Sehen einer ungewissen Zukunft entgegen: Menqgi Zhang, Klara und Samanta mit Freundin Luna und Joanna Nock. Foto: Störr

Drama: Dachsturz von Manuel Schickler wirft Familienbetrieb zurück. Vorstellungen finden trotzdem statt.

Haslach - Am Mittwoch war die Welt für den kleinen Zirkus Nock noch in Ordnung: In der Haslacher Schwarzwaldstraße baut das Familienunternehmen neben der B 33 sein Zelt auf. Dann das Drama: Zirkuschef Manuel Schickler stürzt vom Zeltdach und verletzt sich schwer.

Die gute Nachricht vorneweg: Schickler geht es etwas besser. Seit seinem verheerenden Sturz liegt der 38-Jährige im Offenburger Klinikum. Es sind aber weitere Operationen notwendig, Schickler wird nach ärztlicher Prognose bis zum Ende des Jahrs nicht mehr arbeiten können.

"Mein Mann hatte eine Million Schutzengel", ist sich Joanna Nock sicher. Er hatte beim Sturz vom weitestgehend aufgebauten Zirkuszelt mit einem Schädelbasisbruch und mehreren Knochenbrüchen sehr schwere Verletzungen zugezogen.

Und doch: "Zwei Zentimeter daneben ist der Bordstein. Wenn er dort aufgeschlagen wäre…". Joanna Nock beendet den Satz nicht. Dafür erzählt sie dem SchwaBo vom Unfall, aber auch von dem "unfassbaren Verhalten der Vorbeifahrenden". Das Zirkuszelt steht in exponierter Lage neben der B 33. "Glauben Sie, da hätte nur einer angehalten und geholfen? Auf Facebook bekam ich Filme zu sehen, die gepostet wurden, während ich versucht habe, meinem Mann zu helfen", erzählt sie, fassungslos über derartiges Verhalten.

Denn was für die Schaulustigen eine Episode auf ihrem Weg am Mittwochabend war, stellt Joanna Nock vor eine extreme Herausforderung. Zerrissen zwischen der Sorge um ihren Mann, der Betreuung der beiden Töchter, dem Aufrecht erhalten des Zirkusbetriebes und dem sicheren Wissen um eine äußerst ungewisse Zukunft sieht sie der Geburt ihres dritten Kindes entgegen.

"Ich darf nicht Lastwagen fahren, an unserem Auto ist die Achse gebrochen und ich muss einen Stellplatz suchen – der idealerweise etwas geschützt auf einer Wiese liegen sollte", umreißt sie die drängendsten Probleme. Dann der nächste Schock: "Eine Frau sprach mich in einem Geschäft an und bat um eine Spendenquittung über 70 Euro", erzählt Joanna Nock. Demnach sei "ein älterer Mann vom Zirkus" gekommen und habe die Geschäftsfrau um eine Spende gebeten.

"Wir gehen auf gar keinen Fall betteln oder hausieren", stellt Joanna Nock klar: "Wenn uns jemand etwas spenden will, möchten wir ihn hier auf dem Zirkusplatz begrüßen", betont sie.

Dass die fixen Kosten weiter laufen und nach dem Gastspiel in Haslach eine Zwangspause sein muss, wird der nächste große Anspruch sein. Als sie ihren Mann vor zehn Jahren kennengelernt hatte, waren beide bei verschiedenen Zirkussen angestellt. Dann haben sie sich nach langer Überlegung im Mai dieses Jahres für die Selbstständigkeit und den alteingesessenen Zirkusnamen "Nock" entschieden. Einzig, dass der Zirkus keine Tiere habe und sein Programm einzig auf Akrobatik und Artistik basiere, sei in der jetzigen Situation ein großer Vorteil.

Dass während des SchwaBo-Besuchs am Samstagnachmittag immer wieder einmal jemand vorbeikommt, gute Genesungswünsche sowie die Anteilnahme ausdrückt und etwas Geld dalässt, berührt Joanna Nock zutiefst. Sie hofft nun auf weitere Unterstützung in dieser Richtung, ist dankbar für Lebensmittel und Sachspenden.

Noch mehr würde sie sich zusammen mit Artist Menqgi Zhang allerdings über ein volles Zirkuszelt freuen, denn bis zum 23. Juli werden die täglichen Vorstellungen, wie geplant, um 17 Uhr stattfinden. "Ich habe Menqgi erst vor drei Wochen in Zell kennen gelernt und er ist so eine große Hilfe", zeigt sich die Chefin dankbar: "Er wurde im chinesischen Staatszirkus ausgebildet und trainiert jetzt einige Nummern, die eigentlich mein Mann präsentierte. Er legt Hand mit an, wo es nur geht."

Beim Blick ins Zirkuszelt balanciert Menqgi gerade eine Leiter, anschließend einen Stuhl auf dem Kopf. Klara Georgina, Samanta Cheyenne und Freundin Luna schauen ihm gebannt dabei zu. Abends heißt es dann für die achtjährige Klara und die fünfjährige Samanta selbst, ihre einstudierte Akrobatik in der etwa eineinhalbstündigen Show zu zeigen.

Am Dienstag und Mittwoch sind keine öffentlichen Vorstellungen, da bleibt das Zirkuszelt den Menschen mit Behinderung vorbehalten.

Denn 30 Prozent der Eintrittsgelder aus allen Vorstellungen werden nach Angaben von Joanna Nock an die Lebenshilfe gespendet. Die letzte Vorstellung ist am Sonntag, 24. Juli, um 15.30 Uhr. Kontakt mit Zirkuschefin Joanna Nock ist unter der Mobilfunknummer 0152/28 79 20 17 möglich.