Nagelneu und hochmodern: Die Textildruckmaschine wird in der Haslacher Lebenshilfe von Jasmin Neumaier (links) und Stefanie Schmieder bedient. Foto: Störr Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Verein entwickelt zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung sichere Arbeitsplätze

Die Lebenshilfe für Menschen mit Behinderungen im Kinzig- und Elztal feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Vereinsjubiläum. Aus diesem Anlass stellt der Schwarzwälder Bote die vielfältigen Aufgaben der Lebenshilfe in einer Folge von Artikeln vor.

Haslach. Die Werkstätten der Lebenshilfe waren von Anfang an dem Spagat zwischen sozialer Komponente und betriebswirtschaftlich orientierter Produktion ausgesetzt.

Am Anfang stand die Überlegung, Menschen mit Behinderungen im Anschluss an ihre Schulzeit eine sinnstiftende Arbeit anzubieten. Im Lauf der Jahre hat sich die Lebenshilfe dann zu einem starken Partner der Industrie entwickelt. "Wir liefern zertifizierte Qualität und möchten für die Auftraggeber nichts anderes sein, als ein ganz normaler Betrieb", erklärt Haslachs Werkstattleiter Rudolf Ruf.

Wie die Abläufe intern geregelt werden, welche Unterstützung bei einzelnen Arbeitsabläufen notwendig sind und wie bedeutend das familiäre Miteinander für die Beschäftigten ist, stehe auf einem anderen Blatt, sagte er.

Für Menschen mit Behinderung sei es von noch größerer Bedeutung, etwas Sinnvolles zu leisten und dafür auch bezahlt zu werden, als für andere Menschen. Getreu dem Motto der Lebenshilfe "Leben so normal wie möglich" werde genau das in den Werkstätten geleistet.

Wolfacher Firma als erster und wichtigster Unterstützer

Seit 1973 schon werde am Produktionsstandort Haslach gearbeitet, am Anfang habe es dort gerade einmal 30 Arbeitsplätze und zumeist Montage-, Fräs- oder Dreharbeiten für die heimische Industrie gegeben. Doch schon ein Jahr später seien die Eigenproduktion, Montage und der Vertrieb von Kugelschreibern zum zukunftsträchtigen Produktionszweig geworden. Dabei sei die Wolfacher Firma "Klio" eine der ersten Geschäftspartner gewesen – und bis heute auch geblieben.

Für diese langjährige Unterstützung zeigte sich Berthold Schätzle sehr dankbar. Als technischer Leiter ist er für die Werkstätten in Haslach, Steinach und Elzach zuständig. "Man muss die Fähigkeiten der Beschäftigten sehen und sie nach ihren Interessen einsetzen", erklärt er. "Es ist eine bunt gemischte Gruppe und wir haben nicht nur die Arbeit im Industriebetrieb, sondern auch für Helfer im Außengelände oder in der Küche, was eine sehr vielfältige Beschäftigung ermöglicht."

In den letzten Jahren hätten sich neue Beschäftigungsformen entwickelt, mittlerweile gebe es eine Kombination aus Arbeit in der Lebenshilfe und der Teilzeit-Beschäftigung an einem Außenarbeitsplatz.

"„Gerade für die jungen Beschäftigten sorgt es nach dem Berufsbildungsbereich für soziale Sicherheit, wenn sie in der Lebenshilfe-Familie beschäftigt bleiben", weiß Rudolf Ruf. "Bei Vermittlung an den allgemeinen Arbeitsmarkt gehen die bisherigen sozialen Kontakte ein Stück weit verloren und damit werden die Beschäftigten mit Handicap mitunter zu Einzelgängern", verdeutlicht auch Martin Schmid als pädagogischer Leiter der Werkstätten.

Die wichtigste Aufgabe der Lebenshilfe sei es deshalb, den einzelnen Menschen individuell anzuschauen, ihn zu fördern – aber auch zu fordern. Schließlich orientiere man sich ein Stück weit am Arbeitsmarkt und sei nach 48 Betriebsjahren ein stetig gewachsenes Industrieunternehmen. Die Arbeit an CNC-Maschinen sei dort heute ebenso selbstverständlich wie hochwertige Maschinen in der Kugelschreiber-Produktion oder im Bereich des Textildrucks.

1973 ist in Haslach die erste Werkstatt für Menschen mit Behinderung eröffnet worden. Die Zufriedenheit der Beschäftigten rührt bis heute aus der klaren Struktur des Arbeitstags, der Leistungserbringung und der positiven Rückmeldung darauf. Bereits 1974 kam der erste Großauftrag von Daimler-Benz über 40 000 Kugelschreiber, drei Jahre später wurde die Werkstatt auf 70 Arbeitsplätze erweitert. Im Jahr 1977 ist als zweites Standbein der Eigenproduktion die Näherei eröffnet worden. 1983 wurden die Zweigwerkstätten in Bollenbach und Elzach eröffnet, 1995 dann in Bollenbach erweitert. Vor 18 Jahren wurde die Haslacher Werkstatt auf 137 Plätze für den Berufsbildungs- und Arbeitsbereich erweitert, ein Jahr später zieht die Bollenbacher Werkstatt ins Steinacher Industriegebiet um. 2014 erfolgte die dritte Erweiterung der Haslacher Werkstatt und die zweite Erweiterung in Steinach.