Gemeinderat bespricht Immissionsantrag für Windkraftanlagen auf dem Hohenlochen.

Hausach - Viel Klärungsbedarf seitens der Anwohner und Angrenzer gab es bezüglich des Bundesimmissionsschutzgesetzes für vier geplante Windräder auf dem Hohenlochen. Besonders ein Brief, den sie an die Gemeinderäte und Verwaltung geschickt hatten, sorgte für Unruhe.

Der Brief war von der Bürgerinitiative "Radlos" gemeinsam mit den Anwohnern verfasst worden und liegt dem Schwabo vor.

Vorwürfe

"Alle Anliegen der Bewohner wurden an das Landratsamt weitergeleitet", betonte Bürgermeister Manfred Wöhrle. "Es liegt nicht im Interesse der Gemeinde, irgendwelche Verhandlungswünsche der Anwohner nicht durchzusetzen." Zu dem im Brief geäußerten Einwand, die Verwaltung habe die Bürger nicht eingebunden, sagte Wöhrle: "Wir haben das Thema in insgesamt elf Gemeinderatssitzungen behandelt – nur war da fast niemand da." Er weise den Vorwurf, dass die Verwaltung "unverantwortlich" handele sowie "absolut daneben liege" entschieden zurück. "Es ist nicht Sache des Gemeinderats,über das Für und Wider der Windkraft abzuwägen, der Hohenlochen ist nicht unser Eigentum."

Auch Brigitte Salzmann (SPD) zeigte sich erbost über die in dem Brief geäußerten Aussagen: "Das sind unsachliche Behauptungen, ich habe mich beleidigt gefühlt. Ich wünsche mir eine andere Weise, wie man miteinander spricht."

Gesetzlicher Rahmen

Bauamtsleiter Hermann-Josef Keller erläuterte noch einmal den gesetzlichen Rahmen des Bauvorhabens. "Das Landratsamt fordert von uns eine Stellungnahme. Wir sollen das Einvernehmen auf baurechtliche Anforderungen geben. Im Flächennutzungsplan sind Windenergieanlagen an dieser Stelle nicht ausgeschlossen. Es gibt keine rechtliche Möglichkeit, den Bau von Anlagen dort auszuschließen. Die Anlagen sind außerdem privilegiert, wir können das gar nicht ablehnen", so Keller.

Abstände zu Häusern

Danach bekamen anwesende Bürger die Gelegenheit, Fragen zu stellen. "Warum ist der vorgeschriebene Abstand zu Wohnhäusern hier viel geringer als in Bayern, Australien oder Kanada?", wollte eine Anwohnerin wissen. "Der Abstand in Bayern beträgt zehnmal die Höhe der Anlage, es sei denn, die Gemeinde entscheidet anders", bestätigte Andreas Markowsky, Geschäftsführer des Vorhabensträgers Ökostromgruppe Freiburg. "Im Rest der Republik gibt es keine Abstandsregelung, nur Werte, wie viel Lärm an den Häusern ankommen darf: 45 Dezibel in der Nacht. Und dieser Wert wird bei einem Abstand von 400 Metern eingehalten."

Windgeschwindigkeit

Anwohnerin Sandra Huhn-Decker stellte die Wirtschaftlichkeit der Anlagen in Frage. "Ich will die genau gemessenen Werte hören", forderte sie. "Die Windgutachter haben eine Windgeschwindigkeit von fünf bis sechs Metern nachgewiesen", antwortete Badenova-Geschäftsführer, Klaus Preiser, dessen Firma die Anlagen betreiben will. "Im Mittel sind das sechs Meter. Mit diesem Windprofil kann man die Kilowattstunden errechnen und ich kann Ihnen sagen: Das Projekt Hohenlochen ist wirtschaftlich. Sonst würden wir den Antrag auch nicht stellen." Bei der Frage, warum dann die genauen Werte nicht veröffentlicht würden, verwies Preiser auf den wirtschaftlichen Wettbewerb.

