"Eichhörnchen sind clevere Tiere. Sie bemerken, dass eine Nuss taub ist", ist Förster Frank Werstein überzeugt. Foto: Mirgeler

Tierschützer sind besorgt. Viele Nüsse leer. Jäger schätzt Situation weniger dramatisch ein.  

Mittleres Kinzigtal - Überall in Deutschland schlagen Tierschützer Alarm: Eichhörnchen drohe im Winter der Hungertod, denn Nüsse seien aufgrund des trockenen Sommers taub oder verkümmert. Wie sieht es bei uns im Kinzigtal aus?

Angelika Kalmbach-Ruf vom BUND Mittleres Kinzigtal ist besorgt. Auch sie haben die Nachrichten über die drohende Nahrungsknappheit für Eichhörnchen und Igel erreicht und mehrere Quellen haben ihr bestätigt, dass auch in unserer Region viele Nüsse leer sind. "Für die Eichhörnchen eine Katastrophe. Denn sie vergraben den vermeintlichen Leckerbissen und wenn sie ihn im Winter ausgraben, haben sie nichts davon. Viele müssen wahrscheinlich verhungern", meint sie.

Viele Tannensamen und Kastanien

Das zweite Problem: Die Nüsse, die Samen gebildet haben, sind durch die Wärme in diesem Jahr besonders früh reif, doch die Eichhörnchen sind noch gar nicht in Sammellaune. Einige von ihnen versorgen noch Jungtiere, denn die andauernde Wärme gaukelt ihnen einen langen Sommer vor. Die Wildtierhelfer aus Kalmbach-Rufs BUND-Netzwerk haben ihr viele Jungtiere vermeldet, die mit weniger als 200 Gramm Gewicht aufgefunden wurden und durchgefüttert werden müssen, damit sie über den Winter kommen. Ähnlich sehe es für die Igel aus. Auch sie hätten unter dem verminderten Nahrungsangebot zu leiden und Wildtierhilfen bekämen momentan immer wieder Tiere mit weniger als 120 Gramm, die ohne Hilfe nicht durch den Winter kämen.

Ganz so dramatisch schätzt Kreisjägermeister Hans-Jürgen Schneider die Lage nicht ein. "Wir haben dieses Jahr Vollmast", erklärt er. Das bedeutet, dass 2018 Baumarten wie Buchen, Eichen und Kastanien gleichzeitig und massenhaft blühten. Und was blüht, bildet Früchte: In diesem Jahr fallen massenhaft Eicheln, Kastanien und Bucheckern zu Boden, wie Frank Werstein, Leiter des Forstreviers Gutach, bestätigt. "Am Kurpark in Gutach regnet es geradezu Eicheln. Sie bedecken fast den ganzen Boden", berichtet er. Auch Tannensamen und Kastanien gebe es extrem viel. Da Eicheln neben Nüssen zum Nahrungsspektrum der Eichhörnchen gehören, wäre ausreichend Futter vorhanden, das sie einsammeln könnten. Zudem seien die Nager clevere Tiere. Dass sie leere Nüsse vergraben, hält er für unwahrscheinlich. "Das merken sie am Gewicht", sagt er. Und selbst wenn: "Eichhörnchen vergraben so viele Nüsse, dass sie sie im Winter eh nicht alle wiederfinden. Wenn da gelegentlich eine taube dazwischen ist, fällt das nicht ins Gewicht", meint sein Kollege Schneider.

Auch für Igel genug Futter

Auch für Igel sei – im übrigen wie für die meisten Tiere Waldtiere – seiner Meinung nach genug Futter zu finden. "Der Tisch ist durch die Vollmast reich gedeckt. Auch Insekten gibt es genug." In der von Wildschweinen umgegrabenen Grasnarbe habe er beispielsweise viele Grillen gefunden. Und Insekten, Schnecken und Regenwürmer gehören zum Speiseplan der allesfressenden Igel, die nicht wie fälschlicherweise häufig angenommen, hauptsächlich Obst fressen. Laut Kalmbach-Ruf fräßen die Stacheltiere es nur, wenn sie nichts Besseres finden könnten.

Info: Igeln über den Winter helfen

Igel bevorzugen als Futter Insekten, Asseln, Würmer und Schnecken. Wenn Nahrung knapp wird, kann eine Futterstelle helfen. Dafür eignet sich Katzen- oder Hundedosenfutter, ungewürztes Rührei, gekochtes Geflügelfleisch oder durchgegartes Hackfleisch – auf keinen Fall Essensreste oder Milch! Sobald es friert oder schneit, sollte nicht mehr zugefüttert werden, sonst begeben sich Igel nicht in den Winterschlaf. Auch mit einem Winterquartier kann man den Stacheltieren helfen. Dichtes Gebüsch, Reisig- oder Komposthaufen oder trockene Hohlräume unter Holzstapeln eignen sich als Schlafplatz. Blätter, Gestrüpp, Reisig und Zweige dienen den Igeln als Isolationsmaterial. Tiere, die auch bei Frost oder Schnee unterwegs sind, unterernährt oder krank wirken, brauchen Hilfe. Untergewichtige Tiere sind an einer Einbuchtung hinter dem Kopf zu erkennen. Kranke Igel sind apathisch und rollen sich bei Berührung nicht mehr zusammen. Wer ein solches Tier findet, sollte sich an einen Experten wenden. Infos und Hilfe gibt es im Internet unter www.pro-igel.de.