Jürgen Grässlin fordert: Keine Waffen an Diktatoren, Repressoren und schon gar nicht in Kriegs- und Krisengebiete – damit wäre ein Riesenschritt gemacht. Foto: Störr Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Friedenspreisträger und Buchautor Jürgen Grässlin referiert über Waffenexporte und Gegenaktionen

Die Menschheit muss zu der Erkenntnis kommen, Frieden zu finanzieren – nicht Krieg. Diese Botschaft hat Friedenspreisträger und Buchautor Jürgen Grässlin vertreten, der im Haslacher Gemeindehaus St. Sebastian über Rüstungsexporte referierte.

Haslach. "Wenn du dem Waffentod und dem Hungertod begegnet bist, weißt du, wie gut es dir geht", schickte Grässlin im gut besuchten Gemeindehaus voraus. "Was ich zeige, ist nicht leicht zu verdauen", sagte er.

Kriege seien im vergangenen Jahr mit 1,74 Billionen US-Dollar finanziert worden. Seit den Zeiten des Kalten Kriegs bis etwa ins Jahr 2002 wäre der weltweite Rüstungs-Trend rückläufig gewesen – und habe sich nach den Anschlägen auf das World Trade Center innerhalb von nur drei Jahren verfünffacht. Mittlerweile wäre Deutschland der weltweit viertgrößte Lieferant bei Großwaffen-Systemen und beliefere an erster Stelle Länder wie Algerien, Ägypten, Litauen, USA, Australien, Saudi Arabien, Republik Korea, die Vereinigten Arabischen Emirate, Großbritannien und die Niederlande.

Bevölkerung wird beim Handel nicht gefragt

"Mehr als die Hälfte der deutschen Waffenexporte sind widerrechtlich und illegal", betonte Grässlin und verdeutlichte anhand der Ausfuhr-Bestimmungen: "Ägypten, Saudi Arabien und die Vereinigten Emirate führen Krieg im Jemen – und es wird bombardiert mit deutschen Waffen!" Der Bundessicherheitsrat entscheide in geheimen Sitzungen, wer welche Waffen bekomme, die Bevölkerung werde beim Handel nicht gefragt.

"Es geht um richtig viel Geld bei den Rüstungsexporten", verdeutlichte er. Dass Deutschland auch als Kleinwaffen-Lieferant weltweit auf Platz vier steht, befand er als besonders schlimm. "Die Massenvernichtungswaffe des Globus ist das Gewehr!", mahnte der Friedensaktivist. "Die meisten Menschen sterben nicht, wenn sie getroffen werden – sie werden verstümmelt, verkrüppelt und traumatisiert."

Mit Bildern untermauerte er seine Ausführungen eindrücklich und zeigte die Verflechtungen von deutschen Rüstungsfirmen wie Rheinmetall oder Heckler&Koch auf. Der Bundesregierung warf er permanenten Rechtsbruch bei Export-Genehmigungen vor, der Einzelfall werde zum Normalfall. Es werde sogar in Länder geliefert, für die ein Waffen-Embargo gelte und selbst der sogenannte Islamische Staat (IS) schieße und morde deutsch.

Auf dem weltweiten Waffenmarkt gebe es ein einziges Gesetz, das für alle gelte: Wer am meisten bezahlt – der bekommt! "Doch wer Waffen sät wird Flüchtlinge ernten", mahnte Grässlin. "Die Rüstungsimporteure und die Herkunfts-Länder der Flüchtlinge haben eine große Schnittmenge." Er sei Menschenrechts-Aktivist, aber kein Ideologe und gehöre auch keiner Partei an. Mit der Lieferung von Grenzsicherungs-Anlagen deutscher Firmen prognostizierte Grässlin eine humanitäre Katastrophe in Algerien, Lybien und Ägypten. Flüchtlinge, die aufgrund der Klimakatastrophe in Richtung Norden fliehen würden, erreichten das Mittelmeer nicht mehr und würden an den Grenz-Zäunen sterben.

"Ich will die Welt verändern – aber ich bekomme das nicht alleine hin", führte er dann zum zweiten Teil über.

Viele Ansatzpunkte im privaten Bereich

Man könne und müsse richtig viel tun – und es gebe viele Ansatzpunkte im privaten und politischen Bereich, wie ausführlich geschildert wurde. Er selbst habe seine Methode geändert und lasse sich nicht mehr verklagen – sondern verklage mittlerweile die Rüstungsfirmen: mit Erfolg.

Neben dem Aktionsbündnis "Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel" sei im Frühjahr das "Global-Net – Stop the arms trade" gegründet worden, denn das wichtigste wäre ein gutes Netzwerk. Nach der Schilderung seines Engagements appellierte er an die Zuhörer: "Schaut, wo ihr euch einklinken könnt. Es geht darum, Humanismus, Pazifismus und die christlichen Werte in die Welt zu tragen."

Der Vortrags- und Diskussionsabend wurde von der KAB organisiert, die gemeinsam mit dem DGB, dem Frauen-Netzwerk für Frieden, der KLJB, dem Weltladen, den Grünen, der Frauengemeinschaft, dem BUND und dem Kiebitz eingeladen hatte. Die musikalische Umrahmung oblag Matthias Demmel und Edgar Laug, die inhaltlich passende Bob Dylon-Songs interpretierten.