Rudi Allgaier sorgt sich um die Haslacher Störche. Er bürchtet, dass ihnen ohne das Feuchtbiotop die Nahrung ausgeht. Foto: Kleinberger Foto: Schwarzwälder Bote

Umwelt: Wasserwirtschaftsamt schließt Bewässerungsgraben / Nahrungsquelle der Störche trocknet aus

Haslach. Haslacher Umweltschützer sind sauer: Der Bewässerungsgraben, der das Hauptnahrungsgebiet der Störche versorgt, ist trockengelegt worden. Von oberster Stelle – und die Begründung lässt in den Augen von Rudi Allgaier zu wünschen übrig.

"Das ist einfach jenseits von Gut und Böse", findet Allgaier, der sich seit Jahrzehnten für den Naturschutz rund um Haslach einsetzt. Die Schließung des Grabens begründet das Wasserwirtschaftsamt nämlich damit, dass für diesen keine Genehmigung vorgelegen habe. Allgaier hält dagegen: "Diesen Wassergraben im Brühl gibt es seit Jahrzehnten." Der Abzweig zum "Storchengraben" sei Ende der 90er-Jahre mit der Lokalen Agenda freigelegt worden. Von dieser sei jedoch keine Ortsgruppe mehr aktiv.

Geschlossen wurde er nach Auskunft des Landratsamts (LRA) Ortenaukreis, um in der Trockenphase des vergangenen Jahres die Mindestwassermenge im Mühlenbacher Talbach sicherzustellen. Für Allgaier nicht nachvollziehbar – schließlich sei lediglich ein halber Liter pro Sekunde in den Graben abgeflossen, die Menge also "so verschwindend gering, dass das im Bach eigentlich nicht spürbar ist."

Froschlaich eimerweise aus Graben gerettet

So oder so: Der Zulauf ist inzwischen sogar verschweißt, seit Ende November fließt kein Wasser mehr ins Brühl. Das ist dramatisch für die Lebewesen, die in und um den Graben existieren. 18 Eimer voller Froschlaich hätten er und seine Mitstreiter vor Kurzem noch gerettet. Inzwischen wimmelt es in den übriggebliebenen Tümpeln im Brühl von Kaulquappen. Aber: "Ohne Wasserzufuhr werden diese auch trockenfallen", ärgert sich Allgaier und stellt die rhetorische Frage, ob er und seine Naturschützer-Kollegen etwa mit Wassereimern dafür sorgen sollen, dass die Tümpel nicht austrocknen.

"Hier wurde einfach so ein funktionierendes Ökosystem trockengelegt", kritisiert Allgaier, der befürchtet, dass dieses unwiederbringlich zerstört wird.

Das Landratsamt (LRA) sieht dies allerdings anders. In einer Antwort auf die Anfrage unserer Zeitung schreibt Kai Hockenjos, Pressesprecher des LRA: "Aus wasserwirtschaftlicher und naturschutzfachlicher Sicht konnten keine negativen Effekte auf die dortige Fauna festgestellt werden. Eine wassergebundene Fauna war nicht zu erkennen." Zwar gibt es den "Feuchtbiotopkomplex Brühl", allerdings sei dieser "nach naturschutzfachlicher Einschätzung durch Wechselfeuchte des Bodens am Standort" entstanden, nicht durch den Wassergraben.

Allgaier und seine Mitstreiter indes beobachten, dass die Störche ihre bisherige Hauptnahrungsquelle seltener aufsuchen. Allgaier sieht darin ein klares Zeichen, dass weniger Kleinlebewesen im Brühl vorhanden sind – denn der Storch sei eine "Zeigerart", die sensibel auf Umwelteinflüsse reagiert. So können die Storchenfreunde schon sagen, dass das Paar Küken füttert – wohl zwei, sagt Allgaier. Vergangenes Jahr hat es bekanntlich vier aufgezogen. Das könnte schon ein Zeichen dafür sein, dass die Tiere über weniger Nahrungsangebot verfügen, meint er.

Und wenn jetzt auch noch die Tümpel trockenfallen? "Dann wird es den Storcheneltern wohl nicht reichen", schätzt der Experte. Zumal die Tiere auch ihr Trinkwasser aus flachen Gewässern entnehmen, "niemals im Bach". Wenn den Störchen derart die Lebensgrundlage entzogen werde, stelle sich die Frage, wie lange sie überhaupt noch herkämen.

"Das ist doch ein Armutszeugnis", ärgert sich Allgaier. "Die Landschaft wird um einiges ärmer, wenn wir es nicht einmal schaffen, ein Storchenpaar zu ernähren."

Aktuell wird noch einmal geprüft, ob eine Ausleitung des Wassers aus dem Mühlenbacher Talbach ins Brühl machbar wäre. Aber: Das ist von vielen Faktipren abhängig, informiert Hockenjos. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, aber aufgrund der Komplexität des Vorgangs und Abstimmungsbedarf mit weiteren Beteiligten ist es derzeit nicht möglich, ein genaues Datum zu nennen."

Sicher sei, dass die Beteiligten umgehend informiert werden, sobald das Ergebnis vorliegt.

"Zeigerarten" werden auch Bioindikatoren genannt. Laut Wikipedia handelt es sich dabei um "ein Lebewesen, welches auf Umwelt-Einflüsse mit Veränderungen seiner Lebensfunktionen reagiert oder Stoffe anlagert oder in den Organismus einbaut". Weißstörche sind Bioindikatoren für ein funktionierendes Feuchtbiotop. Denn sie leben überwiegend von solchen Tieren, die auf Feuchtwiesen vorkommen. Sind diese nicht mehr vorhanden, findet der Storch keine Nahrung mehr und sucht sich andere Nistplätze.