Das Grundbildungszentrum Ortenau und das Alfa-Mobil machten am Mittwochvormittag in Haslach auf ihre Anliegen aufmerksam. Foto: Kleinberger Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Grundbildungszentrum des Kreises und Alfa-Mobil wollen Lerngruppe im Kinzigtal gründen

Haslach. Gut zwölf Prozent der Erwachsenen in Deutschland können nicht richtig lesen oder schreiben. Heruntergebrochen auf die Ortenau bedeutet das, dass rund 50 000 Personen betroffen sind. Das Grundbildungszentrum Ortenau will helfen – und machte deshalb am Mittwoch auf dem Haslacher Marktplatz auf sein Anliegen aufmerksam.

Unterstützung erhielten die Mitarbeiter des Grundbildungszentrums dabei vom "Alfa-Mobil", das ebenfalls über die Möglichkeiten informiert, im Erwachsenenalter das Lesen und Schreiben zu erlernen. Bürgermeisterstellvertreter Joachim Prinzbach begrüßte seitens der Stadt und betonte, Bildung sei nicht nur die Grundlage wirtschaftlichen Wohlstands. Sie sei auch die Grundlage eines demokratischen Miteinanders. "Ich bin froh, dass Sie sich dafür einsetzen, dass Lücken geschlossen werden", wandte er sich unter anderem an Bruni Deblitz, Karin Weißer und Knut Becker, den Leiter der Fachstelle für Grundbildung und Alphabetisierung Baden-Württemberg.

Letzterer betonte, dass daran mehr hänge als die Grundbildung: "Es geht auch darum, zu verstehen, wie Demokratie funktioniert". Dass so viele Menschen in Deutschland nicht richtig lesen oder schreiben könnten, "darf uns als Gesellschaft nicht gleichgültig sein", so Becker. Er hoffe, mit der Aktion in Haslach viele Lernende ansprechen zu können – da es sich aber um ein Tabuthema handele, gehe es im ersten Schritt eher darum, das Umfeld Betroffener zu erreichen.

Bruni Deblitz, die die Kurse im Grundbildungszentrum Ortenau koordiniert, erklärte, sie suchten gezielt im Kinzigtal Erwachsene, die Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben. Kurse beginnen, sobald sich drei bis vier Teilnehmer gefunden haben und haben maximal acht Teilnehmer, wodurch eine individuelle Betreuung gewährleistet sei, führte sie aus. "Die Kurse sind außerdem kostenlos", betonte Deblitz. Und, was die Zeiten betrifft, können diese in Abstimmung mit den Teilnehmern gefunden werden. In Offenburg findet ein solcher beispielsweise montags von 15.30 bis 17 Uhr statt, in Lahr mittwochs von 16.15 bis 17.45 Uhr.

Zusätzlich gibt es in Offenburg ein sogenanntes "Lerncafé" – eine freie Gruppe, zu der jeder kommen kann. Sie findet von 10 bis 12 Uhr in der Hauptstraße 9 statt. Interessierte sollen den Hintereingang bei C&A benutzen.

Sensibilisierung des Umfelds ist wichtig

Auch Deblitz berichtete davon, dass Probleme mit dem Lesen oder Schreiben sehr tabubehaftet seien. Betroffene würden sich schämen und die Probleme kaschieren. So sei es sehr schwierig, diese direkt durch Aktionen wie die in Haslach zu erreichen – es gehe eher darum, das Umfeld zu sensibilisieren. Da viele Betroffene erwerbstätig sind, spricht sie auch gezielt Firmen an. "Ein Unternehmen aus der Ortenau hat bisher ernsthaftes Interesse gezeigt", so Deblitz. Sie hofft, dass in Zukunft noch mehr Menschen für das Thema sensibilisiert sind und sich bald eine Lerngruppe im Kinzigtal formiert.