"Ein Tunnel hat in Berlin keinen Erfolg", weiß MdL Sandra Boser über die Haslacher B 33-Umfahrung. Sie hofft, dass die aktuelle Planung umgesetzt wird. Foto: Reinhard

Interview: Landtagsabgeordnete will sich für Maßnahmen bei Bollenbach einsetzen / Tunnel ist vom Tisch

Haslach - Bienensterben, die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung, der kommende Ausbau der B 33 zwischen Steinach und Haslach sowie nicht zuletzt eine erneuerte Planung der Umfahrung bei der Hansjakobstadt: Im Mittleren Kinzigtal ist im Lauf des Jahres einiges in Bewegung gewesen. Die Landtagsabgeordnete Sandra Boser (Grüne) sprach mit dem Schwarzwälder Boten über aktuelle Entwicklungen, die die Region betreffen.

Frau Boser, Sie kommen gerade aus Gutach. Wie war die Anfahrt?

Von Wolfach aus war alles gut. Die Bahnübergänge waren alle frei (lacht). Es gab keine unvorhergesehenen Sperrungen und der Verkehr ist vernünftig durchgeflossen.

Wenn man die Verkehrssituation in Haslach kennt, ist das ja fast ungewöhnlich.

Haslach hat eine Ausnahmesituation, das ist richtig.

Wie stehen Sie zu den aktuellen B 33-Ausbauplänen?

Ich habe den Tunnel immer kritisch gesehen, weil ich auch wusste, dass ein Tunnel in Berlin keinen Erfolg hat. Die Maßnahmen, die jetzt mit dem Regierungspräsidium in Planung sind, sind ja mit dem Gemeinderat abgestimmt. Es war wichtig, dass es am Ende keine großen Überwurfbauwerke gibt, die ins Tal hinein noch einmal ein komisches Bild abgeben. Natürlich, bei der Lärmbelastung muss jetzt darauf geachtet werden, dass entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. Am Ende der Ausbaustrecke Richtung Hausach sehe ich die unterirdische Variante als die Richtige.

Sie haben gerade das Stichwort "Überwurfbauwerke" genannt. Der geplante Brückenschlag am jetzigen Ende der Ausbaustrecke steht in der Kritik, weil dort noch mal ein recht großes Bauwerk hinzukommt. Ist das Ihrer Ansicht nach vertretbar?

Es gibt ja auch Simulationen dazu, wie das am Ende aussehen wird. Wenn die Gemeinde und die Bürger das so mitgehen, sehe ich kein großes Problem. Es wird insgesamt noch sehr viele Baumaßnahmen in der Region geben und am Ende muss eine Lösung gefunden werden, die in unsere Landschaft passt. Ich denke, die ist mit der jetzigen Planung gefunden worden. Man wird nie alle befriedigen können. Das wäre auch mit dem Tunnel nicht möglich gewesen, weil dann wieder andere Betroffenheiten aufgekommen wären. Von daher denke ich, dass sich hier inzwischen eine ganz gute Lösung gefunden hat.

Vor Kurzem wurde bekannt, dass das Regierungspräsidium beim dreistreifigen Ausbau auf Höhe Bollenbach keine Notwendigkeit sieht, eine Lärmschutzwand zu bauen. Wie bewerten Sie die Situation?

Ich habe mich dazu bereits an das Regierungspräsidium gewendet, um eine Lösung zu finden. Das muss man sich vor Ort genauer ansehen, es müssen alle Möglichkeiten wie beispielsweise auch der passive Lärmschutz ausgeschöpft werden. Das ist insgesamt ein sehr schwieriges Thema, weil Lärm aus rechtlicher Sicht nicht per se als krankmachend empfunden wird. Am Ende muss aber ein vernünftiger Lärmschutz für die Bürger da sein, das ist klar.

Werden Sie da denn nochmal aktiv werden?

Natürlich. An anderen Stellen der Region war Lärmschutz schon öfter Thema und ich weiß inzwischen, dass der Bund sich in der Hinsicht recht zurückhaltend gibt. Eben, weil das Bundesimmissionsschutzrecht Lärm nicht grundsätzlich als krankmachend einstuft. Da ist die Handhabe geringer. Auch die Lärmaktionspläne, die eine Kommune aufstellen kann, haben nicht immer den gewünschten Erfolg. Wenn es Möglichkeiten gibt, das politisch zu unterstützen, mache ich das gern.

Als Grüne stehen Sie hinter der angestrebten Energiewende im Land – und dem Naturschutz. Ist es für Sie negativ oder positiv, dass die Anlagen auf dem Gütschkopf wegen des Auerhuhns nicht gebaut werden?

Ich habe immer gesagt, es braucht beides: Natur und Artenschutz sowie die Energiewende. Es gibt verschiedene Maßnahmen zur Energiewende und die Windkraft ist gerade bei uns ein wichtiger Teil davon. Wenn das auf dem Gütschkopf nicht passt, dann muss ich das nicht bewerten – das ist einfach eine Tatsache. Dieses Beispiel zeigt, dass am Ende alles Hand in Hand gehen muss. Nach den vorausgegangenen Funden habe ich mit dem Ergebnis auf dem Gütschkopf gerechnet.

