Für die Mitglieder der Nagolder SPD würde mit dem Abriss des "Waldecks" auch ein Stück Geschichte verschwinden. Foto: SPD

Dem "Haus Waldeck" am Stadteingang Richtung Jettingen könnte der Abriss bevorstehen. Um sich darüber ein Bild zu machen, trafen sich die SPD Nagold und interessierte und Bürger mit Vertretern der Naturschutzverbände vor Ort.

Nagold - Ein Argument für den Abriss des historischen Gebäudes beinhaltet die Idee der Vernetzung zweier Biotope, bei der das Haus Waldeck im Wege stünde. "Das obere Biotop Richtung Stadtausgang ist jedoch nur schwach existent. Für eine Vernetzung mit dem Biotop Kreuzertal, in dem Feuersalamander leben und welches von der ANU regelmäßig gepflegt wird, müssten Dohlen frei gelegt werden, die unter der ehemaligen Kurklinik sowie unter dem erst 2015 erstellten Neubau daneben hindurchfließen", heißt es in einer Pressemitteilung der SPD.

Die ökologischen Aspekte erläuterte Wolfgang Herrling vom Nabu Vollmaringen. Um eine echte Biotopvernetzung zu erreichen, müsste eine Durchgängigkeit bis hin zur Waldach hergestellt werden. Auch dort ist der untere Bereich noch verdohlt. Der dazugehörige Park sei jedoch jetzt bereits ökologisch sehr wertvoll. Auch das Argument, durch den Abriss eine Frischluftschneise erzeugen zu wollen, sei nicht stimmig, denn diese werde im Wesentlichen durch zahlreiche andere Gebäude in der Umgebung mindestens gleich, wenn nicht weit mehr blockiert.

"Ein Abriss kann niemals klimapositiv oder –neutral sein", argumentierte SPD-Gemeinderat Wolfgang Schleehauf mit Hinblick auf den CO2-Fußabdruck des bereits im 19. Jahrhunderts gebauten Gebäudes. Die Substanz des Hauses wirkt auf den ersten Blick des Fachmanns in Ordnung. Natürlich müsse das Haus von innen in Augenschein genommen werden, um hier ein abschließendes Urteil bilden zu können, so Architekt Schleehauf. Er verwies auf die Möglichkeit, die ehemalige Klinik zukünftig weiter als Wohnraum nutzen zu können. "Egal ob hier bezahlbarer oder hochpreisiger Wohnraum geschaffen werden würde – eine Sanierung der Bäder und anderen Innenräume muss ohnehin gemacht werden", betonte Schleehauf. Hier würde nur ein klimaneutrales Gebäude zerstört werden.

Abriss alles andere als nachhaltig?

Ähnlich äußerte sich Wolfgang Herrling: "Ein Abriss steht in keinem Verhältnis zum ökologischen Nutzen. Der Mehrwert, das Gebäude nicht weiter zu nutzen sondern abzureißen, ist so gering, dass es sich nicht lohnt." Ein Abriss wäre demnach alles andere als nachhaltig, so der Vorsitze des Nabu Vollmaringen.

Sicher könnten Teile des ehemaligen Parkes am Haus Waldeck sowie der Bereich oberhalb des Hauses Waldeck weiter ökologisch aufgewertet werden, dies sei sicherlich positiv, hierfür müsse allerdings das historische, den Stadteingang prägende Haus Waldeck nicht abgerissen werden, so der Fraktionsvorsitzende der Nagolder SPD Daniel Steinrode. Die SPD Nagold will nun einen Ideenwettbewerb vorschlagen, um die bestmögliche Lösung für Nagold zu finden. Beispielsweise könnte der neugegründete Nagolder Wohnungsbaubetrieb dort bezahlbaren Wohnraum schaffen oder gemeinsam mit einem Investor ein Konzept entwickeln. Steinrode fügte hinzu, ein Abriss sei immer die einfachste Möglichkeit, aber mit jedem Abriss gehe eben auch ein Stück Nagolder Geschichte und Tradition verloren. In der Öffentlichkeit werde immer wieder suggeriert, dass der Abriss bereits beschlossene Sache sei. Der Gemeinderat habe bislang jedoch nur beschlossen, das Gebäude zu kaufen. In der Beschlussvorlage sei das Thema Abriss und Renaturierung jedoch nur im Begründungsteil als ein mögliches Konzept für die Renaturierung enthalten. Die Umsetzung hingegen wurde vom Gemeinderat bislang nicht beschlossen, informierten die anwesenden Gemeinderäte. Nur weil Fördermittel für ein "Grün-Projekt" im Raum stünden, dürften keine irrationalen vorschnellen Entscheidungen getroffen werden, so Staud weiter.

Frage nach sorgsamer Verwendung von Steuergeldern

Nagolds "Grün-Projekt" wird vom Bund mit etwa einer Million Euro aus dem Modellprojekt zur "klimagerechten Anpassung von Park- und Grünanlagen" gefördert. Insgesamt war das Förderprogramm mit 20 Millionen Euro ausgestattet. "Gefördert werden insbesondere investive Modellprojekte in Kommunen und im kommunalen Umfeld, die durch eine direkte, weitreichende CO2-Minderung einen beispielhaften Beitrag zur Klimaanpassung leisten." Worin diese direkte und weitreichende CO2-Minderung im Nagolder Modellprojekt bestehen soll, kann jedoch Wolfgang Herrling "in keinem der Teile" erkennen, wie er in seinen Ausführungen klarstellte.

Bundesweit sollen 107 Modellprojekte ausgewählt worden sein, was pro Projekt durchschnittlich knapp 190.000 € bedeutet. Warum dann das Nagolder Projekt trotz fehlender CO2-Einsparung mit dem fünffachen durchschnittlichen Betrag gefördert werden soll, kann Herrling nicht nachvollziehen und wirft die Frage nach sorgsamer Verwendung von Steuergeldern auf.

Der stellvertretende Vorsitzende der Nagolder Naturfreunde Thomas Essig ist sich sicher, dass eine weitere Aufwertung des Bereiches Kreuzertal auch ohne Abriss des Hauses Waldeck möglich ist.

Das Thema will die Nagolder SPD nun im Gemeinderat diskutieren, ein Abbruch gehe als ultima ratio zum Schluss noch immer, "aber wir dürfen nichts unversucht lassen, um solch ein historischen Gebäude für die Zukunft Nagolds zu erhalten", so Daniel Steinrode in seinen Ausführungen zu Abschluss der Begehung.