Beim Rundgang durch die Haslacher Werkstatt informierte sich Marion Gentges eingehend über die produzierten Werbeartikel und nahm sich viel Zeit fürs Kennenlernen der Arbeitsfelder. Foto: Störr Foto: Schwarzwälder Bote

Lebenshilfe: Marion Gentges informiert sich / Lutz Heubach will sich kommendes Jahr zurückziehen

Die Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal steht mit der Umsetzung des Bundesteilhabe-Gesetzes (BTHG) und der Schaffung von Wohnraum vor großen Aufgaben. Beim Besuch der Landtagsabgeordneten Marion Gentges (CDU) waren es die beherrschenden Themen.

Haslach. Geschäftsführer Lutz Heubach führte eher unkonventionell in das Gespräch ein, in dem er von seinem eigenen beruflichen Hintergrund erzählte. "Ich arbeite jetzt noch ein Jahr. Im kommenden Oktober werde ich mich aus dem operativen Geschäft zurückziehen", kündigte er an. Seit 35 Jahren ist er als gelernter Jurist mit Schwerpunkt Sozialrecht bei der Lebenshilfe, hat sich davor viele lange Jahre im DRK engagiert und Kontakte bis in die Landesebene hinein gepflegt. Er sei froh, in der Lebenshilfe gelandet zu sein. Die Juristerei im Hintergrund wäre bei Pflegesatz-Verhandlungen oder ähnlichem mit dem Kostenträger hilfreich gewesen. "Es war 35 Jahre lang eine sehr erfüllende Arbeit", bilanzierte Heubach.

Die große gemeinsame Herausforderung sei nun die Umsetzung der nächsten Stufe des Bundesteilhabegesetzes, wo der einheitliche Pflegesatz ab Januar in die Fachleistung für Begleitung und in die Grundsicherung fürs Wohnen aufgeteilt wird. Und obwohl der Landkreis von Kostenneutralität bei der Umsetzung spreche, würde das nicht funktionieren. "Die Menschen mit Behinderung, die Angehörigen und die rechtlichen Betreuer müssen unterstützt werden", begründete Heubach. Die Umsetzung des BTHG nannte er ein Trauerspiel. Der Gesetzgeber würde etwas völlig Unausgegorenes tun. Leistungsträger wie Leistungserbringer würden gleichermaßen leiden.

"Ein zusätzlich hoher bürokratischer Aufwand, der zusätzliche Kosten produziert und für die Menschen mit Behinderung am Ende nicht viel ändert", fasste er seine Kritik zusammen. Es werde mit Sicherheit auf Pauschalierungs-Korridore hinauslaufen. Es sei utopisch anzunehmen, es könne für jeden Einzelnen ein individueller Satz festgelegt werden. Bereichsleiterin Gudrun Stumpp gewann dem Gesetz trotzdem etwas Positives ab, weil es als Bedarfsermittlungs-Instrument den Blick auf Umweltfaktoren lenken würde, die zur Verbesserung der individuellen Lebenssituation beitrage.

Lebenshilfe-Vorstand Karl Burger verwies auf den sich ändernden Personalschlüssel und befand: "Der Aufwand ist unbegreiflich, die verursachten Kosten kommen nicht als Hilfe bei den Menschen mit Behinderung an." Für die Landtagsabgeordnete stellte sich die Frage, ob Vorhandenes über das BTHG nur neu verteilt werde und ob weniger Bürokratie bei einer Einzelfallbetrachtung überhaupt möglich wäre.

Förderrichtlinien bremsen Entwicklungen aus

Für sprachloses Kopfschütteln sorgte dann das Thema Förderrichtlinien zur Wohnraumbeschaffung beim Vorsitzenden der Lebenshilfe. "Es ist bitter, weil ein riesen-Bedarf besteht." Es gelte zu bedenken, was sich in Familien abspielen würde, wenn beispielsweise die Eltern zu alt würden, um sich zu kümmern. "Ohne Förderung könnte man ganz anders bauen, ab so sind einem die Hände gebunden. Die Richtlinien sind viel zu eng bemessen", betonte Karl Burger.

Gudrun Stumpp verdeutlichte: "Im Laufe der Jahre ging die Entwicklung zur tendenziellen Steigerung der Lebenserwartung. Das ist sehr gut, aber wir hängen mit vielem hinterher." Lutz Heubach verglich mit der Werkstatt-Erweiterung: "Die haben wir selbst finanziert und waren in einem guten Jahr fertig. Die Förderrichtlinien sind dagegen so eng gestrickt, dass kein Spielraum bleibt."

Derzeit bietet die Lebenshilfe in sieben Wohnhäusern 143 stationäre Plätze und hat einen weiteren Bedarf von 60 bis 80 Plätzen. Mit dem Bau der geplanten Häuser in Hausach, Elzach und Zell werden 200 zur Verfügung stehen. In Verbindung mit den ambulant betreuten Wohnplätzen sind es dann 260. Landtagsabgeordnete Marion Gentges sagte ihre Unterstützung zu, falls es für den Wohnhausbau in Elzach notwendig werde. Dort ist aufgrund der Förderrichtlinien der Bau eines Hauses mit nur 24 Plätzen vorgesehen, obwohl 36 Wohnplätze sehr viel wirtschaftlicher zu betreiben wären. Für den Bau eines zweiten Hauses mit 24 Wohnplätzen, das von der Größe her auf dem Grundstück Platz hätte, müsste laut Förderrichtlinien ein extrem großer Abstand von mindestens 500 Metern eingehalten werden.