Die Zunahme von Auflagen und Regulierungen resultiert in einer Abnahme von Fastnachtsumzügen. Foto: Reinhard

Fastnachtsvereine beklagen Regulierungswut der Behörden. Finanzielle Engpässe.

Mittleres Kinzigtal - Dass das Organisieren, Vorbereiten und Wagenbauen für das bunte Fastnachtstreiben aufwändig ist, versteht sich von selbst. Aber das ist nicht der Grund dafür, dass die Zahl der Umzüge abnimmt: Viele scheuen mittlerweile die vielfältigen Auflagen.

Genervt von den zunehmenden Vorschriften, Auflagen und Einschränkungen, die auf die Narrenvereine von Jahr zu Jahr verstärkt zukommen, ist Klaus Bernd Müller, Vorstand der Haslacher Narrenzunft. Zwar sei die Situation von Ort zu Ort verschieden, aber generell betreffe die Regulierungswut alle Zünfte durch einen deutlich erhöhten finanziellen Aufwand und einem Mehrbedarf an Manpower", so der 56-Jährige.

Als großes Ärgernis bezeichnet er, dass eine Narrenzunft für die Erteilung der Genehmigung eines Umzugs unterschreiben muss, die entsprechenden Paragrafen der Straßenverkehrsordnung zu akzeptieren, die die erforderliche Sondernutzung des Straßenraums regeln. "Damit übernehme ich als Vorsitzender quasi die vollständige Haftung für das, was bei dem Umzug passiert. Da bin ich dann sogar verantwortlich, wenn sich einer beim Tritt in ein Schlagloch im Asphalt verletzt oder ich muss bei Schneefall die Straße freihalten", schildert der gebürtige Wolfacher, der seit seiner Jugend in Haslach lebt, die aktuelle Lage.

Ähnlich ist die Situation beim Anbringen des Straßenschmucks. Auch hier besteht eine Genehmigungspflicht, für die Angaben erforderlich sind, wann wer wo die Bändel aufhängt und wie viele Personen die Aktion absichern. "Wie beim Antrag zur Straßensondernutzung kommt dann jeweils eine dicke Mappe mit Auflagen zurück", ärgert sich Müller.

Auch Deko betroffen

Auch die Einhaltung der Brandschutzverordnung wird nach Müllers Angaben immer aufwändiger. Bei der Dekoration der Hallen seien nur noch Stoffbändel und Wimpel zugelassen, die zuvor in einem Spezialverfahren imprägniert worden sind, um die Entflammbarkeit zu erschweren. "Ohne entsprechendes Zertifikat lässt dich heute kein Hallenmeister mehr rein", weiß Müller aus eigener Erfahrung. "Das sind alles Kosten, die sich auf einen gehörigen Betrag summieren", bilanziert der Einkaufschef einer Haslacher Firma. Es gebe schon einige kleinere Zünfte, die diese Mehrkosten nicht mehr stemmen könnten und Umzüge oder Veranstaltungen abgesagt hätten.

Sehr kostenintensiv sei gerade bei größeren Umzügen die Aufgabe, für die Sicherheit von Narren und Besuchern zu sorgen. "Da fallen schon hohe Kosten für Securitypersonal an, denn die Polizei steht wegen Personalmangels nicht mehr wie früher zur Verfügung.

Ein weiteres Problem ist laut Müller, dass immer weniger Menschen sich bereit erklären, in Leitungsfunktionen Verantwortung zu übernehmen. Nicht ganz unverständlich, wie der Vorsitzende betont, denn wer schon im Beruf Verantwortung trage, habe einfach keine Lust, das auch noch in seiner Freizeit im Verein zu tun. Und angesichts der massiven Auflagen stehe man bei größeren Veranstaltung quasi "immer ein Stück weit mit einem Fuß im Gefängnis".

Nicht unerwähnt möchte er auch einen weiteren Aspekt lassen, an den die wenigsten Außenstehenden denken würden. "Vor lauter Organisieren wird es für uns immer schwieriger, selbst Fasent zu feiern. Die eigentliche Sache tritt immer mehr in den Hintergrund. Statt bei den Umzügen mit dabei zu sein, müssen immer mehr Aktive zur Sicherung der Umzugswege und -wagen als Ordner eingesetzt werden. Das ist sehr schade", bedauert Müller die momentane Situation.

"Es wird jedes Jahr ein Stück schwieriger für uns", fasst der 55-Jährige zusammen. Und er fordert die Behörden, Städte und Kommungen auf, bei den Auflagen, Vorschriften, Gebühren und Kosten den Vereinen ein Stück weit entgegen zu kommen. "Wir brauchen einfach mehr Luft zum Atmen. Das betrifft sowohl die Bürokratie als auch die Finanzen." Schließlich sei der schwäbisch-alemanischen Fasent 2014 durch die UNESCO-Kommission der Status eines immateriellen Kulturerbes zugestanden worden. Und dieses Erbe gelte es zu schützen. Dabei benötigen die Vereine mehr Entgegenkommen und Unterstützung durch die Behörden. Schon jetzt sind die Auflagen kaum noch zu erfüllen. Dadurch besteht die Gefahr, dass wir bald das Bauchtum nur stark eingeschränkt oder gar nicht mehr ausüben können", warnt der Zunft-Vorsitzende.

Land und Kommunen sollen Fasnachtsveranstaltungen künftig finanziell unterstützen. Das fordert die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN). Deren Präsident Roland Wehrle betonte jüngst bei der Hauptversammlung in Pfullendorf, dass die finanzielle Hilfe aufgrund der gestiegenen Kosten für die Sicherheitsauflagen bei Umzügen und Narrentreffen nötig sei. Es brenne unter den Nägeln, und es müsse schnell gehandelt werden, da die Zünfte total frustriert seien, äußerte Wehrle gegenüber den Medien. Sicherheitskonzepte von 100 Seiten Umfang seien keine Seltenheit. Dabei gehe es beispielsweise um Straßensperrungen oder auch die Sicherung von Zelten. Sicherheitskräfte und Sanitäter sind bei den Events mittlerweile vorgeschrieben. Das koste die Zünfte mehrere 10 000 Euro pro Veranstaltung.