Thomas Rauber nahm Bezug auf die Erfahrungen mit den Windenergieanlagen auf dem Kambacher Eck, wo die Anlagen sich als lauter erwiesen als ursprünglich angenommen. Rauber fragte, wie da die Werte entstanden seien. "Die Flachland-Erfahrungen sind eben nicht auf den Schwarzwald übertragbar", erklärte Markowsky. "Wissenschatltiche Garantien gibt es nie, nur sehr verlässliche Daten. Aber wenn die Werte überstiegen werden, müssen die Anlagen gedrosselt werden."

Reduzierung der Anlagen

Die Fraktion der Freien Wähler hatte einen ganzen Fragenkatalog. So wollte sie unter anderem wissen, warum die Reduzierung von sechs auf vier Anlagen erst verneint wurde und dann doch möglich war. "Wir geben zu, dass uns das wirtschaftlich weh getan hat", so Preiser. Aber schlussendlich habe man die Bedenken der Verwaltung und Anwohner ernst nehmen wollen. Dass der Informationsfluss – eine Pressemitteilung erschien, bevor der entsprechende Infobrief die Betroffenen erreichte – nicht optimal gewesen sei, räumte er ein. Die Presse sei schneller gewesen als erwartet.

Auerhuhn und Rotmilan

Auch die Frage, warum ein Auerhuhngebiet der Kategorie zwei nicht zum Ausschluss für Windanalgen des Gebiets führt, wurde beantwortet. Laut Kirsten Simonsen vom Ingenieurbüro Simonsen LillConsult bedeutet Kategorie zwei, dass das entsprechende Gebiet nicht von Auerwild besiedelt wird, sondern dass der Hochenlochen auf der Route zum Durchzug liegt. Durch einen Ausgleich in Richtung Reiherskopf würde der Zug der Auerhühner gesichert. Desweiteren würde der Wald auf 60 Hektar auerhuhnfreundlich aufgewertet.

Auch auf die Bedenken bezüglich des Rotmilans ging Simonsen ein. "Der nächste Horst ist 1,5 Kilometer entfernt. Problematisch wird es erst ab einem Abstand von weniger als einem Kilometer", so Simonsen. Auch die Überflüge seien untersucht worden und hätten keine Gefährdung ergeben.

Schlussendlich stimmten bis auf Jürgen Decker und Max Winterer (beide CDU) alle Hausacher Gemeinderäte dem Antrag auf Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetz für die vier geplanten Windkraftanlagen auf dem Hohenlochen mit einigen durch die Freien Wähler vorgeschlagenen Änderungen zu.

INFO

Auszüge aus dem Brief der Anwohner und der Bürgerinitiative "Radlos" an die Gemeinderäte

Bürgerbeteiligung:

"In der Gemeinde Hausach fand zu keinem Zeitpunkt eine Infoveranstaltung beziehungsweise eine Bürgerbeteiligung in einer Stadtratssitzung statt. Die Bürgerbeteiligung ist somit, wenn überhaupt, rein formal geblieben."

Vorsorgeabstände:

"Die Abstandsbewertungen berufen sich auf einen wesentlich kleineren Anlagentyp E 82. Nach derzeitigem Planungsstand will die Badenova Anlagen des Typs E 141, Rotordurchmesser 141 Meter, Nabenhöhe 159 Meter und einer Gesamthöhe von 230 Meter errichten. Für diese Großwindanlagen existieren bis heute keine Erfahrungswerte (...)."

Landschaftsbild:

"Durch den vorgesehenen Bau von Windkraftanlagen auf diesem Berg würde sich das Landschaftsbild in einem weiten Umfeld negativ verändern. (...) Die vorliegenden Fotosimulationen zeigen nicht die tatsächlichen, sondern beispielhafte Standorte und geben keineswegs die zu erwartende Sichtbeeinträchtigung für verschiedene Anwesen wieder. Zudem wurden Visualisierungen mittels wesentlich kleinerer Windkraftanlagen (E 82) erstellt. Die Fotosimulationen stellen deshalb eine Irreführung der Öffentlichkeit dar."