Wo sehen Sie nun die Möglichkeiten der Gemeinde Oberwolfach, ihren Beitrag zu leisten?

Die Gemeinde hat beispielsweise eine Hackschnitzelanlage in Betrieb. Es geht im Klimaschutzprogramm ja auch um Maßnahmen, die man energetisch machen kann. Außerdem kann die Gemeinde andere Standorte für Windenergieanlagen prüfen, es gibt ja mehr Fläche als nur den Gütschkopf. Es gibt aber beispielsweise auch noch Fördermöglichkeiten von Seiten des Landes für große Fotovoltaikanlagen im Außenbereich. Aber das alles muss die Gemeinde entscheiden, das macht nicht die große Politik.

Aber die Gemeinde ist weiterhin in der Pflicht, ihr Soll zu erfüllen.

Jeder will ja auch seinen Beitrag leisten. Jeder spricht davon, dass wir die Atomkraftwerke abschalten wollen – und der Strom kommt nun einmal nicht allein aus der Steckdose. Zu den Alternativen gehört auch die Schonung von Ressourcen und Energieeinsparung. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten. Bei den Gemeinden im Kinzigtal muss ich im Grunde keine Türen einrennen.

Im Kinzigtal geht insgesamt wirklich viel, was das betrifft. Denken Sie nur an Fischerbach.

Ja, der Eisspeicher. Fischerbach war auch am Brandenkopf Vorreiter, was Windräder angeht. Wir haben einige Gemeinden, die auf dem Papier autark sind, was ihre Energieversorgung betrifft.

Noch im Sommer haben Sie sich in Fischerbach über die Situation der Honigbienen informiert. Was denken Sie über die Glyphosat-Zulassung?

Das ist natürlich ein Unding. Wir als Land haben uns klar darauf verständigt, dass es eine Pestizidreduktionsstrategie geben muss und wird, indem wir Landwirte dabei unterstützen, die Mittel einzusparen und nachhaltiger zu wirtschaften. Meines Erachtens ist die Verlängerung der Zulassung der falsche Weg. Am Ende dringt es ins Trinkwasser ein. Eigentlich muss es unser Anspruch sein, Trinkwasser so sauber und sicher zu halten wie irgend möglich.

Waren Sie von der Entscheidung überrascht?

Ja, weil zunächst andere Signale kamen. Auch Brüssel war zunächst kritisch und ich hatte das Gefühl, man war auf dem Weg zu einem allgemeinen Verbot. Dass dann Deutschland dieser Verlängerung zustimmt, hat mich überrascht.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass der Einsatz von Pestiziden durch nachhaltiges Wirtschaften eingedämmt werden soll?

Genau. Es wird eine neue Biodiversitätsstrategie des Landes geben, die gemeinsam mit Umwelt- und Landwirtschaftsministerium auf den Weg gebracht wurde. Betriebe, die nachhaltig naturnah wirtschaften, bekommen neue Möglichkeiten, sich fördern zu lassen. Da geht es um Pestizidreduzierung oder Natura-2000-Biotopverbünde. Es wird nicht darum gehen, ihnen neue Programme aufzudrücken, sondern ihnen einen Ansporn zu geben, nachhaltiger zu werden. Für die Naturparke sind zum Beispiel Mittel dabei, um Bienenwiesen zu errichten.

Was kann ein Landwirt machen, um Schädlinge zu bekämpfen, wenn er nicht direkt zur Chemiekeule greifen will?

Viele setzen schon darauf, Nützlinge auszusetzen. Biobetriebe kommen schon jetzt ohne Pestizide aus und greifen auf natürliche Schädlingsbekämpfungsmittel zurück. Am Ende geht es darum insgesamt weniger Pestizide auszubringen.

Das Land stockt die Ausbildungsplätze für die Polizei auf. Aber in den kommenden Jahren werden viele Beamte in den Ruhestand gehen. Wie wird konkret das Revier Haslach von dem profitieren können, was nun angestoßen wird?

Unser Ziel ist es, die Polizei in den Revieren zu stärken. Es wird bewertet, wie die Streifen vor Ort besetzt sind und wo es Nachholbedarf gibt. Wir haben ja bereits in den vergangenen Jahren die Ausbildungskapazitäten erhöht, um den kommenden Pensionierungen entgegenzuwirken. Was wir mit unserer Strategie versucht, aber nicht erreicht haben, war, die Reviere zu stärken. Am Ende hat es aber Priorität, dass die Belegschaften in den Revieren spüren, dass sich die Lage verbessert. Wie es dann konkret aussieht, weiß ich nicht, denn das wird dann über die Polizeidirektionen verteilt.  

Zur Person:

Sandra Boser wurde 1976 in Spaichingen geboren. Nach ihrem Abitur am Wirtschaftsgymnasium in Hausach studierte sie an der Berufsakademie in Mannheim Betriebswirtschaft. Von 1995 bis 2008 arbeitete sie als Diplom-Betriebswirtin. Von 2010 bis 2011 war sie Mitarbeiterin im Abgeordnetenbüro des damaligen Bundestagsabgeordneten Alexander Bonde. Seit März 2011 ist sie Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Lahr.