Bürgermeister Philipp Saar will es erneut wissen: Er kandidiert für eine zweite Amtszeit. Foto: Reinhard

Nur noch wenige Tage, dann wählen die Haslacher einen neuen oder alten Bürgermeister. Im Gespräch erklärt Amtsinhaber Philipp Saar, wieso er seinen Beruf liebt und welche Vorteile das Ergebnis der Bundestagswahl für die Stadt bringt.

Ihre Stimme für Amtsinhaber Philipp Saar oder seinen Herausforderer Armin Hansmann geben die Einwohner am Sonntag, 16. März, ab. Im Interview zeigen beide Kandidaten ihre Ideen für die Schaffung von Wohnraum auf, was die Stadt gegen den Klimawandel tun kann und was sie am Job des Bürgermeisters reizt. Amtsinhaber Philipp Saar erklärt im Gespräch, warum er gerne 24 Stunden am Tag Bürgermeister ist und wie man in Haslach Wohnraum für bis zu 400 Menschen schaffen könnte.

 

Herr Saar, mit Bundestagswahl, Fastnacht und dem Bürgermeisterwahlkampf waren die letzten Wochen sicher anstrengend. Bürgermeister ist kein Job, den man von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr ausübt. Warum wollen Sie ihn noch mal acht Jahre machen?

Ich würde sagen, die letzten Wochen waren nicht anstrengend, sondern „termindicht“. Bürgermeister ist eine Aufgabe, die ich sehr gerne mache, und zwar mit täglich wachsender Begeisterung. Das verursacht dann keinen „Stress“ und ist auch keine Belastung. Ja, man ist immer Bürgermeister, 24 Stunden, sieben Tage die Woche, ob auf dem närrischen Wochenmarkt, wenn man das Kind in den Kindergarten bringt oder Jubilarsbesuche macht. Aber das ist gut so. Ich will ja auch ansprechbar und erreichbar sein für die Menschen.

Sie sagten gerade, Sie würden den Job mit wachsender Begeisterung ausüben. Warum?

Weil immer wieder neue unvorhergesehene Dinge hinzukommen. Ich habe vor acht Jahren, als ich anfing, gewusst, dass es ein abwechslungsreicher Beruf ist. Diese Themenvielfalt übertrifft all meine Erwartungen im positiven Sinne. Es ist unglaublich spannend. Es gibt ständig neue Aufgaben und Herausforderungen. Aber das macht das Ganze reizvoll und auch erfüllend.

Das klingt toll. Ist es denn nur toll?

Manche Dinge lassen sich schnell lösen. Manche haben eine deutlich längere Laufzeit als ich es aus der freien Wirtschaft gewohnt bin. Das stört, liegt aber nicht am Bürgermeister oder an der Verwaltung, sondern an den Prozessen an für sich. Diese kann ich nicht verändern. Ich kann Regelungen und Gesetze nicht über Bord werfen. Verfahrensabläufe zur Umsetzung von Maßnahmen sind allen gleichermaßen vorgegeben. Dann nutze ich aber meine Bewegungsfreiheit für das, was ich selbst in der Hand habe. Wie bei der B 33. Mir war immens wichtig, eine schnelle Entscheidung zu treffen und nicht noch weitere 40 Jahre zu diskutieren. Wir hätten noch zehn Jahre reden können, aber das ist nicht meine Art zu arbeiten.

Was sagen Sie zum Ergebnis der Bundestagswahl und was hat es für Auswirkungen auf Haslach?

Konkret für Haslach ist es ein gutes Ergebnis, weil die Kontakte, die wir im Bund haben, uns erhalten bleiben. Wir können weiterhin von unseren Kontakten in den Bundestag profitieren – aus dieser Sicht ist die Bundestagswahl für uns „gut“ ausgegangen. Zum Gesamtergebnis: Ich glaube, der Regierungswechsel wird dem Land guttun. Eine Veränderung bietet für uns als Kommune eine Chance in vielen Bereichen, in denen aktuell Stillstand war – Infrastruktur, Schulen, Wohnungsbau. Ich sehe gute Chancen, dass von dem angedachten Investitionsvolumen in Haslach etwas ankommen wird.

Es ist eng im Kinzigtal, Wohnraum ist knapp. Topografie und Demografie erfordern neue Ideen für die Erschließung von Wohnraum. Welche Ideen haben Sie noch in petto?