Beeinträchtigung Westweg:

"Die gewaltige Lautstärke der Anlagen mit dem dazugehörigen Schattenwurf und der optischen Bedrängung lassen ein erholsames Wandern im Bereich der Großwindanlagen nicht mehr zu. (...) Das sind überregionale Folgen, die bei der Entscheidung für die Ausweisung dieser Konzentrationszonen hätten berücksichtigt werden müssen."

Zuwegung, besonders der Zuwegungsabschnitt Hirzwasen – Ruhgutsch:

"In einem vorliegenden Zuwegungsplan ist zwischen dem Hesselbachweg und dem Höhenrücken Hangweg für die Erschließung der Standorte Burzbühl-Ruhgutsch eingezeichnet, der nicht existiert. Von diesem gehen Stichwege ab. Die Behörden und Träger öffentlicher Belange wurden somit mit falschen Voraussetzungen konfrontiert und getäuscht. Mit dieser Arglistigkeit wird ein massiver Eingriff in die Natur und Landschaft verschwiegen."

Naturschutz:

"Im Umfeld der Standorte Hohenlochen bis Burzbühl liegen verschiedene gesetzliche geschützte, wertvolle Biotope, die bisher nicht erfasst und in keiner Karte zum Flächennutzungsplan dargestellt sind. (...) Die Zuwegung führt durch mehrere gesetzlich geschützte Biotope, was nicht zulässig ist."

Artenschutz:

"Wie aus den Unterlagen zum Flächennutzungsplan hervorgeht, wurden nicht alle relevanten Arten beziehungsweise Gruppen im Planungsgebiet Hohenlochen bis Burzbühl erfasst. (...) Im Planungsgebiet befinden sich Rotmilane, verschiedene Fledermausarten und Bussarde. Außerdem ist die Waldschnepfe zahlreich vorhanden. Weiterhin ist besagter Höhenrücken als Auerhuhngebiet der Kategorie zwei ausgewiesen."

Schlusswort:

"Die aufgeführten Fakten bestätigen, dass bei der Ausweisung der Konzentrationszonen viele öffentliche wie auch private Belange nicht berücksichtigt wurden. (..) Es ist schlicht unverantwortlich und fachlich völlig daneben,wie die Politik uns unsere kommunale Entscheidungsträger den Ausbau der Windenergie mit dem Klimawandel und dem Atomausstieg begründen und darstellen. Für Fachleute ist es unverständlich und nicht mehr hinnehmbar, dass viele öffentliche Institutionen mit ihren unsinnigen Aussagen und Darstellungen die Bürger vorsätzlich täuschen. (...) Es geht beim gegenwärtigen Windkraftausbau nicht um Umwelt- und Klimaschutz. Handlungsleitend sind rein finanzielle und ideologische Motive."

Kommentar

Von Charlotte Reinhard

Ein schlechte Ratgeber

Das hörte sich alles recht bekannt an: die Sorgen wegen zu geringer Abstände, der Lautstärke, dem "Geblinke", Auerhuhn, den Quellen... Nur der Ton ist noch einmal schärfer geworden. Dass die Anwohner bezüglich der Windenergieanlagen auf dem Hohenlochen Sorgen und Fragen haben, ist nachvollziehbar. Und dass sie diese äußern, ihr gutes Recht. Doch momentan drängt sich der Eindruck auf, dass sie sich Antworten und Kompromissen verschließen. In dem Brief, den sie an den Gemeinderat verschickt haben, sind durchaus einige Punkte, die der Klärung bedürfen. Statt aber zu fragen "wie kommt das?", werden den Entscheidungsträgern sowie der Gemeinde Arglistigkeit, Habgier und Betrugsabsichten unterstellt. Dass die Stadt Hausach das Vorhaben kaum verhindern kann, selbst wenn sie es wollte – sie ist nicht Eigentümerin des Gebiets und es ist das einzige, auf dem Windkraftanlagen gebaut werden können – hat sie schon einige Male betont und immer wieder guten Willen gezeigt. So wurden in die Forderungen bezüglich des Bundesimmissionschutzgesetzes Anregungen seitens der Anwohner aufgenommen. Doch anstatt die gereichte Hand zu ergreifen, scheinen viele vor Wut und Angst wie versteinert. Aber Angst ist immer ein schlechter Ratgeber.