappen so alles dazu gehört.

Was ich gleich zu Beginn erfahre: Für einen Knappen bin ich eigentlich viel zu alt, habe die falschen Eltern und das falsche Geschlecht. Bereits im Alter von sieben Jahren traten adlige Jungen nämlich in den Dienst eines Ritters, um das Waffenhandwerk zu erlernen. Erst, wenn sie etwa 21 Jahre alt waren, alles gelernt hatten, was zum Rittersein gehörte und ihren Mut bewiesen hatten, wurden sie zum Ritter geschlagen.

Beim Burgerleben in Hausach, das im Sommer einmal im Monat auf der Burg Husen stattfindet, geht das schneller. "Unser Ziel ist es, Menschen, insbesondere Kindern, das Mittelalter näher zu bringen", so Clever. Der Anspruch sei zwar, das so historisch korrekt wie möglich zu tun, aber damit alle – auch die Mädchen – Spaß haben, werden Abstriche bei der Authentizität gemacht. So dürfen auch sie an den Prüfungen teilnehmen und werden am Ende des Tages zum Ritter geschlagen.

Bevor es aber los geht, zeigt die Gruppe "Danslit" aus Lahr und Freiburg ein paar mittelalterliche Tänze. Einige Zuschauer werden ausgewählt, mit zu tanzen und der Graf fordert auch mich dazu auf. Eigentlich hasse ich es zu tanzen, aber als Knappe muss ich ja gehorchen. Das bedeutet aber nicht, dass ich es gut machen muss. Kann ich auch gar nicht. Ich verwechsle ständig rechts mit links, gehe in die falsche Richtung und trete einer Dame sogar auf die Füße. Ich bin erleichtert, als es endlich an die Knappenprüfungen geht. Nachdem Clever und "Ritter" Stefan Blattmann einige Schwertarten vorgeführt haben, erläutern er und Detlef Meyer die Funktionsweise einer Armbrust, zeigen, wie sie gespannt wird und berichten, welche Effekte sie hatte. Oder wie Clever es ausdrückt: "Das durchschlug jede Rüstung."

Reichweite der Armbrust ist beeindruckend

Allein die Reichweite ist beeindruckend. Meyer schießt zu Demonstrationszwecken einen Bolzen mit abgepolsterter Spitze in die Luft. Er verschwindet fast im blauen Himmel.

Bevor die anderen Kinder mit einer kleinen Armbrust – ich darf die größere und schwerere "Erwachsenenvariante" nehmen – auf die Zielscheibe schießen, bin ich dran. Ich soll einen schwarzen Luftballon treffen. Das Spannen der Armbrust finde ich recht einfach zu bewerkstelligen, das Zielen ist schwieriger. Der Bolzen bohrt sich beim ersten Mal weit über dem Ballon in die Zielcheibe. Beim zweiten Mal ist er zu weit rechts. Ich habe nur noch einen Versuch und werde allmählich nervös. Sollte ich etwa schon bei der ersten Prüfung scheitern? Glücklicherweise zischt Meyer mir zu, ich solle ein wenig mehr nach rechts zielen, dann könnte es gelingen. Und tatsächlich: Mit einem "Peng" platzt der Ballon.

Die zweite Prüfung ist der klassische Schwertkampf. Ich freue mich darauf, eines der tollen Schwerter in der Hand halten zu dürfen. Doch statt einer schicken Waffe bekomme ich einen Gummidolch. Wie soll ich damit gegen den voll gerüsteten Blattmann gewinnen? Doch der ist nett und nachdem er mich ein wenig über den Platz gescheucht hat, lässt er seinen Bauch einen Moment ungeschützt, so dass ich ihn bequem "töten" kann. Ächzend und stöhnend geht er zu Boden, ich werde zur Siegerin erklärt und habe damit auch die zweite Prüfung bestanden. Ein Heiltrank erweckt den Toten wieder zum Leben, damit sich auch die Kinder an ihm austoben können.

Nicht nur für die Prüfungen muss ich antreten, auch als Anschauungsobjekt zitiert der Graf mich mehrere Male herbei. So legt er mir eine Schandgeige, die mittelalterlich Form der Handschellen, an und präsentiert sogar einen Keuschheitsgürtel. Der sei aber nicht mehr als geschichtliche Fiktion, erklärt Clever. "Die arme Dame wäre nach ein paar Tagen ja ganz wund gewesen", führt er aus.

Die letzte Prüfung ist recht einfach, zumindest für mich. Hier darf ich die Dame spielen und dem Grafen huldvoll die Hand zur Begrüßung reichen. Nicht zum Schütteln, sondern für den Handkuss, der so betont Clever, nicht mehr als eine leichte Berührung mit den Lippen darstellt.

Und endlich darf ich micg niederknien, werde zum Ritter geschlagen und erhebe mich als "Sir Charles". Natürlich erhalte ich am Ende, wie die Kinder auch, einen Ritterbrief:                  Charlotte Reinhard

In der Sommerserie "Mein Tag als ..." blickt der Schwarzwälder Bote hinter die Kulissen. Die Autoren berichten im Rahmen von Reportagen über interessante Berufe und Tätigkeiten und zeigen über deren Hintergründe auf.