Wohnraum wird das Thema der kommenden Jahre. Wie können wir in Haslach vor dem Hintergrund steigender Kosten und den wenigen Flächen noch Wohnraum schaffen? Da sind wir schon auf einem guten Weg. Mit dem „Förderprogramm Flächengewinn durch Innenentwicklung“ haben wir einen guten Überblick bekommen, was wir an Potenzialen haben. Auf viele dieser Flächen hat die Stadt aber keinen Zugriff. Sie sind privat und da werde ich auch keinem reinreden, dass er sie abgeben muss. Wir können Anreize schaffen, in Gespräche gehen – was wir auch eifrig machen. Wir müssen mit einer Kombination aus Neubauten und neuen Ideen wie mit dem modularen Wohnen beim Ditterwerk arbeiten. Beim Thema Bauen werden wir auch mit einer Sozialquote arbeiten.

Es geht ja nicht nur darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, es geht ja überhaupt um Wohnraum.

Genau, deshalb ermöglichen wir jetzt schon Anpassungen des Flächennutzungsplans oder des Bebauungsplans, zum Beispiel zum Aufstocken von Reihenhäusern – kleinere Maßnahmen, die für den Einzelnen dazu führen können, dass in einem Haus, wo vielleicht bisher nur zwei Personen gewohnt haben, dann doch eine Familie unterkommen kann. Brühl, Ditter und die Hansjakobreinigung sind die drei großen Projekte, die wir als nächstes angehen und so für bis zu 400 Menschen Wohnraum schaffen.

Was ist mit kreativen Lösungen?

Ich kann mir vorstellen, auf Supermärkten Wohnraumschaffung zu ermöglichen oder dass wir einen Kindergarten mit einem Altenheim kombinieren. Solche Ideen müssen wir uns zutrauen und vielleicht einfach mal machen. Aber noch mal: Ohne Eigentum und Fläche wird das schwierig – ohne bezahlbare Fläche noch mehr.

Bei der Kinderbetreuung besteht in Haslach eine Schere zwischen existierenden Plätzen und theoretischen Bedarf. Wie wollen Sie dem begegnen?

Das ist so nicht richtig. Wenn wir als Maßstab die 100 Prozent nehmen, die einen Rechtsanspruch haben, dann haben wir einen Bedarf. Aber es wird nie 100 Prozent geben, die diesen Bedarf auch abrufen. Als der Rechtsanspruch 2014 kam, ging man davon aus, dass etwa 30 Prozent ihn in Anspruch nehmen würden. Wir liegen aktuell bei einem tatsächlichen Deckungsgrad von rund 75 Prozent. Der Rechtsanspruch allein bringt ja aber noch gar nichts. Nur durch ihn haben wir weder mehr Erzieher noch haben wir eine Fläche, noch haben wir einen Kindergarten gebaut. Ich bin an vorderster Front dabei, praxisgerechtere Betreuungsformen zu ermöglichen. Es ist absurd, wenn gut Ausgebildete – meistens Frauen – zu Hause bleiben müssen, weil die Betreuung nicht funktioniert. Ich will, dass Familien die Option haben, frei und selbst zu entscheiden, was das Beste für sie ist. Hier müssen wir ein Angebot vorhalten, das es schafft, möglichst viele unterschiedliche Bedarfe abzudecken.

Wo sehen Sie in Haslach Potenzial, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen?

Wir müssen alle unseren Teil beitragen dieser Herausforderung zu begegnen. Die Frage ist, in welcher Dimension bei uns etwas möglich ist. Fangen wir mal mit der Klimaresilienz an. Hier schaffen wir bereits nachhaltiges Stadtgrün, was Biodiversitätsräume bietet für Pflanzen und Lebewesen Das ist das eine. Das andere ist, dass wir bei den Stadtwerken den schon vor Jahren eingeschlagenen Weg weiter forcieren und in nachhaltigen, grünen Strom investieren. Da planen wir aktuell ein neues Wasserkraftwerk, PV-Anlagen auf Flächen und Dächern, die der Stadt gehören und Windkraft. Es geht auch um Ermöglichung: Beispielsweise auch in der Altstadt PV auf den Dächern zu installieren. Das Thema kommunale Wärmeplanung treiben wir strategisch voran, damit wir den Bürgern Hilfestellung leisten können.

Weil gerade Fastnacht war: Welche Rolle wollen Sie beim Theaterspiels bei der Rathausstürmung unbedingt mal spielen?

Ich will da nicht die Überraschung verderben. Aber ich habe mindestens noch acht starke Rollen im Kopf.

Zur Person

Philipp Saar ist 46 Jahre alt, verheiratet und hat einen Sohn. Er stammt aus Emmendingen, studierte Politikwissenschaften, neue sowie neueste Geschichte und ist seit 2017 Bürgermeister der Stadt Haslach. Er setzte sich vor acht Jahren mit knapp 92 Prozent der Stimmen durch. Der Haslacher ist unter anderem Vize-Präsident des deutschen Städtetags, stellvertretender Landrat und Fraktionsvorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion.