Natalia Avelon stellte Amy Winehouse beeindruckend dar. Fotos: Kornfeld Foto: Schwarzwälder-Bote

Aufführung: Die SWR3 Live-Lyrix setzen aus dem Radio bekannte Popsongs gekonnt in Szene

Die SWR3 Live-Lyrix - das ist weit mehr als die Übersetzung der Texte von Songs aus der Rock- und Popgeschichte. Natalia Avelon und Roland Spieß spielten die Songs am Mittwochabend in der Stadthalle in Haslach nach, und zwar so, dass sie unter die Haut gingen.

Haslach . Teilweise regten die gesprochenen deutschen Texte zum Nachdenken an oder brachten das Publikum einfach zum Lachen. Die originalen Songs wurden eingespielt.

Der Regisseur der Lyrix, Ben Streubel, moderierte den Abend und steuerte viele verrückte und witzige Hintergeschichten bei.

"Sound of Silence" der Band Disturbed wurde sehr eindringlich dargestellt. Avelon überzeugt als einsame Frau und die kalte dunkle Kulisse unterstrich die Atmosphäre. Streubel erzählte über den Hintergrund des Liedes, das ursprünglich vom Duo Simon and Garfunkel stammt und davon wie unbeliebt Cover-Versionen in der Popwelt sind.

Avelon und Spieß tanzten zu "Despacito" von Luis Fonsi mitreißend und flirtend über die Bühne. Anschließend machte Avelon zum Lied "I ain’t your Mama" von Jennifer Lopez dem faul im Bett liegenden Spieß aber sehr deutlich, dass sie nicht seine Mama sei. Sie denke nicht daran, seine Wäsche zu waschen oder für ihn zu kochen.

Romantik

Romantik kam bei "Say you won’t let go" von James Arthur ins Spiel. Spieß saß an einem Frühstückstisch und flehte seine nicht anwesende Geliebte an, ihn doch bitte nicht zu verlassen. Er werde ihr immer Frühstück machen und Blumen bringen.

Beeeindruckend war die Interpretation von "Hotel California" der Eagles. Auf der Bühne entstand ein Hotel am "Highway Number One", in dem ein zufälliger Gast (Spieß) von der Empfangsdame (Avelon) zum Feiern aufgefordert wird, von ihr mit der Peitsche über die Bühne gejagt wird und mit einem Messer in der Brust endet. So wurde der Originaltext "You can check out any time you like, but you can never leave" (Du kannst auschecken wann du willst, aber kannst niemals gehen) umgesetzt.

"Komm rein, schließ die Tür, ich denke es ist Zeit." So beginnt der Song "Motherfucker" von Robbie Williams. Laut Streubel hat Williams für seinen fünfjährigen Sohn dieses Lied geschrieben, um ihn über seine Familie aufzuklären. "Wir sind alle durchgeknallte Arschlöcher, aber es ist immer gut zu wissen woher man kommt", übersetzte Streubel.

Der Favorit

In der Pause stimmte das Haslacher Publikum über den Favoriten aus zehn ausgewählten Liedern aus und wählte "In the Ghetto", gesungen von Elvis Presley und seiner Tochter Lisa-Marie. Streubel erzählte, wie die Tochter im Studio zu den Originalaufnahmen ihres Vater singen wollte, jedoch die Aufnahmen immer wieder unterbrach, da sie weinen musste. Die Darbietung des deutschen Texts durch Avelon und Spieß war aggressiver und fast eindrucksvoller als das gesungene englische Original.

Politische Anspielungen

Auch politische Anspielungen gab es, so nach der Übersetzung von "American Idiot" von Green Day, dem Lied über den amerikanischen Idioten. "Während dieser Song lief, hat Donald Trump schon dreimal getwittert" kommentiert Streubel und ging zum nächsten Lied über.

Der heißt "Psycho Chicken" (geisteskrankes Huhn) und ist von den "Fools". Darin wurde die Massentierhaltung schon 1979 auf witzige Weise kritisiert. Avelon, verkleidet als Huhn und laut gackernd, jagte "seinen" Besitzer (Spieß) mit der Axt über die Bühne. "Wir haben noch 198 von diesen Kostümen. Wer aus dem Publikum macht mit, verkleidet sich und geht mit zu Kentucky Fried Chicken?", fragte Streubel und hatte die Lacher auf seiner Seite.

Heaven’s Best

Unter dem Motto "Heaven’s Best" gab es ein Potpourri aus Klassikern von bereit verstorbenen Stars der Popmusik. "Weck mich auf, bevor du gehst gehst" wurde aus George Michaels "Wake me up before you go go" und das Publikum quittierte die Absurdität des Texts mit Gelächter.

Avelon gab einen überzeugenden David Bowie im Glitzeranzug zu "Ashes to Ashes" und eine theatralische Whitney Houston mit zu "I will always love you" (Ich werde dich immer lieben).

Spieß als betrunkener, lallender Joe Cocker mit dickem Bauch gab das Ausziehlied "You can leave your Hat on" zum Besten. Avelon als betrunkene Amy Winehouse, die sich verzweifelt gegen eine Therapie wehrt, war ein Highlight des Abends. "And it’s not just my pride, it’s just ’til these tears have dried". Es gehe nicht um ihren Stolz, sie wolle nur trinken, bis die Tränen getrocknet seien. Avelon stellte diese Verzweiflung der Drogenabhängigen, die in dem Lied ihre eigene Geschichte erzählt, eindringlich dar.

Die SWR3-Live-Lyrix bringen die Lieder aus dem Radio und vor allem ihre Texte auf die Bühne. Die Texte werden übersetzt und von schauspielern umgesetzt. Termine der Live-Lyrix-Tour und weitere Informationen gibt es auf https://www.swr3.de/musik/lyrix